# taz.de -- Polit-Nachwuchs in Berlin: „Das politische Handwerk lernen“ | |
> Nicht nur Berlins jüngste Staatssekretärin, Ana-Maria Trasnea, war bei | |
> Schule ohne Rassismus aktiv. Projektleiterin Sanem Kleff über SOR als | |
> Kaderschmiede. | |
Bild: Ana-Maria Trasnea und Alexander Freier-Winterwerb bei einer politischen A… | |
taz: Frau Kleff, die SPD-Politikerin Ana-Maria Trasnea ist mit 27 Jahren | |
jetzt zur jüngsten Staatssekretärin in Berlin ernannt worden. Politisch | |
aktiv wurde sie bereits als Schülerin bei „Schule ohne Rassismus – Schule | |
mit Courage“. Sie sind dort Direktorin. Haben Sie ihr schon gratuliert? | |
Sanem Kleff: Ich freue mich über ihre Berufung und gratuliere ihr von | |
Herzen. [1][Ana-Maria Trasnea] ist nicht die einzige Courage-Schülerin, die | |
heute in der Politik ist. | |
Wer denn noch? | |
Ich möchte etwa ihren Förderer [2][Alexander Freier-Winterwerb] (SPD) | |
erwähnen, der seit dem Herbst Bezirksstadtrat für Jugend und Gesundheit in | |
Treptow-Köpenick ist. Er ist uns bereits als Schüler aufgefallen. Er war | |
Landesberufsschulsprecher und hat bei „Schule ohne Rassismus“ eine | |
herausragende Rolle gespielt, Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher | |
Schulen miteinander zu vernetzen und gegen Diskriminierungen wie die durch | |
Homophobie und Rassismus zu sensibilisieren. Als Student war er in unserem | |
Büro studentischer Mitarbeiter und hat jüngere politische Talente wie | |
Ana-Maria Trasnea gefördert. | |
Beide waren ja auch gemeinsam bei den Jusos und als Bezirksverordnete in | |
Treptow-Köpenick tätig. | |
Ja. Es ist ja auch kein Wunder, dass Menschen, die sich während der | |
Schulzeit in der Schule politisch engagierten, mitbestimmen und | |
demokratische Werte leben, irgendwann auch sagen: Ich möchte mich in meiner | |
Kommune, in meinem Bundesland oder in einer Partei politisch einbringen. | |
Wir wollen natürlich nicht Kinder und Jugendliche als PolitikerInnen | |
ausbilden. Aber wir können ihnen Fähigkeiten mitgeben, die dafür wichtig | |
sind. | |
Was tun SchülerInnen bei „Schule ohne Rassismus“? | |
Wir haben [3][120 Schulen in Berlin] in unserem Netzwerk und 120 | |
unterschiedliche Aktivitäten. Gerade beschäftigen sich einige mit | |
antisemitischen Verschwörungstheorien oder Hate-speech im digitalen Raum, | |
andere mit Migration und Kolonialismus. Wir schreiben den Schulen aber | |
nicht von oben vor, welche Aktivitäten sie entwickeln, das entscheiden sie | |
selbst. Wir wünschen uns, die Partizipations- und | |
Mitbestimmungsmöglichkeiten an Schulen zu stärken und bieten da auch | |
Schulungsmöglichkeiten und Vernetzungstreffen an. | |
Sind Sie die Kaderschmiede für den SPD-Nachwuchs? | |
Nein. Zum Glück sind unsere ehemaligen SchülerInnen ganz unterschiedliche | |
Wege gegangen, auch parteipolitisch. Ella Hanewald, die bei uns sehr aktiv | |
war, hat Berlin gen Sachsen verlassen und ist dort eine der | |
LandessprecherInnen der Grünen Jugend. Dustin Hoffmann ist den Weg in die | |
CDU-Politik gegangen und ist Ortsvorsitzender in Treptow-Nord. Beide haben | |
sich immer aktiv für Menschenrechte und Minderheitenrechte eingesetzt, und | |
ich freue mich, dass diese Werte auch durch sie in unterschiedlichen | |
demokratischen Parteien gelebt werden. Und wenn wir mal über Berlin | |
hinausschauen, dann haben wir mit der Vizepräsidentin des Landtags von | |
Schleswig-Holstein, [4][Aminata Touré von den Grünen], eine sehr aktive | |
ehemalige Courage-Schülerin. Der aus Bayern stammende Generalsekretär des | |
Deutsch-Griechischen Jugendwerkes, Gerasimos Bekas, war nicht nur als | |
Schüler bei uns aktiv, sondern später auch Mitarbeiter unserer | |
Geschäftsstelle und betreute Artikel unserer Zeitung Q-rage, in der | |
ausschließlich Schülerinnen und Schüler schreiben. | |
Die wenigsten SchülerInnen aus Ihrem Netzwerk werden später PolitikerInnen. | |
Was können die spätere Ärztin oder der Busfahrer von „Schule ohne | |
Rassismus“ mitnehmen? | |
Wir wünschen uns, dass sie mündige und kritische BürgerInnen werden. Wir | |
freuen uns, wenn sie einen klaren Kompass für Menschenrechte und | |
Minderheitenrechte mitnehmen und die Erfahrung, wie wichtig Vernetzung und | |
Solidarität sind. Nur gemeinsam ist man stark. Mir teilen auch tatsächlich | |
immer wieder Menschen mit, dass sie genau das mitgenommen haben. | |
Welche Rolle spielen zivilgesellschaftliche Organisationen im Allgemeinen | |
bei der Sozialisation des Nachwuchses für die Parteipolitik? | |
Eine enorm große. Sie bieten schon ganz jungen Menschen Möglichkeiten, | |
aktiv zu sein. Hier finden Vernetzung und gegenseitige Förderung statt. | |
Hier wird das Handwerk der Politik erlernt. | |
4 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Berliner-SPD-im-Bundestagswahlkampf/!5778102 | |
[2] /Arzt-gekuendigt-in-der-Coronapandemie/!5735177 | |
[3] /Mobbing-an-Schulen/!5591659 | |
[4] /Gruenen-Politikerin-Aminata-Toure/!5800597 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
## TAGS | |
SPD Berlin | |
Politiker | |
Zivilgesellschaft | |
Berlin | |
Michael Müller | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neuer Berliner Senat: Politische Weißheit | |
Etwa 35 Prozent der Berliner:innen haben eine Migrationsgeschichte. In | |
der neuen Regierung sind es jedoch nur 13,79 Prozent. | |
SPD-Liste für den Bundestag: Michael Müller in der Poleposition | |
Die Berliner SPD einigt sich nach langem Tauziehen auf die ersten drei | |
Listenplätze für die Bundestagswahl. Kevin Kühnert kandidiert auf Platz | |
drei. | |
Rassismus in Berliner Schule: „Ich erwarte ein klares Zeichen“ | |
Eine Schülerin wurde von einem Lehrer als „Nigger“ beleidigt. Nun sieht die | |
Leiterin von „Schule ohne Rassismus“ die Bildungsverwaltung in der Pflicht. |