# taz.de -- Lichtverschmutzung nimmt zu: Immer weniger Sterne sichtbar | |
> Die Lichtverschmutzung hat weltweit stark zugenommen. Über Jahre | |
> lieferten Satelliten falsche Daten, da sie Werbetafeln und Fensterlicht | |
> ignorierten. | |
Bild: Der Sternenhimmel über dem Ruhrtal in einer Dezembernacht bei Minus 10 G… | |
Mistkäfer navigieren mithilfe des schwachen Lichts der Milchstraße, Kojoten | |
heulen nur während einzelner Mondphasen, und einige Laubfrösche suchen nur | |
bei besonderer Dunkelheit nach Nahrung. Wenn Nächte heller werden, sind | |
diese Tiere mindestens irritiert – und auch bei uns Menschen sorgt die | |
selbstgemachte Dauerbeleuchtung für Schlafstörungen. | |
[1][Welchen Einfluss die Lichtverschmutzung auf Fauna und Flora] genau hat | |
und wie sie sich über die Jahre verändert, lässt sich schwer erforschen. | |
Laborstudien haben allerdings gezeigt, dass sich zum Beispiel der Körperbau | |
von Fischen bei steigender Lichtverschmutzung verändert. | |
## Die Studie | |
Um den Anstieg der Lichtverschmutzung zu untersuchen, haben | |
Wissenschaftler*innen des Deutschen Geoforschungszentrums Potsdam von | |
2011 bis 2022 Freiwilligen Sternkarten vorgelegt, die sie mit ihrem | |
Nachthimmel vergleichen sollten. Die Forscher*innen wollten wissen, | |
welcher der am schwächsten leuchtende Stern ist, den die Freiwilligen noch | |
mit bloßem Auge erkennen konnten. | |
Daraus können sie ableiten, wie viel heller es über die elf Jahre geworden | |
ist, weil die Lichtverschmutzung schwach leuchtende Sterne zuerst verdeckt. | |
Ihre Ergebnisse [2][veröffentlichten sie im Fachmagazin Science]. Insgesamt | |
konnten die Forscher*innen auf 51.351 Beobachtungen zurückgreifen. Sie | |
stammen hauptsächlich aus Europa, den USA, Japan und Südamerika. Besonders | |
aus Afrika fehlen Daten. | |
Das ist ein Problem, denn dort wachsen Siedlungen besonders schnell [3][und | |
damit auch die Lichtverschmutzung]. Aus den Beobachtungen der Freiwilligen | |
haben die Forscher*innen berechnet, dass die Lichtverschmutzung von 2011 | |
bis 2022 pro Jahr durchschnittlich um 9,6 Prozent angestiegen ist. Auf die | |
Kindheit und Jugend eines Menschen umgerechnet, bedeutet das: Waren zur | |
Geburt eines Kindes 250 Sterne sichtbar, sind es bei seinem 18. Geburtstag | |
nur noch 100. | |
## Was bringt’s? | |
Die Beobachtungen sprechen für eine viel stärker ansteigende | |
Lichtverschmutzung, als Satelliten bisher gemessen hatten. Die | |
Forscher*innen vermuten dafür zwei Gründe. Erstens können Satelliten | |
horizontal ausgestoßenes Licht nicht messen, also zum Beispiel von Fenstern | |
oder Werbetafeln. Das macht aber den Großteil der städtischen | |
Lichtverschmutzung aus. Zweitens wurde über die vergangenen zehn Jahre die | |
meiste Außenbeleuchtung durch LEDs ersetzt. Deren blaues Licht hat eine | |
geringere Wellenlänge als das vorher übliche wärmere Licht und ist für | |
Satelliten schwerer erkennbar. | |
Die Forscher*innen fordern bessere Satelliten, um überprüfen zu können, | |
ob politische Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung helfen. Und ihre | |
Ergebnisse zeigen, wie wichtig Freiwillige für die Forschung sind. Beim | |
Projekt [4][Globe at Night], aus dem die Beobachtungen stammen, kann man | |
übrigens weiterhin mitmachen. | |
19 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Astrophysiker-ueber-Lichtverschmutzung/!5555363 | |
[2] https://www.science.org/doi/10.1126/science.abq7781 | |
[3] /Forscher-ueber-Lichtverschmutzung/!5880129 | |
[4] https://www.globeatnight.org/ | |
## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
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