# taz.de -- Maroder Flugzeugträger vor Brasiliens Küste: Trotz Protesten vers… | |
> Die brasilianische Marine hat am Freitag ein Geisterschiff in ein | |
> Unterwasserwrack verwandelt. Umweltschützer warnten vor der Gefahr für | |
> das Ökosystem des Ozeans. | |
Bild: Trieb seit mehreren Monaten auf dem Meer vor dem Bundesstaat Pernambuco i… | |
Rio de Janeiro/Recife dpa/afp | Brasiliens Marine hat ein seit Monaten | |
umherirrendes und mit giftigem Material ausgestattetes Geisterschiff in | |
brasilianischen Gewässern versenkt. „Die brasilianische Marine ging mit der | |
erforderlichen technischen Kompetenz und Sicherheit vor“, hieß es in einer | |
Mitteilung der Marine am Freitag. | |
Die brasilianischen Behörden argumentierten, es sei besser, das Schiff | |
gezielt zu versenken als ein ungeplantes Kentern zu riskieren. Der Marine | |
zufolge seien dabei „die Sicherheit der Schifffahrt und der Umwelt“ sowie | |
die „Abmilderung der Folgen für öffentliche Gesundheit, Fischerei und | |
Ökosysteme“ berücksichtigt worden. | |
Der ausgemusterte Flugzeugträger war in ein Gebiet 350 Kilometer vor der | |
Küste gebracht worden, das rechtlich noch zu Brasilien gehört. Dort ist das | |
Meer rund 5000 Meter tief. | |
Das Schiff stand unter dem Namen „Foch“ 37 Jahre lang in den Diensten der | |
französischen Marine. Im Jahr 2000 wurde es von Brasilien gekauft und in | |
„São Paulo“ umbenannt. Das Schiff bereitete bald Probleme, seine | |
Modernisierung wäre jedoch zu teuer gewesen – zumal ein Brand im Jahr 2005 | |
seinen Zustand weiter verschlechterte. | |
Seit mehreren Monaten trieb die „São Paulo“ auf dem Meer vor dem | |
Bundesstaat Pernambuco im Nordosten Brasiliens. Das türkische Unternehmen | |
„Sök“ hatte den ehemaligen Flugzeugträger 2021 ersteigert. Doch als sich | |
das Schiff aus Rio de Janeiro kommend dem Mittelmeer näherte, widerrief die | |
Türkei die Erlaubnis zum Anlegen. Es wurde zurück nach Brasilien gebracht, | |
wo ihm das Anlegen wegen des Umweltrisikos ebenfalls untersagt wurde. „Sök“ | |
drohte damit, das Schiff zu verlassen. | |
## „9,6 Tonnen Asbest“ | |
[1][Die brasilianische Umweltbehörde Ibama] teilte im Januar mit, dass der | |
Flugzeugträger, der einst der französischen Marine gehört hatte, keine | |
giftige Fracht transportiere, aber Dämmplatten aus Asbest enthalte. Die | |
Behörde schlug vor, das Schiff in einer zugelassenen Werft | |
umweltverträglich zu entsorgen. | |
Auch die brasilianische Bundesstaatsanwaltschaft hatte eine Vielzahl von | |
Gerichtsverfahren angestrengt, um die Versenkung zu verhindern. Noch | |
vergangene Woche hatte die Behörde erklärt, der Flugzeugträger enthalte | |
derzeit nicht nur „9,6 Tonnen Asbest“, sondern auch „644 Tonnen Tinte und | |
andere gefährliche Materialien“. | |
Nur kurz vor der Versenkung hat dem Nachrichtenportal G1 zufolge ein | |
Gericht einen Eilantrag gegen das Vorhaben abgelehnt – mit der Begründung, | |
ein ungeplantes Kentern könnte die Umwelt noch stärker belasten oder die | |
Besatzung gefährden. Der Richter nannte die Situation demnach „tragisch und | |
bedauerlich“. | |
Umweltschützer kritisierten die Entscheidung, es zu versenken. Die | |
Organisation Robin Wood bezeichnete den ehemaligen Flugzeugträger als | |
„30.000 Tonnen schweres Giftpaket“. | |
Die Nichtregierungsorganisation Basel Action Network hatte den | |
[2][brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva] aufgefordert, | |
die „gefährliche“ Versenkung sofort zu stoppen. Lula hatte vor seinem | |
Amtsantritt Anfang Januar eine umweltpolitische Kehrtwende im Vergleich zu | |
seinem rechtsradikalen Vorgänger Jair Bolsonaro versprochen. | |
Nach der Versenkung veröffentlichten das Basel Action Network und die | |
Umweltschutzorganisationen Greenpeace und Sea Shepherd eine gemeinsame | |
Erklärung, in der sie Brasilien vorwarfen, durch die Versenkung „drei | |
internationale Verträge“ verletzt und der Meeresumwelt sowie | |
Küstenbewohnern „unermesslichen“ Schaden zugefügt zu haben. | |
Es hätte „umweltpolitisch verantwortungsvolle“ Alternativen zur Versenkung | |
gegeben, erklärte Leandro Ramos, Programmdirektor von Greenpeace Brasilien. | |
Doch erneut sei der Schutz der Ozeane vernachlässigt worden. | |
4 Feb 2023 | |
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