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# taz.de -- #Truthfindsitsway – trotz Unterdrückung: Ein Haus der Pressefrei…
> Die Organisation Reporter ohne Grenzen erweitert ihr virtuelles Projekt
> „Uncensored Library“ – und reagiert auf Entwicklungen in Iran und
> Russland.
Bild: Die „unzensierte Bibliothek“ – via Minecraft
Auf einer saftig grünen Insel steht ein Prunkbau von Bibliothek, umringt
von einem majestätisch anmutenden Garten. Im Eingangsbereich dieses Gartens
steht eine meterhohe steinerne Faust, die einen Stift hält. Betritt man das
Gebäude, gelangt man zunächst in den sogenannten Dom mit einer prächtigen
Glaskuppel, die Empfangshalle. Kreisförmig sind darin Flaggen von
Nationalstaaten angeordnet. Blickt man auf den Boden, so sieht man eine
Weltkarte. Manche Länder sind darauf rot eingefärbt und symbolisieren den
jeweiligen Pressefreiheit-Index. An den Seiten liest man:
„#Truthfindsitsway“ und [1][„The Uncensored Library“].
Die unzensierte Bibliothek, wie sie auf Deutsch heißt, ist ein Projekt der
NGO Reporter ohne Grenzen (RSF). In dieser finden sich Artikel von
Journalist:innen, die in ihren Berichtsgebieten zensiert wurden. Die Gründe
dafür können unterschiedlich sein: weil sie politische Missstände
aufdeckten, die den Mächtigen nicht passten oder weil die Pressefreiheit
gänzlich eingeschränkt ist.
Das besondere an dieser Bibliothek: Man kann sie nicht real betreten, sie
existiert nur virtuell [2][im Videospiel „Minecraft“]. In „Minecraft“ g…
es nicht darum, zu gewinnen oder zu verlieren. Spieler:innen können
stattdessen Landschaften und Gebäude bauen, neue Welten entstehen lassen.
Es sind keine Grenzen gesetzt.
Aber warum ein Onlinespiel für die Pressefreiheit nutzen? Das hat mehrere
Gründe: Weltweit ist „Minecraft“ eines der meistgespielten Computerspiele.
Für die meisten Menschen ist es also zugänglich. Selbst in solchen Ländern,
die repressive Pressegesetze haben. Außerdem erlaubt das Spiel unbegrenzt
viele Möglichkeiten, die virtuelle Bibliothek jederzeit zu erweitern. Dies
hat RSF nun auch getan.
## Ein Raum für Iran
Zum Welttag gegen Internetzensur am 12. März hat RSF nun weitere Räume
eröffnet und bestehende aktualisiert. Vor drei Jahren ist das Projekt von
RSF bereits gestartet. Damals umfasste die Bibliothek journalistische Texte
aus Ägypten, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien und Vietnam, später kamen
Belarus, Brasilien und zuletzt Eritrea hinzu. Zusätzlich gibt es nun neue
Texte aus Russland und einen Raum für Iran. Mit den neuen Inhalten in der
„Uncensored Library“ setze RSF den massiven Einschränkungen der
Pressefreiheit in Iran und in Russland Informationen und Hintergründe
entgegen, sagte RSF-Vorstandssprecherin Katja Gloger.
Begibt man sich vom virtuellen Dom der Bibliothek in den thematischen Raum
zu Russland, begegnet einem zunächst eine riesige Krake, die aus einem
Wasserbecken ragt. Sie soll wohl eine Anspielung auf die
Internetverschärfungen der russischen Regierung seit den Massenprotesten
nach den Parlamentswahlen 2011 sein; eine Datenkrake, die den Druck auf
kremlkritische Onlinemedien im Netz erhöhte. Mit einem neuen Gesetz wurde
hier 2012 eine schwarze Liste für Internetseiten eingeführt. Der gesamte
Datenverkehr wird seitdem überwacht. Diese systematische Überwachung von
Medien sowie Nutzer:innen hat zur Folge, dass selbst schon ein
„falsches“ Like zu einer Verurteilung führen kann. Und seit der russischen
Invasion in der gesamten Ukraine wurden kritische Medien in Russland fast
ausschließlich verboten, zu „ausländischen Agenten“ ernannt und ins Exil
gezwungen.
In dem erweiterten virtuellen Raum über Russland finden sich neben Texten
der Journalistin Julia Beresowskaja nun auch solche des Mediums Ljudi
Baikala. Seit dem 24. Februar 2022 berichtete das aus Irkutsk stammende
Medium über gefallene russische Soldaten in der Ukraine und wurde deshalb
verboten.
## Regime schlägt zurück
Nach Drohungen gegen seine Mitarbeiter:innen verlegte der
regierungskritische und in London ansässige Nachrichtenkanal Iran
International seine Produktion in die USA. Der gewaltsame Tod der Iranerin
Jina Mahsa Amini durch die iranische Sittenpolizei hatte zu landesweiten
Protesten geführt. Das iranische Regime geht seitdem nicht nur gegen die
Demonstrierenden, sondern auch gegen Medienschaffende vor. Auch
Exiliraner:innen sind gefährdet.
Drei Jahre nach Beginn des RSF-Projekts hat es nicht an Bedeutung und
Dringlichkeit verloren. „The Uncensored Library“ ist und bleibt ein
Monument für die Pressefreiheit.
13 Mar 2023
## LINKS
[1] https://www.uncensoredlibrary.com/de
[2] /Hype-um-digitales-Spiel-Minecraft/!5015080
## AUTOREN
Erica Zingher
## TAGS
Proteste in Iran
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