# taz.de -- Wahlkampf in Berlin: Die Luft ist raus | |
> Der Wahlkampf war kurz, flott und dicht. Aber ausgerechnet auf der | |
> Zielgeraden sind alle Argumente ausgetauscht, es fehlt der Pepp. Woran | |
> liegt das? | |
Bild: Es war was los auf der Straße, trotz Winter | |
Einen [1][Wahlkampf wie diesen] gibt es viel zu selten. Denn da der Termin | |
der Entscheidung meist mindestens ein halbes Jahr im Voraus bekannt ist, | |
schalten die Parteien entsprechend früh in den Prügelmodus. Anders bei | |
dieser Wahlwiederholung: Keine 90 Tage waren es von [2][der Entscheidung | |
des Verfassungsgerichts] bis zur Entscheidung an der Urne, die heiße Phase | |
begann erst am 2. Januar. | |
Diese zeitliche Konzentration hat der politischen Auseinandersetzung lange | |
gut getan. Mehrere große Themen reihten sich aneinander – Silvesterrandale, | |
Integration, [3][Mietenpolitik], Enteignung, Verkehrspolitik oder besser: | |
[4][Friedrichstraße] – und wurden intensiv auseinander genommen. Dazu war | |
die Präsenz der Kandidat*innen auf der Straße hoch, trotz Winterwetter. | |
So macht Wahlkampf Laune – nicht nur den Medien, sondern auch den | |
Kandidat*innen und nicht wenigen Wähler*innen. | |
Seit ein paar Tagen ist der Schwung jedoch dahin. Zumindest inhaltlich | |
scheinen alle Diskussionen geführt, alle Argumente geliefert, alle Stiche | |
gemacht. Wer etwa die [5][Runde mit allen Spitzenkandidat*innen im | |
RBB am Dienstagabend] verfolgte, konnte sich schon fragen, ob man eine | |
Debatte vom Anfang des Wahlkampfs sieht. | |
Da hallte erneut die Frage aus der Silvesternacht länglich nach – ohne dass | |
von den Wahlkämpfenden ein weiterer inhaltlicher Akzent gesetzt wurde. | |
Gleiches galt für mehrere andere Themen. Und beim Stichwort „Vermüllung der | |
Stadt“ konnten sich gar alle auf den Slogan „mehr Eigenverantwortung“ | |
einigen. | |
Doch warum ist die inhaltliche Auseinandersetzung ins Stocken geraten? | |
Auffallend ist, dass mehrere eigentlich gewichtige Themen – aus welchen | |
Gründen auch immer – kaum eine Rolle gespielt haben, etwa die massiven | |
Hilfen in der Energiekrise und die Integration von mehr als 100.000 | |
Ukrainer*innen. Es ist schon erstaunlich, dass es der rot-grün-roten | |
Koalition nicht gelang, ihre Erfolge in diesen Bereichen vorzuweisen. Die | |
Grünen wiederum konnten mit Klimapolitik kaum durchdringen. | |
## Keine schnellen Lösungen | |
Stattdessen beherrschten Probleme die Debatte, deren Lösung langwierig ist. | |
Das ist normal in Wahlkämpfen, aber in dieser Dichte vermittelt es das | |
Bild, dass Berlin allein aus einer Reihe von Baustellen besteht: Denn weder | |
werden sich auf absehbare Zeit die benötigten Lehrer*innen finden noch | |
neue Wohnungen bauen oder enteignen lassen; auch tausende Kilometer Radwege | |
und eine effiziente Verwaltung entstehen nicht über Nacht. | |
Am Ende dürfte die Entscheidung der Wähler*innen daher auch davon | |
abhängen, ob sie glauben, dass diese wichtigen Veränderungen einfach lange | |
brauchen – oder ob die bisherige Regierung ihrer Meinung nach die falschen | |
Mittel anwendet. | |
Allerdings bleibt die Frage, ob die Erlahmung des Wahlkampfs auf den | |
letzten Metern wirklich Auswirkungen hat. Haben nicht die Meisten ihre | |
Entscheidung schon getroffen, zumindest die Briefwähler*innen? Wissen wird | |
man das wohl nie. | |
8 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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