# taz.de -- Tunnel-Havarie am Alexanderplatz: Absacker mit langer Wirkung | |
> Für den abgesackten Tunnel der U-Bahn-Linie U2 gibt es jetzt einen | |
> Sanierungsplan. Regulär gefahren wird aber frühestens wieder im August. | |
Bild: Hier rollt seit Oktober nix: U2-Gleis auf dem Bahnhof Alexanderplatz | |
BERLIN taz | „Ein Riesenmist“: Für die Folgen des abgesackten Tunnels der | |
U-Bahn-Linie U2 unter dem Alexanderplatz fand Daniel Frey am Montag klare | |
Worte. Zu Recht, schließlich zwingen die Teilsperrung der Gleise und der | |
eingerichtete Pendelverkehr Tausende ÖPNV-NutzerInnen seit Oktober zum | |
Umsteigen oder Ausweichen auf andere Verbindungen. Die Frage, ob sein | |
Unternehmen die Verantwortung für den Schaden habe, beantwortete der | |
Vorstandsvorsitzende der Covivio Immobilien SE dagegen nicht so klar: Man | |
wolle erst einmal die Gutachten abwarten. | |
Immerhin gaben sich Frey und sein Projektleiter für das Hochhausprojekt | |
„D3“, Andreas Tichay, betont interessiert daran, das Ärgernis zu beenden �… | |
genauso wie Mobilitäts-Staatssektretärin Meike Niedbal, Ephraim Gothe | |
(SPD), der für Stadtentwicklung zuständige Stadtrat des Bezirks Mitte, und | |
BVG-Vorstand Rolf Erfurt. Sie alle saßen bei einem gemeinsamen Pressetermin | |
in der Senatsverwaltung nebeneinander, die Botschaft sollte lauten: Wir | |
kriegen das wieder hin. | |
Juristisch betrachtet lässt sich bei der Schuldfrage vielleicht noch das | |
ein oder andere drehen, immerhin geht es um mindestens 10 Millionen Euro, | |
die die Tunnelsanierung kosten wird. Für interessierte Laien gibt es | |
allerdings kaum Zweifel an Ursache und Wirkung: Covivio hat eine Baugrube | |
direkt neben dem U-Bahnhof ausgehoben, und der hat sich in Teilen „gesetzt“ | |
– um mittlerweile 38 Millimeter, hieß es am Montag. | |
Nach wochenlangem Hin und Her, zuletzt auch Gesprächen mit allen | |
Beteiligten in der Senatsverwaltung, hat das Unternehmen offenbar alle | |
notwendigen Unterlagen für ein „Gesamtinstandsetzungskonzept“ vorgelegt und | |
nun auch gleich der Öffentlichkeit präsentiert. Die Beschreibung des | |
geplanten Verfahrens klingt ein wenig nach Schönheits-OP: Über „Lanzen“, | |
die von der Baugrube aus ins Erdreich unter den Tunnel getrieben werden, | |
injiziere man „gezielt und sensibel“ eine Suspension und schaffe so ein | |
„Zementpolster“, das den Tunnel wieder auf sein vorheriges Niveau heben | |
soll. | |
## Irgendwann im August | |
Zumindest wissen die BVG-KundInnen jetzt, worauf sie sich mindestens | |
einstellen können: Rund fünf Wochen soll die Prüfung der Sanierungspläne | |
durch den Bezirk in Anspruch nehmen, nach fünfmonatigen Arbeiten dann, | |
sprich: irgendwann im August, könnte die U-Bahn wieder zweigleisig durch | |
den Bahnhof fahren. Abgeschlossen wäre die Sanierung aber noch nicht, und | |
die Injektionsvorrichtung – der „Ausgleichsmechanismus“ – soll laut Cov… | |
bis fast ein Jahr nach Eröffnung des Hochhauses in Betrieb bleiben. Diese | |
verschiebe sich um zehn Monate auf Ende 2026. | |
Als Ausgleichsmechanismus für die BVG-KundInnen kündigte Rolf Erfurt an, | |
baldmöglichst den Takt auf der Tramlinie M1 zu verstärken. Die Wartezeiten | |
beim Umstieg im Pendelverkehr habe man schon auf maximal zwei Minuten | |
optimiert. Aufgrund fehlender „Leit- und Sicherheitstechnik“ sei es aber | |
nicht möglich, die Pendelstrecke zu verkürzen und die U-Bahn regulär | |
zwischen Pankow und Rosa-Luxemburg-Platz verkehren zu lassen. Stattdessen | |
muss weiterhin im Bahnhof Senefelderplatz umgestiegen werden. | |
Die BVG habe viel Personal im Einsatz, so Erfurt, außerdem werde man die | |
„Jelbi“-Stationen ausbauen und im Umfeld der U2 noch mehr Leihfahrräder und | |
E-Scooter anbieten. Geprüft und für nicht sinnvoll befunden habe das | |
Verkehrsunternehmen die Einrichtung eines Bus-Ersatzverkehrs: „Der würde | |
dann auch nur im Stau stehen.“ | |
## Keine Katastrophe | |
Für Ephraim Gothe ist die ganze Sache ärgerlich, aber auch keine | |
Katastrophe: „Wir haben nun mal im Urstromtal Schichten aus Sand und Kies | |
und keinen Granitsockel wie Manhattan“, so der Stadtrat in Richtung der | |
kritischen Stimmen, die nun ein Ende des Hochhausbaus am Alexanderplatz | |
oder gleich berlinweit fordern. Wichtig sei aber, sich vertraglich | |
abzusichern – im vorliegenden Fall gebe es glücklicherweise eine sogenannte | |
„nachbarschaftliche Vereinbarung“ zwischen Covivio und BVG. Aufgrund dieser | |
Abmachung gebe es nun auch, so Gothe, keinen Verzug bei der Planung und | |
Durchführung der Schadensbehebung. | |
Für Staatssekretärin Niedbal steht fest, dass man künftig bei allen | |
„Bauprojekten mit Risiken für die öffentliche Infrastruktur im Vorfeld auf | |
einer nachbarschaftlichen Vereinbarung bestehen“ müsse. Obligatorisch ist | |
diese nämlich keineswegs. Sichere man sich aber nicht ab, so Niedbal, berge | |
dies das Risiko, „dass statt einer raschen Schadensbehebung äußerst | |
langwierige Prozesse zur Haftung und Beweisführung entstehen“. | |
Am Montag strahlten alle Beteiligten große Zuversicht aus, dass das | |
Tunneldrama unterm Alex im August sein Ende finden wird. Allerdings gibt es | |
wenig Erfahrung mit der Technologie, die zum Einsatz kommen soll. An der | |
Jannowitzbrücke sei ein ähnliches Verfahren zur Stützung des | |
S-Bahn-Viadukts angewandt worden, sagte Andreas Tichay, allerdings in | |
deutlich kleinerem Maßstab. Vom Fahrgastverband Igeb kamen denn auch | |
skeptische Signale: „Das Worst-Case-Szenario ist für mich noch nicht vom | |
Tisch“, twitterte Sprecher Jens Wieseke. | |
6 Feb 2023 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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