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# taz.de -- taz-Talk zur Berlin-Wahl mit Jarasch (3): Klimaschutz als Denksport…
> Beim dritten und letzten Talk mit den SpitzenkandidatInnen von
> Rot-Grün-Rot behielt Bettina Jarasch (Grüne) nur eine einzige Antwort für
> sich.
Bild: „Verarsche die Leute nicht gerne“: Bettina Jarasch beim Talk in der t…
Berlin taz | Meist kommt Bettina Jarasch ja recht unberlinerisch nett rüber
– Gemeinheit ist nicht so das Ding der gelernten Augsburgerin. Kein Wunder
also, dass sie selbst ihren einzigen fiesen Move beim dritten Wahltalk in
der taz-Kantine mit einem leicht verschämten Kichern rüberbringt.
„Das [1][29-Euro-Ticket] gönne ich Franziska Gifffey, weil …“, hat
Komoderatorin Anna Klöpper den Satz eingeleitet, den die amtierende
Mobilitätssenatorin und Kandidatin für das Amt der Regierenden
Bürgermeisterin spielerisch vervollständigen soll. Jarasch denkt lange nach
und sagt dann: „… weil sie sonst nichts hat?“ Für diese Antwort gibt es
dann immerhin einmal lautes und zustimmendes Gelächter im vollbesetzten
Raum.
Auch wenn Austeilen nicht ihre Superpower ist: Auf den Mund gefallen ist
die frühere Journalistin Jarasch keineswegs, und das erste Jahr als
Supersenatorin für Mobilität, Umwelt, Klima- und Verbraucherschutz hat sie
noch einmal erkennbar sicherer im Umgang mit der Öffentlichkeit gemacht.
Ins Schleudern kommt sie kein einziges Mal im Kreuzverhör zwischen Klöpper
und ihrem Kollegen Bert Schulz, dem Chefduo der taz-Berlinredaktion. Was
nicht heißt, dass alle ihre Antworten gleichermaßen überzeugen.
So versteift sie sich darauf, dass es zu dem von den Grünen [2][klar
abgelehnten Weiterbau der A 100] nach Friedrichshain allein deshalb nie
kommen wird, weil Bundesverkehrsminister Volker Wissing sich „das einfach
nicht leisten kann“. Der FDP-Politiker, der die Klimaschutzziele seines
Ressorts haushoch verfehle, wolle ja auch nicht, dass marode Brücken
zusamenbrächen, während in Berlin viel Geld in ein unnötiges Projekt
fließe.
„Ich halte das für einen Popanz“, fasst Jarasch darum die A-100-Debatte f�…
sich zusammen. Wobei sich mit Popanzen bekanntlich manchmal besser Politik
machen lässt als mit Plausibilität.
Bei dem anderen prominenten Straßen-Thema in diesem Wiederholungswahlkampf
– der [3][autofreien Friedrichstraße] – versucht die Kandidatin, die
Bedeutung ein wenig herunterzuspielen, die die Senatorin den knappen 500
Metern Flaniermeile durchaus hat angedeihen lassen. Es handele sich doch
nur um einen kleinen Teil des Projekts, die historische Mitte Berlins
neuzugestalten und dabei verkehrlich zu beruhigen. Mittlerweile werde die
Debatte aber „mit Lust und reichlich Ideologie betrieben“.
Jarasch selbst hält die Friedrichstraße für einen „extrem steinernen Teil�…
dieser Mitte, und man hört heraus, dass ihre Begeisterung über diese zum
Symbol der Mobilitätswende aufgemotzte Häuserschlucht vielleicht gar nicht
so groß ist. Weil sie das natürlich nicht zugeben darf, schiebt sie deren
mangelnde Attraktivität und den grassierenden Leerstand nicht etwa auf die
überteuerten Gewerbemieten, sondern auf ihre – noch bzw. wieder – fehlende
Fußgängerfreundlichkeit.
## Beim Radwegausbau soll's bald rund gehen
Den tröpfelnden Ausbau der Radinfrastruktur sieht Jarasch vor einer großen
Beschleunigung, weil sie jetzt für die notwendige Bündelung der Ressourcen
gesorgt habe; das Tempelhofer Feld will sie eventuell auch mithilfe des
Flächennutzungsplans dauerhaft freihalten – „ein einmaliger Magnet für ga…
Berlin“ –, und im Gegensatz zu Giffey will die Spitzengrüne den
Enteignungs-Volksentscheid umsetzen, wenn sich denn die
ExpertInnenkommission dafür ausspreche und sich ein Gesetz rechtssicher
formulieren lasse.
Gewissermaßen zur Denksportaufgabe wird die Haltung der Senatorin gegenüber
dem [4][Volksentscheid „Berlin 2030 klimaneutral“], der Ende März
stattfinden wird: Ob sie dafür oder dagegen stimmt, will sie öffentlich
nicht sagen. Begründet liegt das in der Paradoxie, dass sie sich einerseits
„natürlich“ freut, wenn eine BürgerInneninitiative, die mehr Klimaschutz
will, das Quorum bei der Abstimmung erreicht, anderseits aber – wie schon
oft betont – nicht sieht, wie Berlin bis 2030 Klimaneutralität hinbekommen
soll. Das besagten auch alle ihr bekannten Studien.
Einerseits findet Jarasch also, dass verschärfte Zielzahlen keinen
„Automatismus“ erzeugen, andererseits sagt sie: „Ein Erfolg des
Volksentscheid wird uns Rückenwind verschaffen, denn dann können wir alle
Senatsverwaltungen dazu verpflichten, noch mehr zu tun.“
„Ich verarsche Leute nicht gerne“, so Jaraschs Bekenntnis zum Realismus.
Das macht ihre Position nicht unbedingt leichter nachvollziehbar. Aber
vielleicht weiß sie ja selbst nicht so richtig, wo sie am Ende ihr
Klima-Kreuzchen machen soll. Profi-Tipp: Den Zettel leer lassen ist nicht
verboten.
27 Jan 2023
## LINKS
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[4] /Volksbegehren-Berlin-Klimaneutral-2030/!5894882
## AUTOREN
Claudius Prößer
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