# taz.de -- Papst Franziskus in Kinshasa: Wer, wenn nicht der Papst? | |
> Papst Franziskus hat gegen die Ausbeutung Afrikas eine klare Ansage | |
> gemacht. Er gewinnt damit eine Autorität, die er woanders längst nicht | |
> mehr hat. | |
Bild: Gläubige empfangen Papst Franziskus am Flughafen Ndolo in Kinschasa | |
Die Welt wird wohl nie erfahren, was in den Köpfen der versammelten | |
Würdenträger und Diplomaten in Kinshasa vorging, als [1][Papst Franziskus | |
am Dienstagabend vor sie trat] und in seiner Ankunftsrede in der | |
Demokratischen Republik Kongo Töne anschlug, wie sie das Land in einem | |
solchen weltweit beachteten Ausmaß zuletzt 1960 von seinem berühmtesten | |
Freiheitshelden Patrice Lumumba gehört hatte. „Hände weg von der | |
Demokratischen Republik Kongo! Hände weg von Afrika!“, rief das Oberhaupt | |
der katholischen Kirche den Reichen und Mächtigen zu. „Hört auf, Afrika zu | |
knebeln! Es ist keine Mine, die man ausbeutet, und kein Land, das man | |
raubt. Möge Afrika Gestalter seines Schicksals sein!“ | |
Was erlaubt sich dieser alte weiße Mann, mögen da manche gedacht haben: | |
„Hände weg!“ ausgerechnet vom Führer einer Weltkirche, die wie keine ande… | |
Institution die europäische Unterwerfung der Erde geprägt hat, von der | |
[2][imperialen Conquista] in Amerika bis zur Kolonisierung Afrikas, mitsamt | |
all der Auslöschung einheimischer Kulturen, Sprach- und Glaubenswelten? Und | |
die bis heute selbst im Herzen Afrikas eine ambivalente Rolle spielt? | |
Zumindest Teile der katholischen Kirche unterstützten vor einer Generation | |
aktiv den Völkermord an den Tutsi in Ruanda, und auch im Kongo sind nicht | |
alle Katholiken vor dem Gift der Hetze gefeit, das der Papst jetzt | |
ebenfalls zu Recht angeprangert hat. | |
## Katholische Kirche genießt Respekt | |
Und doch: Wer, wenn nicht der Papst? Kein Politiker im Kongo kann so | |
glaubhaft und unverblümt mutige Worte aussprechen und sich solche Mahnungen | |
an die Machthaber leisten, an der Grenze zu einer Dreistigkeit, für die | |
einfache Kongolesen im Gefängnis landen. Denn keine Institution im Kongo | |
genießt mehr Respekt als die katholische Kirche, deren Priester eine | |
fundamentale Rolle im Zusammenhalt der Gesellschaft in Zeiten von | |
Verelendung und Hass spielen und deren Anführer immer wieder furchtlos das | |
Wort gegen die Staatslenker erheben. | |
Nur deswegen kann der Papst in Kinshasa jetzt so sprechen und auch Gehör | |
finden. Offiziell ist Franziskus gekommen, um Kongos Kirche Solidarität zu | |
spenden. In Wahrheit spendet Kongos Kirche dem Papst während seines | |
Besuches eine Autorität, die er andernorts auf der Welt längst nicht mehr | |
beanspruchen kann. Und in der Summe gewinnen die Menschen der | |
Demokratischen Republik Kongo dadurch, dass er an ihrer Seite steht und das | |
auch sagt, ein Stück Stolz und Würde zurück. | |
Der Auftritt in Kinshasa wird das Elend der Kongolesen nicht beenden. Aber | |
sowohl dem Papst als auch den Menschen erleichtert er zumindest für eine | |
kurze Zeit den aufrechten Gang. | |
1 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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