Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Paralympischer Sport im Umbruch: Suche nach einer neuen Heimat
> Das internationale Paralympische Komitee dezentralisiert die Organisation
> seiner Sportarten. Probleme wie die Verlegung der Ski-WM sind die Folge.
Bild: Erfolgreichste WM-Athletin: die Deutsche Anna-Lena Forster gewann im span…
Mit zwölf Medaillen im Gepäck kehrte das deutsche Team Ende Januar von den
Para-Ski-Alpin-Weltmeisterschaften im spanischen Espot zurück. Allein
Anna-Lena Forster krönte sich zur vierfachen Weltmeisterin und avancierte
so zur erfolgreichsten Athletin der WM. „Ich bin natürlich sehr happy über
das sportliche Ergebnis, aber ich nahm schon einmal an WM-würdigeren
Veranstaltungen teil“, sagte die [1][Monoskifahrerin] der taz. Espot sei
einfach nicht gut genug vorbereitet gewesen.
Ursprünglich sollten die Wettbewerbe im Rahmen der World Para Snow Sports
Championships gemeinsam mit den nordischen Disziplinen in Schweden
ausgetragen werden, doch daraus wurde nichts. Dessen nationaler
Parasportverband sagte die Großveranstaltung im vergangenen Jahr ab. Zwar
konnten die Langläufer:innen und Biathlet:innen trotzdem ihre WM
dort veranstalten, für die alpinen Parasportler:innen musste aber sehr
kurzfristig für Ersatz gesorgt werden. Und so sprang Espot ein.
Zur Absage habe laut schwedischer Organisatoren unter anderem ein Beschluss
des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) geführt. Denn im Dezember
2021 verkündete [2][IPC-Präsident Andrew Parsons], alle Sportarten, die
bisher innerhalb des Verbandes organisiert waren, ausgliedern zu wollen.
Neben der Organisation der Paralympics übernahm das IPC nämlich für diese
auch die Aufgaben eines internationalen Fachverbandes.
Damit wolle man Interessenkonflikten vorbeugen und mehr Transparenz
schaffen, so das IPC in einer damaligen Pressemitteilung. „Die
Aktualisierung der Führungsstrukturen und die Verabschiedung einer neuen
Verfassung werden sicherstellen, dass das IPC eine weltweit führende
Sportorganisation bleibt und für die Zukunft gut aufgestellt ist“, so
IPC-Präsident Parsons, der für ein Interview nicht zur Verfügung stand,
damals.
WM unter Dach des neuen Verbands
Paralympische Kernsportarten wie die Leichtathletik und Schwimmen, aber
auch kleinere wie Schießen oder Tanzen müssen nun bis 2026 eine neue Heimat
finden. Überraschend schnell ist dies den Wintersportler:innen
gelungen, die beim internationalen Skiverband FIS bzw. der Internationalen
Biathlon Union IBU unterkamen. So waren die Weltmeisterschaften in Schweden
und Espot auch die ersten unter dem Dach der neuen Verbände. Die restlichen
sechs Heimatlosen suchen noch.
Dr. Karl Quade, Vizepräsident des Deutschen Behindertensportverband DBS,
unterstützt die Entscheidung des IPC. „Grundsätzlich ist das der richtige
Weg, denn eine Sportart sollte auch in einem Verband organisiert sein, der
allein für diesen Sport verantwortlich ist“, so seine Ansicht. Dabei
überlässt es das IPC den Sportarten selbst, ob sie sich wie die
Wintersportler:innen einem internationalen Fachverband der
Nichtbehinderten anschließen oder einen eigenen nach Vorbild der
Rollstuhlbasketballer gründen wollen.
