# taz.de -- Hamburger Aurubis-Konzern: Fragwürdige Quellen des Kupfers | |
> Suspendierte Bürgerrechte, verseuchtes Trinkwasser: Kommt der Rohstoff | |
> für Aurubis, die in Hamburg stehende größte Kupferhütte Europas, aus | |
> Peru? | |
Bild: Im Süden Perus hat der Kupferbergbau verwüstete Landschaften hinterlass… | |
Lima taz | Jaime Borda ist gespannt, ob die Hauptversammlung des | |
[1][Hamburger Aurubis-Konzerns] am Donnerstag den Durchbruch bringen wird. | |
„Wir hoffen zu erfahren, ob Europas größte Kupferhütte wirklich Kupfererze | |
aus peruanischen Minen bezieht, die immer wieder im Fokus von Protesten | |
stehen“, sagt der Koordinator vom Red Muqui, einem bergbaukritischen | |
Netzwerk aus 29 oft kirchlichen Entwicklungsorganisationen. | |
Red Muqui hat seinen Sitz in Perus Hauptstadt Lima, und regelmäßig ist | |
Borda im peruanischen Kupferkorridor im Süden des Landes unterwegs, wo es | |
derzeit immer noch zu Protesten gegen die am 7. Dezember erfolgte Absetzung | |
des indigenen Präsidenten Pedro Castillo kommt. | |
„Die Bevölkerung blockiert immer wieder die Strecke, über die das Kupfererz | |
aus mehreren Minen zum Pazifikhafen Matarani transportiert wird“, erklärt | |
der 38-jährige Sozialwissenschaftler. Die Proteste beschäftigen Peru seit | |
dem 8. Dezember, ein Ende ist nicht in Sicht, und längst wirken sie sich | |
negativ auf die Kupferexporte des Landes aus. | |
Borda vermutet, dass auch auf der Hamburger Elbinsel Peute, wo Aurubis | |
seinen Stammsitz hat, weniger von dem rötlich-gelben Metall eingeht. Mehr | |
wissen nur die Verantwortlichen des Konzerns, der seit Jahren jegliche | |
Information zu Herkunft und Menge der Kupferimporte verweigert. | |
## Mangelnde Transparenz ist ein Kernproblem | |
„Betriebsgeheimnis“, heißt es dazu lapidar, obgleich die Aktiengesellschaft | |
damit wirbt, dass zur Nachhaltigkeitsstrategie des Global-Kupfer-Players | |
„die Verantwortung in der Lieferkette“ gehört. So ist es auf der Homepage | |
zu lesen. | |
Das begrüßen peruanische Entwicklungsorganisationen wie Cooper Acción oder | |
das Red Muqui genauso wie die deutsche „Kampagne Bergbau Peru“ | |
ausdrücklich. Sie kritisieren jedoch, dass Aurubis eben [2][diese | |
Lieferkette] nicht publik macht. | |
„Die mangelnde Transparenz bei den Lieferanten ist ein Kernproblem. Wir | |
möchten wissen, aus welchen Kupferminen Aurubis seine Rohstoffe bezieht“, | |
sagt Vanessa Schaeffer, die lange für die Entwicklungsorganisation Cooper | |
Acción in Lima arbeitete und mittlerweile Beraterin für Klimagerechtigkeit, | |
Bergbau und Menschenrechte bei der Erzdiözese Freiburg ist. | |
## Menschenrechtsverletzungen und dreckiges Wasser | |
Der anvisierte Beschwerdemechanismus könne nur funktionieren, wenn sich | |
stichhaltig feststellen lässt, wo Mängel bei der Einhaltung der | |
Sorgfaltspflicht bestehen, sagt Schaeffer, die am heutigen Donnerstag auf | |
der Aurubis-Hauptversammlung in Hamburg Wilhelmsburg sprechen wird. | |
„Wir wissen, dass Aurubis etwa 16 Prozent seines Kupfererzes aus Peru | |
bezieht“, sagt Schaeffer. „Doch mehrere der Minen dort stehen im Verdacht, | |
Trinkwasserquellen kontaminiert zu haben, bei Protesten starben wiederholt | |
Menschen.“ Die Bergbauunternehmen betrieben ein „System der Landenteignung, | |
indem sie unter unfairen Bedingungen Eigentum auf indigenem Gebiet erwerben | |
und das Recht auf vorherige Konsultation verletzen“. | |
Etliche Vorfälle, darunter Menschenrechtsverletzungen, rund um die Minen | |
