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# taz.de -- Initiative für afghanische Musiker: Hilfetweets aus Kabul
> Die Initiative Save Kabul Musicians setzt sich für gefährdete afghanische
> Musiker*innen ein. In Deutschland fehle es an politischer
> Unterstützung.
Bild: Lebt nun in Australien: die afghanische Sängerin Zahra Elham
Einige wenige hatten Glück: Sie haben es außer Landes geschafft. Zum
Beispiel die [1][Musikerinnen der Gruppe Sound of Afghanistan,] die in
Kanada aufgenommen wurden und dort eine Refugee-Musikgruppe gründeten. Oder
[2][Sängerin Zahra Elham, die als erste Frau beim afghanischen
Deutschland-sucht-den-Superstar-Pendant gewann] und nun in Sicherheit in
Australien ist. Oder aber die Mitglieder der Musikschule Afghanistan
National Institute of Music, die [3][kollektiv ausreisen konnten.]
Doch viele tausende Musiker*innen verharren noch immer in Afghanistan,
wo sie seit der neuerlichen Machtergreifung der Taliban im August 2021 in
größter Gefahr sind. Die Islamofaschisten sehen Musik als „unislamisch“,
sie beziehen sich im religiösen Wahn übrigens auf [4][islamistische
Vordenker aus dem Mittelalter]. Instrumente werden verbrannt,
Musiker*innen verfolgt, gefoltert oder getötet.
Mehrere NGOs wie die Artistic Freedom Initiative oder hierzulande die
Initiative Save Kabul Musicians kritisieren die westlichen Regierungen
scharf: Zu wenig hätten diese bisher unternommen, um afghanische
Musiker:innen in Sicherheit zu bringen. Die Organisation [5][Save Kabul
Musicians] hat daher vor wenigen Tagen [6][eine Petition an die
Bundesregierung] gerichtet. Sie fordert die Aufnahme gefährdeter
afghanischer Musiker*innen in Deutschland, vor allem der „Kabul
Musicians“.
Die Kabul Musicians sind eine Gruppe von Musiker*innen, die – bis auf
wenige Ausnahmen – in der afghanischen Hauptstadt verblieben sind und über
einen Twitter-Account auf ihre aussichtslose Situation aufmerksam machen.
Viele von ihnen sind jahrelang von deutschen Kulturinstituten wie dem
Goethe-Institut gefördert worden und warten auf Hilfe aus dem Ausland.
## Kämpfen für die Verbliebenen
Mit gegründet hat die Kabul-Musicians-Plattform der 23-jährige Pianist und
Gitarrist Yama Ahadi. Er ist einer von nur drei Kabul Musicians, die
bislang in Deutschland aufgenommen wurden. Seit viereinhalb Monaten lebt er
in Potsdam, wo er an der Musikhochschule arbeitet.
Er sei Deutschland sehr dankbar dafür, aufgenommen worden zu sein, sagt er
der taz, doch wolle er für seine zurückgebliebenen Kolleg*innen kämpfen:
„Sie haben von der Musik gelebt. Musik war ihr Beruf. Jetzt können sie
nicht einmal mehr Musik hören. Sie haben nicht nur große finanzielle
Probleme, sondern sind in Lebensgefahr und brauchen Hilfe.“ Mit
Unterstützung von Axel Steier, Gründer und Sprecher von Mission Lifeline,
und weiteren habe er deshalb die Petition gestartet.
Der Berliner Rechtsanwalt Michael Mai setzt sich schon lange für die
Aufnahme afghanischer Künstler*innen in Deutschland ein. Es gebe eine
Evakuierungsliste der Kabul Musicians, erzählt er, eine weitere Auflistung
habe die Musikhochschule Franz Liszt in Weimar erstellt, die jahrelang eine
Kooperation mit afghanischen Musiker*innen hatte. Allein auf diesen
beiden Listen stünden bisher etwa 110 Fälle, sagt Mai („Fälle“ meint mei…
ganze Familien).
„Diese Zahlen beziehen sich aber nur auf einen kleinen Kreis von
Musiker*innen in Kabul. Auf dem Land und in anderen Städten wird es
noch sehr viele weitere bedrohte Musiker*innen geben, das geht sicher
in die Tausende.“
Seit Oktober 2022 gibt es das neue Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan, über
das bis Ende 2025 monatlich etwa 1.000 besonders gefährdete Personen
aufgenommen werden sollen. Über ein Punktesystem soll festgestellt werden,
als wie „individuell gefährdet“ jemand gelten kann. Auch Musiker:innen
können das Programm nutzen, darauf verweist das Auswärtige Amt in einer
Mail an die taz.
Doch der Start des Programms sei holprig verlaufen, kritisiert Mai, die
Verfahren zögen sich zu lange hin. „Für die Aufnahme von Künstler*innen
fehlt derzeit faktisch die politische Unterstützung“, sagt er. Auch die
Initiative Save Kabul Musicians zeigt sich enttäuscht von dem Programm:
Kein*e einzige*r Kabul Musician sei seither zusätzlich in Deutschland
aufgenommen worden. „Die deutsche Regierung sollte denen helfen, die gerade
dringend Schutz brauchen“, sagt Yama Ahadi. „Dazu zählen auch Kunst- und
Kulturschaffende.“
24 Jan 2023
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=pK7n0Vik21A
[2] https://www.abc.net.au/news/2022-09-01/zahra-elham-afghan-star-war-in-afgha…
[3] /Gefluechtetes-afghanisches-Orchester/!5908810
[4] https://theconversation.com/the-global-music-community-must-help-afghan-mus…
[5] https://www.savekabulmusicians.org/
[6] https://www.change.org/p/unser-brief-an-bundeskanzler-olaf-scholz?recruiter…
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Musik
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