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# taz.de -- Rassismus in Berliner Schule: „Ich erwarte ein klares Zeichen“
> Eine Schülerin wurde von einem Lehrer als „Nigger“ beleidigt. Nun sieht
> die Leiterin von „Schule ohne Rassismus“ die Bildungsverwaltung in der
> Pflicht.
Bild: Plakat bei einer Demo in Rostock zum Gedenken an die rassistischen Auschr…
taz: Frau Kleff, an einer Steglitzer Oberschule hat ein Lehrer eine
Schülerin als „Nigger“ beschimpft. Die Schülerin hat Anzeige erstattet, d…
Lehrer fällt nicht das erste Mal auf. Wieso darf er noch unterrichten?
Sanem Kleff: Weil die bisherigen rechtlichen Schritte leider kein anderes
Ergebnis ermöglichen. Herr S. ist ein besonderer Fall, dessen Klärung ein
gesellschaftliches Interesse ist. Ich erwarte von der Schulsenatorin ein
ganz klares Zeichen: Sie sollte alle juristischen, disziplinarrechtlichen
und politischen Mittel einsetzen, um deutlich zu machen, dass
Rechtsextremismus und Rassismus an Berliner Schulen nicht geduldet werden.
Herr S. wird bald pensioniert, dieses Problem sollte nicht durch
Zeitverstreichen gelöst werden. Die Senatorin muss jetzt handeln. Es geht
hier um keine Kleinigkeit, sondern um das Selbstverständnis der Berliner
Schulen. Das Schulgesetz lässt ein Verhalten, wie es Herrn S. vorgeworfen
wird, nicht zu.
Was macht den Fall so besonders?
Karl-Heinz S. ist ein Geschichtslehrer, der seit 20 Jahren, gleich an
welcher Schule er auftaucht, immer wieder ähnliche Reaktionen hervorruft.
Schüler und Eltern werfen ihm rechtsextreme Positionen wie
Holocaust-Leugnung vor. Er habe Auschwitz als Arbeitslager dargestellt und
andere antisemitische und rassistische Positionen vertreten.
Rechtlich lässt sich das doch verfolgen.
Es gab ein Rechtsverfahren gegen Herrn S. zu einem ähnlichen Fall. Das ist
allerdings gescheitert, weil die Zeugenaussagen von Schülern und Eltern
angeblich nicht belastbar genug seien. Die Gerichte müssten die
Anschuldigungen ernster nehmen. Natürlich gilt für Herrn S. die
Unschuldsvermutung und er muss die Vorwürfe vor Gericht klären lassen
dürfen. Die juristische Schiene hat uns bisher nicht weitergebracht. Dieser
Lehrer hat wegen des Verfahrens mehrere Jahre nicht gearbeitet, aber
dennoch die vollen Bezüge gekriegt. Jetzt gibt es laut Medienberichten
sogar schon Solidaritätsbekundungen von Lehrern mit ihm. Es droht, dass er
zu einem Märtyrer stilisiert wird.
Hat die Schulverwaltung nicht noch andere Mittel, den Mann loszuwerden?
Wenn das das Ende der disziplinarrechtlichen Möglichkeiten ist, wird das
Disziplinarrecht der Schulverwaltung Berlins zu einem zahnloser Tiger.
Gerade bei Rassismus müssten solche Instrumente doch greifen! Die Gerichte
haben klar formuliert, dass er durch seine Aussagen seinen Bildungsauftrag
verletzt. Er durfte trotzdem weiter unterrichten.
Ist das ein Einzelfall oder kommt das an Berliner Schulen häufiger vor?
In dieser extremen Form ist Herr S. ein Einzelfall. Der Fall beschäftigt
uns seit Jahrzehnten, das ist eine Farce. Herr S. macht die
Senatsschulverwaltung, die Eltern und Schüler zu einer Lachnummer.
Gibt es Formen von Rassismus, die häufiger vorkommen?
Das ist meist ganz „normaler“ Rassismus. Es sind Lehrer, die zu arabischen
Schülern sagen, dass ihre Eltern zu viele Kinder bekommen. Es kommen auch
homophobe Äußerungen vor, wo Ausdrücke wie „schwule Sau“ verharmlost
werden.
Was können die Schulen gegen Rassismus im Alltag tun?
Die Schulen müssen eine klare Haltung vermitteln: Rassismus wird an unserer
Schule nicht geduldet. Wenn so ein Schulklima existiert, wird sich jeder
Einzelne fünfmal überlegen, ob er sich rassistisch äußert. Schüler, deren
Lehrer sich entsprechend äußern, sollten einen Vertrauenslehrer aufsuchen,
der sensibel für das Thema ist, oder eine Gruppe von „Schule ohne
Rassismus“.
Was tut „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“?
Wir sind ein Netzwerk von etwa 1.200 Schulen in ganz Deutschland, in Berlin
sind es mehr als 50. An diesen Schulen haben 70 Prozent aller Menschen die
Erklärung von „Schule ohne Rassismus“ unterschrieben. Sie verpflichten sich
nicht nur, jegliche Diskriminierung abzulehnen, sondern auch aktiv zu
werden, wenn Rassismus stattfindet. Wir wollen Verantwortung und eine
Kultur des Hinguckens an die Schulen bringen.
10 Sep 2012
## AUTOREN
Laurence Thio
## TAGS
SPD Berlin
Netzwerk
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