Antapaccay des Schweizer Glencore-Konzerns, die Mine Las Bambas des | |
chinesischen MMG-Konzerns oder die Constancia-Mine des kanadischen | |
Hudbay-Konzerns sind [3][dokumentiert]. | |
Alle drei Minen liegen an der 482 Kilometer langen Kupferexport-Trasse | |
durch das andine Hochland im Süden Perus. Aus dem Verwaltungsbezirk Cusco | |
über Apurimac und Arequipa schlängelt sich die Trasse bis zum Pazifikhafen | |
Matarani, von wo das Erz wohl auch nach Hamburg verschifft wird. | |
2018 wurde der Export nur dank des über Monate verhängten Ausnahmezustandes | |
gewährleistet. Das wiederholt sich derzeit. „Die Regierung in Lima hat den | |
Ausnahmezustand über weite Teile des Landes verhängt, um die Proteste gegen | |
die Absetzung des Präsidenten Pedro Castillo zu unterbinden“, sagt Jaime | |
Borda. | |
## Aurubis mauert weiter | |
Für die lokale Bevölkerung in den Bergbauregionen, mehrheitlich indigener | |
Herkunft, bedeute das eine massive Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit | |
und ihrer Grundrechte. Borda hofft, dass das seit dem 1. Januar geltende | |
deutsche Lieferkettengesetz für mehr Transparenz sorgen und dabei helfen | |
wird, schwelende Konflikte zu schlichten und neuen vorzubeugen. | |
Auf dem Papier hat sich Aurubis mehrfach zu diesen Zielen bekannt und | |
eigener Aussage zufolge sämtliche Lieferanten zur Förderung unter | |
internationalen Standards verpflichtet. „In der Realität bleibt das jedoch | |
meist ohne spürbare Folgen“, kritisiert Vanessa Schaeffer. Sie hofft, dass | |
sich mit dem deutschen und dem für dieses Jahr zu erwartenden europäischen | |
Lieferkettengesetz daran etwas ändern wird. | |
„Die Aurubis-Hauptversammlung könnte durchaus Signalcharakter haben“, meint | |
Schaeffer. Vor Beginn der Versammlung in Wilhelmsburg ist eine | |
Protestveranstaltung angekündigt, an der auch der Dachverband Kritischer | |
Aktionäre teilnimmt. | |
## Aus Gründen werden keine Informationen preisgegeben | |
Dessen Geschäftsführer Markus Dufner kritisiert, dass Aurubis auch mit dem | |
[4][chilenischen staatlichen Bergbaukonzern Codelco] zusammenarbeitet, dem | |
Umweltzerstörung und schwere Menschenrechtsverletzungen [5][vorgeworfen | |
werden]. Die Kritischen Aktionäre fordern darum, dass Aurubis dieses Jahr | |
auf die [6][Ausschüttung von Dividenden] verzichtet. | |
Aurubis mauert unterdessen weiter. „Aus wettbewerbsrechtlichen und | |
vertraglichen Gründen“ veröffentliche man keine Informationen zu | |
„Lieferanten, konkreten Minen und entsprechenden Bezugsmengen“, erklärte | |
der Konzern gegenüber der taz. Das Unternehmen mache aber bereits mehr, als | |
es müsse, so lasse es etwa vor Ort Interviews durchführen, zu den Befragten | |
gehörten auch „Gruppen indigener Völker und lokaler Gemeinschaften“. | |
Zu den Anträgen der Kritischen Aktionäre wolle man sich vor der | |
Hauptversammlung nicht äußern. | |
16 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Kupfermine-in-Norwegen-ohne-Abnehmer/!5794066 | |
[2] /Studie-ueber-Abbau-von-Kupfer/!5375233 | |
[3] https://www.tagblatt.ch/leben/peru-schwerste-politische-krise-seit-20-jahre… | |
[4] /Streik-bei-weltgroesstem-Kupferproduzenten/!5863313 | |
[5] https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/s… | |
[6] https://www.kritischeaktionaere.de/?na=v&nk=600-9a8efff0f1&id=166 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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