# taz.de -- Winterdürre in Europa: Extreme Wetter, schlechte Weine | |
> Wegen des Klimawandels sind schlechte Obst- und Gemüseernten in Spanien | |
> und Nordafrika wohl bald Normalität. Das hat Folgen für ganz Europa. | |
Bild: Komplexe Weine brauchen einen guten Sonne-Regen-Mix. Hier wächst gar nic… | |
MADRID taz | In Spanien und Marokko spielt das Wetter verrückt. Und in | |
[1][Großbritannien bleiben die Obst- und Gemüseregale] leer, der Verkauf | |
wird rationiert. Was derzeit für Schlagzeilen sorgt, könnte bald schon | |
Normalzustand sein. Das glaubt jedenfalls Elisa Oteros. „Europa lebt mit | |
seiner Nahrungsmittelversorgung völlig an der ökologischen Realität | |
vorbei“, konstatiert die Professorin für Ökologie an der Universität im | |
südspanischen Cordoba. | |
Was immer noch gerne „Wetterkapriolen“ genannt wird, sei in Wirklichkeit | |
der Klimawandel. „Regen und Temperaturen werden immer weniger | |
vorhersagbar“, erklärt Oteros. Statt klar definierter Jahreszeiten erwarten | |
die Landwirte extreme Schwankungen: viel zu heiße Sommer, warme | |
Winterwochen, gefolgt von Frost, sowie Trockenheit, gefolgt von Starkregen | |
und Hagel. Für Südspanien etwa sagen die Meteorologen ein subtropisches | |
Klima voraus. Andere Gegenden werden vermutlich versteppen. | |
Das hat Auswirkungen darauf, was die Landwirtschaft produzieren kann. „Die | |
Anbauflächen, die künstlich bewässert werden, haben in den letzten | |
Jahrzehnten zugenommen“, sagt Öko-Professorin Oteros. Zugleich sinken die | |
Niederschlagsmengen. 2022 lagen sie rund 26 Prozent unter dem Schnitt der | |
Jahre 1981 bis 2010, im trockensten Monat Februar regnete es nach Angaben | |
des spanischen Wetteramtes 80 Prozent weniger, im Mai 65 Prozent und im | |
Oktober 35 Prozent. | |
Fehlendes Wasser im „Garten Europas“ | |
Der Rückgang der Niederschläge ist vor allem schlecht für die | |
Gemüseanbauflächen unter Plastikfolie sowie die Zitrusfrüchteplantagen in | |
Ost- und Südspanien. Tatsächlich wurden aber auch Pflanzen wie Oliven- oder | |
Mandelbäume, die in trockenen Gegenden gedeihen, durch Varianten ersetzt, | |
die größere Erträge bringen, aber dafür bewässert werden müssen. Die | |
Regionen Murcia und Almeria bezeichnen sich gerne als „Garten Europas“. | |
Fehlt dort Wasser, bleibt der Mittagstisch leer. | |
Die Trockenheit betrifft längst nicht mehr nur den Süden Spaniens. Ende | |
Februar wurde im [2][Nordosten, in Katalonien, der Wassernotstand | |
ausgerufen]. Dort befindet sich ein Teil der wichtigsten Obstplantagen | |
Spaniens. Sie leiden nicht nur unter der Trockenheit, sondern auch unter | |
den viel zu warmen Wochen im Winter samt der folgenden Frostperiode. „Die | |
Obstbäume blühen viel zu früh. Frost, Wind, Hagel und starker Regen | |
beschädigen die Sprossen dann, die Erträge gehen zurück“, sagt Oteros. | |
Dieses Jahr bedeutet das je nach Region 10 bis 20 Prozent weniger | |
Obsternte, so die Prognosen. Hinzu komme, dass das immer wärmere Klima | |
Plagen fördere. Obst- und Olivenbäume erkrankten immer häufiger. | |
Auch wer Obst gerne in vergorener Form zu sich nimmt, wird sich bald schon | |
einschränken müssen. Ist es zu kalt, reifen die Weintrauben nicht | |
rechtzeitig, was zu säuerlichen Weinen führt. Ist es zu heiß, reifen sie zu | |
früh. Sie bilden zu viel Zucker und bei der Gärung entsteht zu viel | |
Alkohol. Schnell gereifte Trauben entwickeln keine komplexen | |
Geschmacksnoten. Das Ergebnis sind Weine ohne Nuancen. | |
Schrumpfende Anbauflächen | |
Selbst wenn die Erwärmung, wie im Pariser Abkommen festgeschrieben, noch | |
auf weniger als zwei Grad Celsius begrenzt werden sollte, würde die Fläche, | |
auf der traditionell Weinreben angebaut werden, weltweit um mehr als die | |
Hälfte schrumpfen. In Spanien wären gar 65 Prozent der derzeit | |
bewirtschafteten Fläche nicht mehr optimal für Qualitätsweine. Steigt die | |
Temperatur um vier Prozent, wären es 85 Prozent. Das wäre wohl das Aus – | |
nicht nur für Rioja-Weine. | |
„Das agroindustrielle Modell hat zahlreiche gesellschaftliche Veränderungen | |
mit sich gebracht, darunter auch die Änderung des Konsummodells“, heißt es | |
in einem Bericht der spanischen Umweltschutzorganisation Ecologistas en | |
Acción mit dem Titel „Agrarökologie zur Kühlung des Planeten“, an dem au… | |
Oteros mitgearbeitet hat. Und weiter: „Dieses Modell, das auf reichlich | |
vorhandenen, homogenen und preisgünstigen Rohstoffen basiert, fördert den | |
Lebensmittelkonsum unabhängig von der lokalen oder saisonalen Produktion.“ | |
Die Expertinnen und Experten empfehlen das Gegenteil. | |
Doch auch die in Mittel- und Nordeuropa heimische Produktion ist vor dem | |
Klimawandel nicht sicher. Die hohen Temperaturen und die fehlenden | |
Niederschläge im Rekordsommer 2022 ließen auch hier die Erträge | |
zurückgehen. So fiel die Ernte von Gemüse wie Gurken, Paprika und Tomaten | |
in Deutschland um 12 Prozent geringer aus als 2021. | |
2 Mar 2023 | |
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[1] /Keine-Engpaesse-bei-Obst-und-Gemuese/!5918007 | |
[2] /Duerre-in-Spanien/!5903050 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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