# taz.de -- Polizeigesetz in Mecklenburg-Vorpommern: Einbruch ja, Sex nein | |
> Teile des Polizeigesetzes von Mecklenburg-Vorpommern sind | |
> verfassungswidrig. Dabei geht es um Überwachung und das Liebesleben von | |
> V-Leuten. | |
Bild: Die Fußstreife der Polizei auf dem Rostocker Markt ist wenigstens erkenn… | |
FREIBURG taz | Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern darf in Wohnungen | |
einbrechen, um Staatstrojaner auf Geräten zu installieren. Das entschied | |
jetzt [1][das Bundesverfassungsgericht.] Allerdings dürfen verdeckte | |
Ermittler:innen im Küstenland keine Liebesbeziehungen zu Zielpersonen | |
eingehen. | |
Die rot-schwarze Koalition von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) | |
und dem damaligen Innenminister Lorenz Caffier (CDU) verschärfte 2019 | |
[2][das Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG)] des Landes massiv. Das SOG | |
ist ein Polizeigesetz, regelt also die Befugnisse der Polizei zur | |
Gefahrenabwehr und zur Verhinderung von Straftaten, während für die | |
Strafverfolgung die Strafprozessordnung, ein Bundesgesetz, gilt. | |
Gegen [3][die zahlreichen Verschärfungen] klagten fünf Einzelpersonen, | |
darunter der Fußballfan Sebastian Trettin und die Anwältin Katrin | |
Hildebrandt. Sie klagten stellvertretend für das Bündnis „SOGenannte | |
Sicherheit“ und die „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ (GFF). Ihre | |
Verfassungsbeschwerde hatte teilweise Erfolg. | |
Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stand 2019 der Einsatz von | |
Staatstrojanern. Wie viele andere Landespolizeien darf die Polizei in | |
Mecklenburg-Vorpommern nun auch Spähsoftware auf Smartphones und Computer | |
aufspielen, um den Inhalt der Festplatte zu kopieren(Onlinedurchsuchung) | |
oder laufende Kommunikation zu überwachen (Quellen-TKÜ). Neu war in | |
Meck-Pomm, dass die Polizei auch in Wohnungen einbrechen darf, um die | |
Trojanersoftware heimlich zu installieren. | |
## V-Leute bitte recyclen | |
Dagegen hatte das Bundesverfassungsgericht nun aber keine grundsätzlichen | |
Einwände. Zur Gefahrenabwehr seien solche Eingriffe mit dem Grundgesetz | |
(Artikel 13 Absatz 7) vereinbar. Erforderlich ist allerdings eine | |
konkretisierte Gefahr für ein Rechtsgut von sehr hohem Gewicht und eine | |
richterliche Anordnung. | |
Die konkrete SOG-Norm wurde nur beanstandet, weil sie die Eingriffsschwelle | |
nicht präzise genug beschrieb. Die GFF kritisierte, dass damit sogar der | |
polizeiliche Einbruch in Wohnungen mit schlafenden Menschen möglich ist. | |
Von grundsätzlicher Bedeutung sind die Vorgaben der | |
Verfassungsrichter:innen zum Schutz des „Kernbereichs privater | |
Lebensgestaltung“ beim Einsatz von Polizeibeamten als verdeckte | |
Ermittler:innen oder von sonstigen Spitzeln (V-Personen). So dürfen | |
keine intimen Beziehungen benutzt werden, um ein Vertrauensverhältnis zur | |
Zielperson zu schaffen und aufrechtzuerhalten. | |
Auch ähnlich tiefe nicht sexuelle Beziehungen, wie sie nur in der Familie | |
oder zwischen Lebenspartner:innen üblich sind, darf die Polizei nicht | |
gezielt einsetzen, um an Informationen zu kommen. Die Richter:innen | |
verbieten auch, jemand als V-Person gegen die eigene Partner:in | |
einzusetzen. | |
Wenn es doch zu intimen oder Liebesbeziehungen kommt, ist der Einsatz von | |
verdeckten Ermittler:innen und V-Personen abzubrechen. Er darf nur so | |
lange fortgesetzt werden, bis ein Auffliegen der polizeilichen List | |
vermieden werden kann. Es sei ein verfassungsrechtlich anerkanntes | |
Interesse, dass Undercover-Ermittler:innen mehrfach eingesetzt werden | |
können, so die Richter:innen. | |
Mehrfach kritisierte das Gericht, dass sich die neuen polizeilichen | |
Befugnisse auch auf Vorfeldstraftaten wie die Mitgliedschaft in einer | |
terroristischen Vereinigung beziehen. Hier sind künftig nur noch dann | |
heimliche Präventivmaßnahmen erlaubt, wenn bereits eine „konkretisierte | |
Gefahr“ besteht. Insgesamt beanstandeten die Verfassungsrichter:innen | |
sechs Normen des Polizeigesetzes. | |
1 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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