# taz.de -- 30 Jahre „Focus“: Die Kaufhäuser des Journalismus | |
> Wozu gibt es noch Medien wie den „Focus“, fragt sich unser Kolumnist. | |
> Derweil feiert das Magazin sein 30-jähriges Bestehen. | |
Bild: In Feierlaune: Focus-Gründer Helmut Markwort im heimischen Arbeitszimmer | |
Kinder, wie die Zeit vergeht. Da gehste mal eben um den Block, und wenn du | |
wiederkommst, ist [1][der Focus] auch schon 30! Das ist ja zunächst mal die | |
gute Nachricht: Deutschlands Zweitnachrichtenmagazin gibt’s immer noch. | |
Auch wenn es keiner braucht. | |
Außerdem ist sich der Focus mit seiner Positionierung im | |
kleingeistigkonservativ-versifften Milieu treu geblieben. Wie damals, als | |
die taz bei der 10-Jahr-Sause ausgeladen wurde. Das Chefredaktionsbüro in | |
der Münchner Arabellastraße ließ ausrichten, Helmut Markwort lege großen | |
Wert darauf, dass die taz nicht eingeladen sei. Seine Redaktion in München | |
ist der Focus seitdem größtenteils losgeworden, seinen Übervater aber | |
nicht. Damals war er Chefredakteur, heute tobt sich Markwort als Kolumnist | |
hinten im Blatt aus. | |
Im Jubiläumsheft ereifert er sich über die 240 Ocken Aufwandsentschädigung, | |
die bei der Berliner Wahlwiederholung für ehrenamtliche Wahlvorstände | |
ausgelobt worden sind. Das sei Verschwendung, motzt Markwort. Für sein | |
eigenes Ehrenamt als Mitglied im Rundfunkrat des BR tut sich der vermutlich | |
nicht am Hungertuch nagende heutige FDP-Landtagsabgeordnete übrigens 700 | |
Euro rein. Und zwar jeden Monat, plus Sitzungsgelder. Aber das nur am | |
Rande. | |
Da ist es denn auch mit den „Fakten, Fakten, Fakten“ nicht unbedingt weit | |
her, mit denen Markwort früher immer an die Leser*innen dachte. „Der | |
Focus wurde auf Anhieb und in atemberaubend kurzer Zeit ein grandioser | |
publizistischer und unternehmerischer Erfolg“, beweihräuchert sich das | |
Blatt im Geburtstagsartikel selbst. „Mit seinem ‚modernen | |
Nachrichtenmagazin‘ löste Burda nicht weniger als eine Revolution aus“, | |
schließlich war der Focus „einst Wunderkind der deutschen Presse“. | |
## „Von Geburtstagskind zu Geburtstagskind“ | |
Sind die Geburtstagsgeschenke so spärlich ausgefallen, dass | |
Selbstüberhöhung nötig ist? Da hilft auch nicht, dass sich im | |
Jubelheft-Editorial Chefredakteur Robert Schneider massiv an die Grünen | |
ranwanzt. Die wurden 1980 gegründet und fusionierten 1993 mit Bündnis 90. | |
Weshalb ihnen Schneider jetzt ebenfalls einen 30. Geburtstag andichtet und | |
jovial „von Geburtstagskind zu Geburtstagskind“ gratuliert. | |
Aber mei, so tendenziös wie opportunistisch waren s’ beim Focus halt schon | |
immer. Deswegen darf vorne im Heft seit ein paar Jahren Jan Fleischhauer | |
mit dem „Schwarzen Kanal“ ran. Dass sich das „moderne Nachrichtenmagazin�… | |
heute mit abgehalfterten Ex-Spiegel-Kolumnisten schmücken muss, zeugt von | |
einer Tragik, die alle General-Interest-Zeitschriften eint. Sie sind die | |
Kaufhäuser des Journalismus. Und wie ihre Pendants im Einzelhandel nicht | |
mehr so sicher, wozu es sie noch gibt. „Na, für den Zeitungstanz bei der | |
Geburtstagsfete“, freut sich die Mitbewohnerin. | |
20 Jan 2023 | |
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[1] /Focus-faellt-auf-Titanic-Satire-herein/!5573864 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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