# taz.de -- Kampagne für Vertragsverlängerung: Amazon kann Betriebsrat entbeh… | |
> Der Arbeitsvertrag eines Betriebsrats von Amazon in Wunstorf soll nicht | |
> verlängert werden. Ver.di vermutet, dass das an seinem Engagement liegt. | |
Bild: Intensive Arbeit: Paket einsortieren bei Amazon | |
HAMBURG taz | Samuel Onyekachi Atuegbu ist [1][Betriebsrat im | |
Amazon-Verteilzentrum im niedersächsischen Wunstorf] – noch. Onyekachi | |
Atuegbus Vertrag bei dem Online-Versandhändler läuft aus und soll nicht | |
verlängert werden. Die Gewerkschaft Verdi vermutet, dass das mit Onyekachi | |
Atuegbus Engagement im Betriebsrat zusammenhängt, und hat eine Kampagne für | |
eine Festanstellung gestartet. | |
[2][Eine Petition für „Samuel“ auf der Internetplattform change.org] ist | |
von mehr als 26.000 Menschen unterschrieben worden. Kollegen von ihm haben | |
sich an die taz gewandt und Amazon aufgefordert, Atuegbu einen Festvertrag | |
zu geben. | |
Laut dem [3][Betriebsverfassungsgesetz] dürfen Betriebsräte „wegen ihrer | |
Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden, dies gilt auch für | |
ihre berufliche Entwicklung“. Arbeitsrechtliche Kommentare gehen davon aus, | |
dass es unzulässig ist, ein Arbeitsverhältnis wegen der Betriebsratsarbeit | |
nicht zu verlängern. Das gelte auch bei befristeten Arbeitsverträgen, wenn | |
andere befristet Beschäftigte übernommen werden, nur das | |
Betriebsratsmitglied nicht. | |
Atuegbu sagt, von 18 Beschäftigten seiner Gruppe habe Amazon 16 übernommen | |
– „nur mich und eine alte Frau nicht“. Er habe keinen Festvertrag erhalte… | |
„obwohl er viele Kriterien erfüllt, auf die Amazon bei | |
Vertragsverlängerungen üblicherweise achtet“, sagt Ver.di. Das sei eine | |
eindeutige Benachteiligung aufgrund der Betriebsratstätigkeit und ein | |
Angriff auf die Mitbestimmung im Unternehmen. | |
Amazon weist das zurück: „Der Vertrag des angesprochenen Mitarbeiters läuft | |
aus, das ist alles“, versicherte ein Sprecher. Amazon kommuniziere klar, | |
dass befristete Verträge ein reguläres Enddatum hätten und die Firma nicht | |
voraussagen könne, ob sie verlängert oder umgewandelt werden könnten. | |
Amazon lege Wert auf ein respektvolles Verhalten und [4][wende dieselben | |
Maßstäbe bei allen Mitarbeitern gleichermaßen an]. Seit der Gründung des | |
Betriebsrats habe Amazon fünf Betriebsratsmitglieder oder Nachrücker in | |
einen unbefristeten Vertrag übernommen. | |
Nonni Morisse, Ver.di-Sekretär für Amazon, sind nur vier Entfristungen | |
bekannt, zwei von der Ver.di-Liste, zwei weitere von einer arbeitgebernahen | |
Liste. Eines der Ver.di-Mitglieder sei nur unter großem Druck des | |
Betriebsrats entfristet worden und weil die gute Bewertung des Mitarbeiters | |
dokumentiert gewesen sei. | |
Morisse vermutet, dass Atuegbu für Amazons Geschmack im Betrieb zu aktiv | |
gewesen sei. Atuegbu hatte den Betriebsrat in Wunstorf im vergangenen Jahr | |
mitgegründet. Er gilt als Sprachrohr der afrikanischen Community im | |
Betrieb. | |
Atuegbu selbst sagt: „Ich kämpfe für die Leute.“ Vielen habe er überhaupt | |
erst klar gemacht, welche Rechte sie hätten. Erfahrung mit | |
gewerkschaftlicher Arbeit, allerdings unter weit schwierigeren bis geradezu | |
gefährlichen Bedingungen, bringe er aus Nigeria mit. Von dort sei er vor | |
neun Jahren als Asylsuchender nach Deutschland gekommen. | |
Zu den Erfolgen seiner [5][Betriebsratsarbeit] zählt Atuegbu, dass seine | |
Kollegen nicht mehr standardmäßig Überstunden leisten müssen. Der | |
Betriebsrat muss Überstunden zustimmen; entsprechend frei ist der | |
Arbeitgeber, wenn es überhaupt keinen Betriebsrat gibt. | |
„Am Standort Wunstorf wurde bislang keine Übereinkunft mit dem Betriebsrat | |
dazu erzielt“, teilt Amazon mit Blick auf Überstunden mit. Derzeit befänden | |
sich Standortleitung und Betriebsrat in neuerlichen Gesprächen zu dem | |
Thema. | |
Atuegbu wirft Amazon auch vor, seine Arbeitszeit im Betriebsrat sei ihm | |
nicht, wie es vorgeschrieben ist, vergütet worden. Amazon stellt dazu fest: | |
„Der besagte Mitarbeiter leistet die Gremienarbeit innerhalb seiner | |
Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit und wird dementsprechend | |
selbstverständlich bezahlt.“ | |
Hier könnte es allerdings auf Details ankommen. Denn Morisse zufolge | |
arbeitete Atuegbu in einem Dreischicht-System. Weil nicht in jeder Schicht | |
eine Betriebsratssitzung abgehalten werden könne, fielen die Sitzungen | |
stets bei einigen Betriebsratsmitgliedern nicht in die Schicht. Aber auch | |
diese Zeit müsse natürlich vergütet werden. Seit Ende vergangenen Jahres | |
sei das zumindest in Wunstorf auch der Fall. | |
Ver.di hofft, dass Amazon in Atuegbus Fall einlenkt: „Wir fordern Amazon | |
auf, Samuel einen Festvertrag zu geben, ihn nicht weiter zu benachteiligen | |
und den ganzen Betriebsrat damit zu schwächen.“ | |
17 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Arbeitnehmerrechte-im-Onlinehandel/!5859735 | |
[2] https://www.change.org/p/sch%C3%BCtzt-betriebsr%C3%A4te-bei-amazon-vertrags… | |
[3] https://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__78.html | |
[4] /Amazon-darf-Beschaeftigte-dauerueberwachen/!5911174 | |
[5] /Bremer-Konferenz-zu-Union-Busting/!5843351 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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