Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- „Wir haben es satt!“-Demo in Berlin: Mit Treckern für die Agra…
> Am Samstagmittag demonstrierten rund 10.000 Menschen für eine gerechte
> Agrarpolitik. Mit dabei: Bäuer:innen und Bauern, angereist mit rund 60
> Traktoren.
Bild: Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir im Kreise der Teilnehmer:innen der…
Berlin taz | Der junge Sprecher auf der Bühne redet sehr schnell und sehr
laut ins Mikrofon, er holt kaum Luft. Tobias Schied, 20 Jahre alt, ist auf
einem Bauernhof auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen. Jetzt ist er
Klimaaktivist, erzählt er, bei [1][Fridays for Future]. „Ihr fragt euch
warum?“, ruft er der Menge vor der Bühne zu. „Ich kann meinen Arm bis zum
Ellbogen in den Acker stecken und finde nichts, weil der Boden so trocken
ist!“ Es müsse sich endlich etwas ändern, die Klimakrise gefährde die
Nahrungsmittelsicherheit, und die Landwirtschaftspolitik komme nicht voran.
Schied erntet den Applaus der Menschen jeden Alters, die sich am Mittag vor
dem Brandenburger Tor in Berlin versammelt haben. 10.000 sind
Veranstalterangaben zufolge dem Aufruf des Bündnisses „Wir haben es satt!“
gefolgt und demonstrieren für eine schnelle Agrarwende. Die Polizei sprach
von 7000 Teilnehmenden. Über ihren Köpfen wehen Fahnen von Greenpeace,
verschiedenen Tierschutzverbänden, von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft (AbL) oder der Diakonie Deutschland. Am Rand der Menge
schwebt eine dicke aufgeblasene Gummibiene, auf ihrem Körper prangen die
Worte „Agrarindustrie tötet!“.
Die Forderungen, die von den Sprecher:innen oder auf den Schildern der
Teilnehmenden erhoben werden, sind vielfältig: Es brauche die Durchsetzung
fairer Erzeuger:innenpreise, um das Höfesterben zu stoppen; Subventionen
dürften nicht mehr in umweltschädliche Agrarindustrie fließen; der Einsatz
von Pestiziden müsse verboten werden; Armutsbetroffene bräuchten mehr
finanzielle Unterstützung, damit sich alle Menschen gutes ökologisches
Essen leisten können. Mit vielen Punkten richtet sich das Bündnis direkt an
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne): Der spreche oft von den
richtigen Maßnahmen, habe bisher jedoch viel zu wenig tatsächlich
umgesetzt.
Außerdem wird Kritik an den kolonialen und rassistischen Strukturen der
weltweiten Nahrungsmittelverteilung laut: „Wer gibt uns das Recht,
Regenwaldflächen im Globalen Süden dafür zu nutzen, Soja dafür anzubauen,
dass die Tiere hier schnell fett und schlachtreif werden?“, fragt Reinhild
Benning von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Und als sich der Demozug nach
den Anfangskundgebungen in Bewegung setzt, wird im Block der
Jugendvertretungen ganz vorne zum Kampf gegen den Rassismus aufgerufen, dem
etliche Arbeiter:innen in der deutschen Landwirtschaft ausgesetzt
seien.
Teil des Demozuges sind auch Bäuer:innen und Bauern, angereist aus ganz
Deutschland mit rund 55 Traktoren. Schon am Morgen sind sie durch die
Berliner Innenstadt zum internationalen Agrarministergipfel gefahren und
haben Özdemir dort ihre bäuerliche Protestnote übergeben. Georg Janßen von
der AbL meint, dass sich der Minister nachdenklich gezeigt habe – etwa als
die Bäuer:innen und Bauern mehr Geld für den schnellen Umbau der
Tierhaltung forderten. Janßen hofft nun, dass Özdemir Taten folgen lässt.
Während er das sagt, winkt er nach hinten – zwischen ihm und dem Demozug
ist eine Lücke entstanden, die Menge ist zu langsam. Mit Blick auf den
Jugendblock fügt er noch an: „Ich bin sehr positiv überrascht, dass so
viele junge Menschen gekommen sind.“
21 Jan 2023
## LINKS
[1] /Fridays-for-Future/!5877974
## AUTOREN
Nanja Boenisch
## TAGS
Cem Özdemir
Landwirtschaft
Landwirtschaft
Landwirtschaft
Schwerpunkt Pestizide
Schwerpunkt Klimawandel
Landwirtschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Lebensmittel aus Hausgrillen in der EU: Neue Heimchen am Herd
Eine vietnamesische Firma darf in der EU künftig Insektenmehl verkaufen.
Dass es VerbraucherInnen untergejubelt wird, ist nicht zu befürchten.
Dürre in Argentinien: Unruhe am Soja-Markt
Paradoxe Entwicklungen in zwei der wichtigsten Erzeugerländer von Soja:
Während Brasilien so viel wie noch nie produziert, bricht in Argentinien
die Ernte ein.
Streit über Bienenkiller: Umweltschützer:innen loben EuGH
Mitgliedstaaten dürfen die von der EU verbotenen Pestizide Thiamethoxam und
Clothianidin nicht zulassen. Das hat der Europäische Gerichtshof
entschieden.
Cem Özdemir versus Bauernverband: Agrarlobby kämpft für Klimakiller
Der Bauernverband lehnt es ab, weniger Tiere zu halten – obwohl sie viel
Treibhausgas produzieren. Agrarminister Özdemir warnt die Höfe.
„Wir haben es satt!“-Demonstration: Kritik an Özdemir
Am Samstag demonstriert ein breites Bündnis aus Landwirtschaft und
Zivilgesellschaft in Berlin. Das Ziel: eine sozial- und klimagerechte
Agrarwende.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.