Dass aber die Fachverbände immer der richtige Ort für die
Parasportler:innen sind, bezweifelt Dr. Quade. Denn betrachte man die
Leichtathletik, Schwimmen oder Powerlifting, hätten deren
Dachorganisationen genug mit sich selbst zu tun – [3][Stichwort Doping]
oder Korruption. Deshalb sehe er in der Selbstständigkeit die größere
Chance. „Auf diesem Weg bestände die Möglichkeit, sich freier entfalten zu
können und somit auch zu wachsen.“
Mit der Gründung eines eigenen Fachverbands übernehme man jedoch auch eine
große Verantwortung, gibt Dr. Quade, selbst Paralympicssieger im Volleyball
1988, zu Bedenken. Denn eine Insolvenz oder Ähnliches könne das Aus bei den
Paralympics bedeuten. „Und wieder in das paralympische Programm aufgenommen
zu werden ist nicht einfach.“ Allein für die Spiele 2028 in Los Angeles
bewarben sich 33 Sportarten – auf 22 Plätze.
Die Paraskisportler:innen haben ihren Platz für die Winterspiele 2026
bereits sicher. Und damit auch Anna-Lena Forster. Die mehrfache
Paralympicssiegerin begrüße grundsätzlich den Wechsel ihrer Sportart zur
FIS. Denn jede Sportart habe andere Anforderungen und Bedürfnisse, dem habe
das IPC aber nicht immer gerecht werden können. „Was die Aufmerksamkeit und
Organisation der Wettkämpfe angeht, haben wir beim IPC nicht viel
Professionalität erfahren.“
Dies erhoffe sich Forster nun von der FIS. Zwar habe sich bislang für die
Athlet:innen nicht viel geändert, so könne sie sich aber gut vorstellen,
die Wettbewerbe der Parasportler:innen an die der Nicht-Behinderten
anzugliedern. Das würde auch für mehr Interesse abseits der Paralympics
sorgen. „Im vergangenen Jahr hatten wir so viel Aufmerksamkeit und jetzt
interessiert sich leider wieder kaum jemand für uns. Es fühlt sich wie ein
Rückschritt an.“ Es liegt nun an der FIS – und nicht mehr am IPC –, dies…
ändern.
21 Feb 2023
## LINKS
[1] /Paralympionikin-Anna-Schaffelhuber/!5046632
[2] /Russland-von-Paralympics-ausgeschlossen/!5835639
[3] /Dopingverstoesse-bei-Olympia/!5787561
## AUTOREN
Katarina Schubert
## TAGS
Ski Alpin
Sportarten
Schwerpunkt Paralympics 2024
IG
Sport
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rollstuhlrugby ist olympische Disziplin: Britta Kripke fährt nach Paris
Die Rollstuhlrugby-Spielerin war die erste Frau im deutschen Nationalteam.
Nun nimmt Britta Kripke an den Paralympics teil.
Parathlet über inklusive Raumfahrt: „Das Weltall sollte für alle sein“
Die ESA prüft derzeit, wie auch Menschen mit körperlicher Behinderung ins
All fliegen können. John McFall trainiert für den Einsatz als Astronaut.
Para-WM in der Leichtathletik: Mit dem Kind große Sprünge machen
Vanessa Low will bei der Para-Leichtathletik-WM ihren Titel im Weitsprung
verteidigen. Zugleich nimmt sie Anlauf für die Paralympics 2024.
Sprinterin Louise Wieland: Deutsche Meisterin aus Hamburg
Louise Wieland war bei den Leichtathletik-Hallenmeisterschaften in Dortmund
erfolgreich. Sie siegte im 200-Meter-Sprint.
China dominiert die Winter-Paralympics: Großer Sprung nach vorn
Bei den Winter-Paralympics in Peking steigt China wundersam zur Topnation
auf. Vorzeigefrau ist die Langläuferin Yang Hongqiong.
Paralympics 2022 in Zeiten des Kriegs: Frontlinie bei den Spielen
Am Samstag werden die ersten paralympischen Medaillen vergeben. Fünf
wissenswerte Dinge über die Pekinger Winterspiele.
Russland von Paralympics ausgeschlossen: Jetzt doch politisch
Das Internationale Paralympische Komitee behauptet, Sport und Politik
trennen zu wollen. In Wirklichkeit agiert es politisch, wenn es gerade
passt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.