| # taz.de -- Outing als nicht-binäre Person: Gesellschaftliche Grenzen gesprengt | |
| > Sam Smith ist nicht-binär, und manche Menschen haben damit ein Problem. | |
| > Für Smith aber war das Outing eine Freude – wie schön! | |
| Bild: Sam Smith Anfang Februar bei der Grammy-Verleihung in Los Angeles | |
| Da online inzwischen vieles algorithmusbasiert funktioniert, sehe ich nur | |
| die Tiktoks und Tweets, die Sam Smith verteidigen. Dass es so viele | |
| Menschen gibt, die Smith verteidigen, zeigt aber, wie viele dey angreifen. | |
| Dey ist der Vorschlag eines nicht-binären Pronomens. In meinen Augen ist | |
| der Grund eigentlich banal, hat sich in den vergangenen zwei, drei Jahren | |
| aber leider zum zentralen Thema des Kulturkrampfs entwickelt: Smith ist | |
| nicht-binär und wagt es im aktuellen Musikvideo zu „I’m Not Here To Make | |
| Friends“ und in Livegigs in exaltierten Klamotten und, wenn man so will, | |
| „provokativ“ aufzutreten. | |
| Hier kann ich den Punkt aufgreifen, über [1][den ich in meiner zweiten | |
| Kolumne bereits geschrieben hatte]: Wenn Harry Styles in flamboyanten, | |
| queeren, „femininen“ Klamotten auftritt, farbenfroh, schillernd, mit Rock, | |
| dann wird er dafür gefeiert, weil er als cool und wegweisend gilt und | |
| gesellschaftlich festgelegte Grenzen sprengt, dabei aber als Cishet | |
| wahrgenommen wird. Bei Sam Smith als nicht-binärer Person, die Männer | |
| datet, ist das ein Problem (ähnlich übrigens bei Lil Nas X als Schwarzer | |
| und schwuler Mann). Und wenn man obendrein aus dem konventionellen | |
| Schönheitsraster fällt, indem man, wie eben Smith, nicht dem | |
| gesellschaftlichen Normgewicht und Aussehen entspricht, sondern zugenommen | |
| hat, ist das gleich doppelt skandalös. Womit ich zu meiner damaligen | |
| Aussage zurückkomme: Sich als queer outen ist eine politische Handlung. | |
| [2][In einem Interview] sprach Sam Smith kürzlich über das Thema. Darin | |
| sagt Smith, dass dey sich seit dem Outing 2019 als nicht-binär „joy in | |
| abundance“ fühle, also „Freude in Hülle und Fülle“ und dass auch deren | |
| Privatleben dadurch besser denn je wäre. Öffentlich sei das aber eine ganz | |
| andere Geschichte, gerade in Großbritannien: Smith werde regelmäßig verbal | |
| auf der Straße angegriffen. „Wenn mir das passiert – und ich bin berühmt, | |
| ich bin ein Popstar –, kannst du dir vorstellen, wie sich andere queere | |
| Kids fühlen? Es ist einfach so traurig, dass das im Jahr 2023 immer noch | |
| passiert. Es ist ermüdend“, fügte dey hinzu. Solange queere Menschen, die | |
| sich nicht nur queer stylen (wie eben Harry Styles), sondern auch | |
| öffentlich zu ihrer Queerness stehen, dermaßen ins Schussfeuer geraten, sei | |
| es auf der Straße oder im Internet, ist ein Outing politisch und leider | |
| notwendig als Vorbild für diejenigen, die keine Stimme haben. | |
| Es ist mit Verlaub zum Kotzen, dass Menschen wie Sam Smith nicht einfach in | |
| Ruhe gelassen werden, dass trans beziehungsweise nicht-binär Sein so zum | |
| Politikum geworden ist. Warum bockt das cis Menschen so sehr? Ich verstehe | |
| es wirklich nicht. Aber ich freue mich sehr für Sam Smith, dass dey mit | |
| sich selbst jetzt so viel glücklicher ist. Und wenn das anderen nicht | |
| gefällt, kann Smith ihnen mit dem Titel des Songs kontern: „I’m Not Here To | |
| Make Friends.“ | |
| 6 Feb 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Queerbaiting-von-Saenger-Harry-Styles/!5879503 | |
| [2] https://www.youtube.com/watch?v=vYu9rH4f-u4&feature=youtu.be | |
| ## AUTOREN | |
| Isabella Caldart | |
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