| # taz.de -- Papst Franziskus in Kongo: Der Papst der klaren Worte | |
| > Bei seinem Besuch in Kinshasa übt Papst Franziskus scharfe Kritik an den | |
| > Zuständen – und spendet den Menschen Trost. | |
| Bild: Heilsbringer: Der Papst auf dem Weg vom Flughafen in die Innenstadt von K… | |
| Berlin taz | Viele hatten die ganze Nacht im Freien gewartet, Gesänge und | |
| Tänze in Vorfreude zogen sich über Stunden hin. Eine Million Menschen, | |
| manche Berichte nannten bis zu zwei Millionen, strömten am Mittwoch auf dem | |
| Innenstadtflughafen Ndolo in Kongos Hauptstadt Kinshasa zur öffentlichen | |
| Messe von Papst Franziskus zusammen. Die meisten dürften von ihm kaum etwas | |
| zu Gesicht bekommen haben, aber seine [1][Predigt], in der das Oberhaupt | |
| der katholischen Kirche den „Frieden“ beschwor, hörten sie alle. | |
| „Friede sei mit euch“, diesen Bibelspruch stellte der Papst in den | |
| Mittelpunkt und stellte klar: „Das ist mehr als eine Begrüßung.“ Denn der | |
| Frieden sei erst gekommen, nachdem Jesus „unsere Einsamkeit, unsere | |
| Verlassenheit, unsere Hölle erlitt und die Entfernung überwand, die uns vom | |
| Leben und von der Hoffnung trennt“. | |
| Mit solchen Worten drückt Papst Franziskus einfach und klar die | |
| Lebenswirklichkeit der 100 Millionen Kongolesinnen und Kongolesen aus und | |
| gibt ihnen das Gefühl, ihr Elend besser zu verstehen als jeder Politiker. | |
| Und als „Quellen des Friedens“ benannte er drei Tugenden, die im Kongo | |
| selten sind – Vergebung, Gemeinschaft und Mission, also das Streben, „den | |
| Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen und die Verschwörungen des Hasses | |
| niederzureißen“ – ein durchaus politisches Programm. | |
| Nach seiner [2][Ankunft in Kinshasa] am Dienstag, wo er um genau 15.57 Uhr | |
| auf dem internationalen Flughafen Ndjili kongolesischen Boden betrat und | |
| dann in seinem „Papamobil“ auf dem von Tausenden Zuschauern gesäumten | |
| Boulevard Lumumba ins Regierungsviertel fuhr, hatte der Papst in | |
| Anwesenheit von Kongos Präsident Félix Tshisekedi, vielen hohen Politikern | |
| und dem versammelten diplomatischen Corps eine sehr politische [3][Rede] | |
| gehalten. | |
| Er verglich Kongo mit einem „Diamanten der Schöpfung“ und baute auf diesem | |
| Bild auf: Diamanten seien unvergänglich, sie bräuchten Schliff, aber dann | |
| strahlten sie; Kongos kostbarste Diamanten seien seine Kinder, denen das | |
| Land Bildung geben und Entfaltung ermöglichen müsse. Sein Appell an die | |
| Kongolesinnen und Kongolesen insgesamt lautete: „Hab Mut! Steh auf, nimm in | |
| deine Hände das, was du bist, wie einen sehr reinen Diamanten: deine Würde, | |
| deine Berufung zur Wahrung deines Hauses in Harmonie und Frieden.“ | |
| ## „Möge Afrika Gestalter seines Schicksals sein“ | |
| Kongo sei reich an Rohstoffen wie eben Diamanten, analysierte der Papst | |
| weiter, werde aber durch „Wirtschaftskolonialismus“ ausgeplündert. „Es i… | |
| ein Drama, vor dem die wirtschaftlich fortgeschrittenere Welt oft Augen, | |
| Ohren und Mund verschließt. Aber dieses Land und dieser Kontinent verdienen | |
| Respekt und Gehör. Sie verdienen Raum und Aufmerksamkeit. Hände weg von der | |
| Demokratischen Republik Kongo! Hände weg von Afrika! Hört auf, Afrika zu | |
| knebeln! Es ist keine Mine, die man ausbeutet, und kein Land, das man | |
| raubt. Möge Afrika Gestalter seines Schicksals sein!“ | |
| Der Ruf „Hände weg vom Kongo“ prangte am Mittwoch auf den Schlagzeilen der | |
| Tagespresse in Kinshasa. Die päpstlichen Appelle gegen Tribalismus und Hass | |
| fanden weniger Echo im Kontext der sich weiter verschärfenden Kämpfe im | |
| Osten des Landes [4][zwischen Regierungstruppen und der Rebellion M23] | |
| (Bewegung des 23. März), hinter der nach Kongos Überzeugung das Nachbarland | |
| Ruanda und dessen Gier nach Kongos Rohstoffen steckt. Unverkennbar ist aber | |
| die große Bedeutung, die im Kongo jedem einzelnen Wort des Papstes | |
| zugeschrieben wird. | |
| „In einem Land, wo mangels realer Antworten auf die Probleme der | |
| Bevölkerung der Glaube an Wunder tief verankert ist, glaubt man, dass | |
| Papstworte das alltägliche Elend des Volkes verändern“, analysiert | |
| gegenüber der taz Onesphore Sematumba, Analyst der International Crisis | |
| Group im ostkongolesischen Goma. „Sie sollen im Osten Frieden und ansonsten | |
| Brot bringen. Und glaubwürdige Wahlen.“ | |
| Auch letzteres vergaß der Papst nicht in seiner Ansprache. Ebenso wenig der | |
| Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Fridolin Ambongo, der sein Grußwort an | |
| den Papst bei der Messe in Ndolo für den Ruf nutzte: „Wir hoffen in diesem | |
| Land auf freie, transparente, inklusive und friedliche Wahlen.“ Riesiger | |
| Applaus brandete aus der gigantischen Menschenmenge auf. Zu den Zuhörern | |
| gehörten nicht nur Präsident Tshisekedi, sondern auch seine voraussichtlich | |
| wichtigsten Gegner bei den kommenden Wahlen Ende des Jahres. Expräsident | |
| Joseph Kabila fehlte. | |
| 1 Feb 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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