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# taz.de -- Dürre in Argentinien: Unruhe am Soja-Markt
> Paradoxe Entwicklungen in zwei der wichtigsten Erzeugerländer von Soja:
> Während Brasilien so viel wie noch nie produziert, bricht in Argentinien
> die Ernte ein.
Bild: Gefragt als Futtermittel: Sojabohnen aus Argentinien
Buenos Aires dpa | Der globale Sojamarkt ist ordentlich in Bewegung
geraten. Während in Argentinien die Ernte wegen der schwersten Dürre seit
60 Jahren dramatisch einbricht, steuert das Nachbarland Brasilien auf eine
Rekordernte zu. Die beiden gegensätzlichen Entwicklungen in zwei der
wichtigsten Erzeugerländer der Sojabohne dürften auch Auswirkungen auf den
Weltmarkt und die globale Versorgungslage haben.
In Argentinien wird die Sojaernte in der laufenden Saison um 25 Prozent
kleiner ausfallen als erwartet, statt 49 Millionen Tonnen werden es wohl 37
Millionen Tonnen sein, wie die Getreidebörse in Rosario prognostiziert. Das
ist eine um 13 Prozent geringere Ernte als im Vorjahr und die
drittschlechteste der vergangenen 15 Jahre. Argentinien leidet derzeit
unter dem Wetterphänomen La Niña, das zu deutlich geringeren Niederschlägen
führt.
Die Weizenernte dürfte Schätzungen zufolge von 22,1 Millionen Tonnen im
vergangenen Jahr auf 14,9 Millionen Tonnen zurückgehen, für Mais
korrigierten die Getreidebörsen ihre Erwartungen von 50 Millionen Tonnen
auf 37,8 Millionen Tonnen herunter.
Für das Agrarland Argentinien bedeuten die Ernteausfälle schwere Verluste.
Die Getreidebörse in Rosario beziffert die Mindereinnahmen auf rund 8
Milliarden US-Dollar, das entspricht etwa 18 Prozent der Deviseneinnahmen
durch landwirtschaftliche Exporte. Der Agrarsektor ist einer der
wichtigsten Devisenbringer für das wirtschaftlich stark gebeutelte Land.
## Treibstoff der Massentierhaltung in Deutschland
Doch die schlechten Ernten in Argentinien dürften auch Auswirkungen auf die
globalen Märkte und die weltweite Versorgungslage haben. Nach den USA und
Brasilien ist Argentinien der drittgrößte Produzent von [1][Soja]. Zudem
ist das südamerikanische Land weltweit der größte Exporteur von Sojaschrot
und Sojaöl.
Soja wird vor allem als Futterzusatz in der Viehhaltung verwendet. Auch
deutsche Bauern verfüttern in der Mast große Mengen Soja an Schweine,
Rinder und Geflügel. Für die Versorgung mit dem wichtigen Eiweißlieferanten
ist Deutschland auf Importe angewiesen. Zuletzt führte Deutschland 3,9
Millionen Tonnen Soja ein, vor allem aus den USA und Brasilien.
Angesichts der Ausweitung der Anbaufläche und günstiger Wetterbedingungen
in den meisten der Erzeugerregionen steuert Brasilien derzeit auf eine
Sojarekordernte zu. Argentiniens Nachbarland dürfte nach Einschätzung des
Analyseunternehmens Safras & Mercado in dieser Saison rund 150 Millionen
Tonnen Soja auf einer Fläche von mehr als 40 Millionen Hektar produzieren.
Sollte sich die Prognose des führenden Consultingunternehmens in der
brasilianischen Agrarwirtschaft bestätigen, würde das einen Anstieg der
Produktion um mehr als 20 Prozent bedeuten.
Die Nachfrage nach Soja dürfte nach Einschätzung von Analysten stark
bleiben. Allein China werde im laufenden Jahr 98 Millionen Tonnen Soja
importieren – 8,3 Prozent mehr als 2022, wie es in einer Studie der
Analysefirma S&P Global heißt. Befeuert wird die Nachfrage auch vom Krieg
in der Ukraine. Weil der bisherige Top-Exporteur wegen der Kampfhandlungen
nur noch wenig Sonnenblumenöl ausführen kann, schauen sich die Importeure
nach Alternativen um und kaufen beispielsweise mehr Sojaöl.
Angesichts der Rekordernte in Brasilien könnte das Angebot die Nachfrage
allerdings bald übersteigen. „Ich weiß nicht, ob die Welt wirklich 100
Millionen Tonnen Soja aus Brasilien braucht“, sagte der Agraranalyst Kory
Melby. Daniele Siqueira vom Marktforschungsunternehmen AgRural sagt: „Wir
gehen davon aus, dass die Sojapreise im Jahr 2023 unter dem Druck einer
größeren südamerikanischen Produktion und makroökonomischer Probleme fallen
werden.“
Laut einer Studie der Universität Maryland hat sich die Anbaufläche für
Soja in Südamerika in den vergangenen zwei Jahrzehnten verdoppelt.
Umweltschutzverbände kritisieren, dass dadurch Wälder abgeholzt werden und
Lebensräume für Tiere und Pflanzen verloren gehen. Nach Berechnungen der
Naturschutzorganisation WWF entfallen auf jeden Menschen in der EU und
Großbritannien über 60 Kilo Soja im Jahr – das meiste davon als
Futtermittel in der Viehzucht.
23 Jan 2023
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[1] /Soja/!t5010913
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