# taz.de -- Kämpfe im Kongo flammen neu auf: Friedensprozess vor dem Kollaps | |
> Kongo und Ruanda werfen sich gegenseitig vor, den Friedensprozess im | |
> Osten der Demokratischen Republik Kongo zu untergraben. Kämpfe in den | |
> Bergen. | |
Bild: Goma, 18. Januar: Demonstration gegen die ostafrikanische Friedenstruppe | |
KAMPALA taz | „Der Krieg hat schon längst wieder begonnen“, sagt | |
[1][Bertrand Bisimwa], politischer Führer der Rebellen der M23 (Bewegung | |
des 23. März) der taz. Er telefoniert von seinem Hauptquartier in der | |
kongolesischen Grenzstadt Bunagana aus, direkt am Schlagbaum zu Uganda. | |
„Seit zwei Tagen werden unsere Stellungen angegriffen“, erklärt er, „von | |
einer Koalition aus weißen Söldnern und Regierungssoldaten.“ | |
Die M23 schickt Videos: Darin kämpft sich ein Armee-Pick-up mit bewaffneten | |
[2][rumänischen Söldnern] auf der Ladefläche die matschige Straße in die | |
[3][Masisi-Berge] hinauf. | |
Eigentlich herrscht im Osten der Demokratischen Republik Kongo seit Mitte | |
Dezember eine Feuerpause. Darauf hatten sich die Staatschefs der | |
[4][Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC)], zu denen auch Kongos Präsident | |
Felix Tshisekedi zählt, in Daressalam in Tansania am 15. Dezember geeinigt. | |
Ein [5][Fahrplan], der in November in Angolas Hauptstadt Luanda von Ruanda | |
und Kongo vereinbart worden war, sah bereits vor, dass die M23-Rebellen | |
sich sukzessive von ihren Stellungen zurückziehen und ihre Gebiete an eine | |
Friedenstruppe der EAC übergeben – Soldaten aus Kenia sind dafür entsandt | |
worden. | |
Doch nun wird wieder scharf geschossen. Auf dem Feld meldet die M23 | |
Gefechte im Distrikt Masisi nahe den kleinen Dörfern Luseke und Mulindi, am | |
Fuße des Nyamulagira-Vulkans. Im Internet bombardieren sich die | |
Kriegsparteien mit gegenseitigen Vorwürfen und Schuldzuweisungen. | |
Die Lage ist verhärtet, Analysten und Diplomaten fürchten einen Kollaps des | |
Friedensprozesses, den die Staaten Ostafrikas für Kongo einzufädeln | |
versuchen, seit die M23 im vergangenen Jahr wieder Gebiete unter ihre | |
Kontrolle gebracht hat. | |
Kongos Regierung – die Ruanda von Anfang an vorwirft, die M23 mit Waffen | |
und Truppen unterstützt, was UN-Ermittlungen inzwischen bestätigt haben – | |
bezichtigte Ruandas Regierung am 17. Januar in einer [6][Erklärung], den | |
Friedensfahrplan zu „sabotieren“. | |
Die M23 habe sich nicht vollständig von den vereinbarten Stellungen im Ort | |
Kibumba, rund 30 Kilometer nördlich von Goma und direkt an der Grenze zu | |
Ruanda, zurückgezogen, sondern sich nur in den umliegenden Hügeln | |
versteckt, so die Regierung. Der letzte Satz der Pressemitteilung kann als | |
Kriegserklärung gelesen werden: Kongo sei „bereit für alle Eventualitäten, | |
um sich mit allen Mitteln zu verteidigen.“ | |
Prompt veröffentlichte Ruandas Regierung eine [7][Gegenerklärung]. Darin | |
wirft sie Kongo vor, seinen Teil der Vereinbarung nicht zu erfüllen: Nach | |
wie vor würde Kongos Armee lokale Milizen und die ruandischen Hutu-Rebellen | |
der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) aufrüsten, um mit | |
ihnen gemeinsam die M23 zu bekämpfen. | |
Der vereinbarte Fahrplan sehe aber vor, dass alle Milizen entwaffnet werden | |
sollen, nicht nur die M23. Die Stationierung rumänischer Söldner innerhalb | |
der kongolesischen Spezialeinheiten sei ein „klares Zeichen, dass der Kongo | |
sich für Krieg rüstet und nicht für Frieden“, so Ruanda. | |
## „Alles sehr bizarr“, sagt der Rebellenchef | |
„Das ist alles sehr bizarr“, kommentiert M23-Präsident Bisimwa die Lage | |
gegenüber der taz. Er sagt, der vereinbarte Rückzug aus den strategisch | |
wichtigen Stellungen im Grenzort Kibumba und auch im Ort Rumangabo, nur | |
wenige Kilometer nördlich, wo sich das größe Armeelager Ostkongos befindet, | |
habe planmäßig stattgefunden. „Doch warum sollen wir uns zurückziehen, wenn | |
die kongolesische Regierung Milizen und die Bevölkerung bewaffnet, um gegen | |
uns zu kämpfen?“ | |
Bisimwa besteht darauf, dass die M23 bei den Friedensverhandlungen mit am | |
Tisch sitzt. Bislang hat sich Kongos Regierung strikt geweigert, mit den | |
„Terroristen“ direkt zu verhandeln. | |
Immerhin, die M23 hat sich nun direkt mit Kenias Ex-Präsident Uhuru | |
Kenyatta getroffen, der im Auftrag der EAC die Friedensverhandlungen | |
zwischen Kongos Regierung und kongolesischen Milizen in Kenias Haupstadt | |
Nairobi geleitet hat. Die M23 war dabei bisher nicht dabei, weil Kongos | |
Regierung das ablehnte. | |
Kenyatta hat nun der M23 zugesagt, sich für einen direkten Dialog | |
starkzumachen, so eine Pressemitteilung nach dem Treffen in Kenias | |
Hafenstadt Mombasa am 12. Januar. „Wenn dies nicht geschieht, besteht das | |
große Risiko, dass sie uns den Krieg aufzwingen“, so M23-Führer Bisimwa. | |
22 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /M23-Rebellenchef-ueber-Kongo/!5893776 | |
[2] /Europaeische-Soeldner-im-Kongo/!5904737 | |
[3] /Wahlkampf-im-Kongo/!5529216 | |
[4] https://www.eac.int/ | |
[5] https://icglr.org/wp-content/uploads/2022/11/EN-Final-communique.pdf | |
[6] https://twitter.com/wembi_steve/status/1615711818059755520 | |
[7] https://www.gov.rw/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=60750&token=25b… | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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