# taz.de -- Halle für „Aschermittwoch“ überlassen: Stadt lässt Rechtsext… | |
> Das Thüringer Ronneburg überlässt Rechtsradikalen eine städtische Halle | |
> für eine Aschermittwochsfeier. Der Landesinnenminister ist entsetzt. | |
Bild: Hier durften die Rechtsextremen feiern: die Bogenbinderhalle in Ronneburg | |
BERLIN taz | Es kam, wie erwartet. Rechtsextreme der Freien Thüringer, | |
[1][Freien Sachsen] und AfD staffierten die Bogenbinderhalle im Thüringer | |
Ronneburg mit ihren Fahnen aus. Auf der Bühne standen Mädchen in | |
BDM-ähnlicher Kleidung, der NPD-Szenesänger Frank Rennicke trällerte | |
Lieder. [2][Jürgen Elsässer], Herausgeber des rechtsextremen | |
Compact-Magazins, wetterte gegen die Grünen, „diese Bagage muss weg“. | |
Ex-AfD-Mann André Poggenburg erklärte, er werde sich das N-Wort von | |
„verkorksten Hohlbirnen“ nicht verbieten lassen. Und der Mitorganisator und | |
[3][Geraer Rechtsextremist Christian Klar] drohte einem Journalisten | |
namentlich, dieser sei ein „Häufchen Mensch“ und gehöre für seine Berich… | |
bestraft. | |
All das firmierte am Mittwochabend in der Thüringer Kleinstadt als | |
„Politischer Aschermittwoch – deutsch und frei“, organisiert von mehreren | |
rechtsextremen Initiativen, die zuletzt bei den Corona- und | |
Energieprotesten aktiv waren. 480 Teilnehmende zählte die Polizei und | |
leitete gegen einen davon Ermittlungen wegen des Verdachts der | |
Volksverhetzung ein. | |
Dass diese Veranstaltung ausgerechnet in der städtischen Bogenbinderhalle | |
stattfinden konnte, brachte Bürgermeisterin Krimhild Leutloff schon im | |
Vorfeld Kritik ein – die CDU-Politikerin aber tauchte ab. Auch im Nachgang | |
am Donnerstag ließ die Stadt Anfragen zu der Veranstaltung unbeantwortet. | |
Laut Medienberichten soll die Anmietung über ein Unternehmen erfolgt sein, | |
das als Strohmann fungierte. | |
Eine Antifa-Gruppe hatte allerdings den Ort und Hintergrund der | |
Veranstaltung frühzeitig bekanntgemacht. Auch die Thüringer | |
SPD-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Kaiser hatte die Stadt im Vorfeld | |
darauf hingewiesen und auf eine Absage gedrängt – ohne Erfolg. | |
## „Das ist unverantwortlich“ | |
Mit den Bildern vom Mittwochabend verstärkte sich die Kritik nochmal. „Dass | |
die CDU-Bürgermeisterin die Vermietung unangefochten ließ, ist | |
unverantwortlich“, sagte Kaiser der taz. Wenn Leutloff wirklich über die | |
Hintergründe getäuscht wurde, hätte es „jede Handhabe“ für eine Kündig… | |
gegeben. „Die Stadt muss sich den Vorwurf gefallen lassen, einem ganzen | |
rechtsextremen Netzwerk eine Bühne geboten zu haben.“ | |
Kaiser forderte Thüringens CDU-Chef Mario Voigt auf, sich mit Leutloff ins | |
Benehmen zu setzen. „Dieser Vorfall muss umfassend aufgearbeitet werden. So | |
etwas darf sich nicht wiederholen.“ | |
Auch die Linken-Politikerin Katharina König-Preuss zeigte sich fassungslos. | |
„Es ist verantwortungslos, was die Stadt Ronneburg gemacht hat“, sagte sie | |
der taz. „Eine völlige Ignoranz und Gleichgültigkeit gegenüber rechten | |
Strukturen.“ Es hätte „definitiv“ Möglichkeiten gegeben, gegen die | |
Veranstaltung vorzugehen, glaubt auch König-Preuss. „Es war im Vorfeld | |
völlig klar, wie diese Veranstaltung ablaufen wird. Wiedermals hat die CDU | |
in Thüringen eine [4][Brandmauer gegen Rechtsextreme] eingerissen.“ | |
## Kritik auch vom Landesinnenminister | |
Auch [5][Thüringens Innenminister Georg Maier] (SPD) erklärte, es sei „sehr | |
bedauerlich, dass Rechtsextreme die städtische Halle nutzen konnten“. Dabei | |
habe das Minsterium Hilfe der eigens für solche Fälle gegründeten Taskforce | |
Versammlungslagen angeboten, so Maier zur taz. Das sei leider nicht | |
angenommen worden. „Es wäre nicht ganz leicht gewesen, aber es hätte meiner | |
Meinung nach Ansätze gegeben, diese Veranstaltung an diesem Ort zu | |
verhindern“, sagte Maier. „Wir stellen Kommunen für solche Fälle gerne | |
unsere Unterstützung zur Verfügung.“ | |
Tatsächlich war es dem Land zuletzt gelungen, mehrere rechtsextreme | |
Konzerte in Thüringen zu verhindern. Diesmal aber konnten die | |
Rechtsextremen feiern. Zwar war ihre Veranstaltung schlechter besucht als | |
von ihnen erhofft, aber Mitorganisator Christian Klar sprach dennoch von | |
einem „grandiosen Abend“. Und auch die rechtsextreme Kleinpartei „Freie | |
Sachsen“ vermeldete eine „rundum gelungenen Veranstaltung“. Diese gebe | |
„weitere Kraft und Motivation für die kommenden Proteste“. | |
23 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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