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# taz.de -- Keine Engpässe bei Obst und Gemüse: Deutsche treuer als Briten
> In Großbritannien sind Obst und Gemüse knapp, in Deutschland nicht. Dafür
> gibt es viele Gründe. Einer ist die Einkaufspolitik der hiesigen Ketten.
Bild: In Deutschland drohen keine Versorgungsengpässe
Madrid taz | In Großbritannien wird Frischware knapp. Vier große
Supermarktketten – Asda, Morrison, Tesco und Aldi – haben den Kauf von
Gemüse und Obst eingeschränkt. So dürfen die Verbraucher nur noch drei
Gurken pro Einkauf mitnehmen. Auch bei Tomaten, Kopfsalat und Paprika gibt
es strenge Auflagen. Schuld sei der [1][Ernterückgang in Spanien] und
Nordafrika, lautet die Begründung für die Knappheit.
Andrés Góngora, Sprecher für die Gemüsebranche im spanischen
[2][Bauernverband COAG], bestätigt dies. „Das Wetter spielt völlig
verrückt“, sagt der Mann aus dem südspanischen Almería, der selbst [3][in
Folienzelten Gemüse für den Export] anbaut. Ein warmer Herbst und
Winteranfang hätten zunächst für mehr Produktion gesorgt als benötigt. Im
Januar seien die Temperaturen dann aber viel zu spät eingebrochen und
hätten die Pflanzen geschädigt, die gewachsen waren als wäre es bereits
Frühjahr, so Góngora.
Die Produktion brach ein. „Im letzten Monat hatten wir einen Rückgang der
Ernte um 20 Prozent im Vergleicht zum Vorjahr“, sagt der COAG-Sprecher. Bei
einigen Produkten sei das Minus sogar noch höher. So ging etwa der Ertrag
bei Tomaten um 29 Prozent, bei Gurken und Auberginen um 25 Prozent zurück.
Das ist nur die Spitze einer Entwicklung. Die Statistiken des spanischen
Landwirtschaftsministeriums zeigen, dass 2022 der Export im Vergleich zum
Vorjahr um zehn Prozent zurückging. Schuld daran ist der viel zu heiße und
viel zu trockene Sommer. „Der Klimawandel sorgt bei den Bauern für
Kopfzerbrechen“, sagt Góngora. Längst geht es nicht mehr nur um schwankende
Erträge. Spanische Klimaforscher sagen gar voraus, dass in manchen Gegenden
Teile der bisher angebauten Arten bald schon nicht mehr gedeihen könnten.
## In Deutschland keine Versorgungsengpässe
In Deutschland drohen wohl bisher keine Versorgungsengpässe. Auf Anfrage
der Deutschen Presse-Agentur bestätigen die Großen der Branche von Edeka
über Penny und Rewe bis hin zu Lidl und Aldi, dank langjähriger
Partnerschaft mit Lieferanten die Nachfrage decken zu können.
Góngora bestätigt dies. „Die deutschen Kunden haben langfristige Verträge
mit uns. Sie sind treuer als die Briten. Die Briten wechseln ihre
Zulieferer je nach Marktlage. Heute kaufen sie bei dir, morgen nicht“, sagt
der COAG-Sprecher. In den letzten Jahren hätte sich die Lebensmittelketten
aus dem Vereinigten Königreich stark außerhalb der Europäischen Union
orientiert. „Sie decken sich immer mehr in Marokko ein“, sagt Góngora.
Auch dort ging die Ernte aufgrund einer ähnlichen Wetterlage wie in
Südspanien zurück. Doch damit nicht genug. Anfang des Monats verbot Marokko
den Export bestimmter Obst- und Gemüsesorten wie Tomaten und Gurken, um den
Preisanstieg bei Lebensmitteln im Vorfeld des Fastenmonats Ramadan auf dem
Binnenmarkt in Grenzen zu halten. Da auch Spanien weniger produziert,
finden die britischen Lebensmittelketten also noch schwerer Zulieferer.
Ein Teil der britischen Versorgungskrise ist zudem offenbar hausgemacht.
Tatsächlich ging dort auch im vergangenen Jahr die heimische Ernte stark
zurück. Der Sommer war viel zu heiß und viel zu trocken und die vergangenen
Winterwochen extrem kalt. Das wirkte sich vor allem auf die britische
Produktion von Karotten, Rüben, Kohl und Blumenkohl aus.
Hinzu kommt der Personalmangel durch erschwerte Einreisebedingungen für
Arbeitskräfte durch den Brexit. Außerdem: Die neuen Zollbestimmungen für
Produkte aus der Europäischen Union verlangsamen und verteuern die Importe.
Die Inflation bei Lebensmitteln ist in Großbritannien dadurch auch noch
höher als in der EU. Der Mangel an Produkten aus Südeuropa und Nordafrika
dürfte die Preisspirale nun zusätzlich anheizen.
24 Feb 2023
## LINKS
[1] https://elpais.com/economia/2023-02-22/la-huerta-de-europa-sufre-el-clima-y…
[2] /Spanien-verbietet-Riesenfarmen/!5907897
[3] /Proteste-in-Spanien/!5905158
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Großbritannien
Spanien
Obst
Gemüse
Spanien
Schwerpunkt klimaland
Lesestück Recherche und Reportage
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