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# taz.de -- Polizei räumt Heidebogen: Abgerissene Baumhäuser
> Seit anderthalb Jahren besetzen Aktivist:innen den Wald Heibo bei
> Dresden, der dem Kiesabbau weichen soll. Nun hat die Polizei die Räumung
> begonnen.
Bild: Hoch hinaus: Mit einer Hebebühne räumen Polizist:innen ein Baumhaus im …
Dresden taz | Die Polizei hat am Mittwoch mit der Räumung des Protestcamps
im Heidebogen, kurz Heibo, nördlich von Dresden begonnen. Seit anderthalb
Jahren besetzen Aktivist:innen das Waldstück in der Laußnitzer Heide,
um die geplante Erweiterung eines Kiestagebaus und die damit verbundene
Rodung der Bäume zu verhindern.
„Aktuell sind unsere Höheninterventionsteams im Einsatz, um den Wald zu
beräumen. Wir fordern die Personen im Wald weiter dazu auf, diesen zu
verlassen“, teilte die Polizei Sachsen am Mittwochmorgen auf Twitter mit.
Wenige Stunden zuvor hatte die sächsische Versammlungsbehörde den Protest
im Heibo „aufgrund nicht eingehaltener Auflagen“ aufgelöst. Die
Besetzer:innen schrieben in ihrem Telegram-Kanal: „Tag X ist da! Lasst
uns die Räumung zum Desaster machen!“
Wie viele Menschen den „Heibo“ besetzen, wollen die
Naturschützer:innen für sich behalten. Die Polizei Sachsen geht von 50
bis 60 Menschen aus, etwa 25 davon hätten sich in Baumhäusern oder auf
Tripods verschanzt – das sind mehrere Meter hohe Holzkonstruktionen auf
drei Pfeilern. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot von rund 1.000
Beamt:innen, einer Reiterstaffel und einem Hubschrauber im Einsatz.
In Videos auf Twitter ist zu sehen, wie Polizist:innen Baumhäuser
abreißen und [1][Aktivist:innen mithilfe eines Krans aus Tripods
holen]. Eine Sprecherin der Polizeidirektion Görlitz sagte der taz, bisher
sei eine Person in Gewahrsam genommen, weil sie Widerstand gegen
Vollzugsbeamte geleistet habe und ihren Namen nicht sagen wolle.
## Kiesabbau ist genehmigt
Das sächsische Kieswerk Ottendorf-Okrilla (KBO) besitzt eine Genehmigung,
seine Abbauflächen von Kies in dem Gebiet zu vergrößern. Die erhöhte
Nachfrage nach Kies ist auf den Bauboom in den Städten zurückzuführen. Nach
Angaben des sächsischen Umweltministeriums sollen 2023 7,5 Hektar Wald
gerodet werden, bis Ende 2026 insgesamt 25 Hektar – das entspricht einer
Fläche von 35 Fußballfeldern.
Zudem plant das Kieswerk KBO den Abbau eines weiteren, 135 Hektar großen
Gebietes. Das Genehmigungsverfahren dafür läuft noch. Die Entscheidung
trifft das sächsische Oberbergamt, das dem SPD-geführten
Wirtschaftsministerium unterstellt ist.
Unterstützt werden die Besetzer:innen unter anderem von der
[2][Bürgerinitiative „Contra Kies“], Umweltverbänden wie BUND und Nabu, d…
Linken und den Jugendorganisationen von SPD und Grünen. Die
Naturschützer:innen argumentieren, dass in Zeiten der Klimakrise kein
weiterer Wald weichen dürfe, da Wälder schädliches Kohlendioxid binden.
Darüber hinaus würde die Erweiterung der Kiesgrube zahlreiche [3][Tierarten
sowie die nahe gelegenen Moore] bedrohen, die durch den Kiesabbau
austrocknen könnten. „Die Waldmoore sind aus naturschutzfachlicher Sicht
besonders wertvoll aufgrund ihrer CO2- und wasserspeichernden Funktion und
als Lebensraum für besonders seltene waldmoortypische Tier- und
Pflanzenarten“, teilte der Nabu Sachsen mit.
## Abbau vor Ort soll besser sein als Kiesimporte
Sachsens grün geführtes Umwelt- und SPD-geführtes Wirtschaftsministerium
widersprechen den Sorgen der Naturschützer:innen weitgehend und
verweisen auf einen Kompromiss mit dem Kieswerk KBO, wonach bei der Grabung
mindestens ein Meter Abstand zum Grundwasser gehalten und die Kiesgrube am
Ende mit bergeigenen Materialien statt mit Bauschutt befüllt werden soll.
Das Wirtschaftsministerium argumentiert, es sei besser, Kies in Sachsen
abzubauen, statt aus dem Ausland zu importieren.
Beide Ministerien betonen, dass der Kiesabbau und die damit verbundene
Rodung nicht zu stoppen seien, weil das Unternehmen KBO die Genehmigung für
die Erweiterung der Kiesgrube besitze. Auch der umweltpolitische Sprecher
der Grünen-Fraktion, Volkmar Zschocke, verweist gegenüber der taz auf die
Rechtslage, betont aber „für die künftigen Planfeststellungsverfahren muss
geklärt werden, ob Kiesabbau und Moorschutz überhaupt vereinbar sind“.
[4][Die Landessprecherin der Grünen Jugend Sachsen, Ella Hanewald],
überzeugt das nicht: „Die heutige Situation beweist erneut, dass
Kapitalinteressen, geschützt durch veraltetes Bergrecht und andere nicht
mehr zeitgemäße juristische Rahmenbedingungen, das Ziel eines bewohnbaren
Planeten für alle unmöglich macht!“ Der klimaschutzpolitische Sprecher der
Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Marco Böhme, fordert ein
Räumungsmoratorium: „Es ist überfällig, die Zweifel an der
Umweltverträglichkeit des Vorhabens ordentlich und unternehmensunabhängig
aufzuarbeiten.“
Anfang Februar [5][hatten die Waldbesetzer:innen versucht], juristisch
gegen die Räumung vorzugehen, doch das Dresdner Verwaltungsgericht lehnte
den Eilantrag ab. Fest steht, dass der Freistaat das Waldstück bis Ende
Februar gerodet haben muss. Denn laut Naturschutzgesetz dürfen zwischen dem
1. März und 30. September wegen des Brutschutzes keine Bäume und Büsche
gefällt werden.
15 Feb 2023
## LINKS
[1] /Waldbesetzung-bei-Dresden/!5916510
[2] https://heidebogen.wixsite.com/waldstattkies
[3] /Kiesabbau-in-Deutschland/!5909002
[4] /Polit-Nachwuchs-in-Berlin/!5824584
[5] /Besetztem-Waldstueck-droht-Raeumung/!5906720
## AUTOREN
Rieke Wiemann
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Räumung
Wald
Kiesabbau
Straßenverkehr
Besetzung
Schwerpunkt Stadtland
Lützerath
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