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# taz.de -- Rohstoffschmuggel im Ostkongo: Schmutziges Gold, fragwürdige Straf…
> Der Goldhändler Alain Goetz schmuggelte jahrelang Rohstoffe aus der
> Demokratischen Republik Kongo. Seit Dezember steht er unter
> EU-Sanktionen.
Bild: Alain Goetz, Geschäftsführer der African Gold Refinery
Brüssel taz | Es besteht wenig Zweifel daran, dass der Osten der
Demokratischen Republik Kongo Schauplatz gigantischer
[1][Goldschmuggelaktivitäten] ist. Laut einem Interpolbericht von 2018
werden von den 13 Tonnen Gold, die dort jedes Jahr geschürft werden, 95 bis
98 Prozent undeklariert in die Nachbarländer gebracht, meist zum
Weiterexport nach Dubai und Belgien. Über 270.000 Goldschürfer sind nach
Angaben der belgischen Recherchegruppe Ipis in Ostkongo aktiv.
Jahrzehntelang war einer der wichtigen Akteure dabei der Belgier Tony
Goetz. In Burundis Hauptstadt Bujumbura unterhielt er eine Handelsfirma und
eine Fluglinie. Seit 1987 holte er Gold direkt in Ostkongo und raffinierte
es in Burundi zum Weiterverkauf nach Belgien, wie vor zwanzig Jahren sein
Sohn Alain Goetz vor einem belgischen Senatsausschuss aussagte. Ab 1997
verlagerten sie ihre Aktivitäten nach Goma im Kongo. Vor dem Senat gestand
Alain Goetz, es sei durchaus möglich, dass damals Gold nach Uganda
ausgeflogen wurde und man dafür an Kongos damalige Rebellen in Goma Steuern
zahlte. Später wurde Uganda Zentrum der Goetz-Aktivitäten.
Am 8. Dezember 2022 setze die EU Alain Goetz, mittlerweile 57 Jahre alt,
auf ihre Kongo-Sanktionsliste, zusammen mit sechzehn kongolesischen
Warlords. Goetz wurde in seiner Funktion als ehemaliger Direktor der Firma
African Gold Refinery (AGR) in Ugandas Hauptstadt Kampala sanktioniert.
Diese kaufe Gold aus Minen unter Milizenkontrolle in der ostkongolesischen
[2][Provinz Südkivu], so der EU-Rat; Goetz sei effektiver Nutznießer der
AGR-Aktivitäten und profitiere damit von der Instabilität im Kongo. Nach
US-Angaben raffinierte AGR im Jahr 2018 pro Woche 150 Kilo Gold aus
Ostkongo, also im ganzen Jahr 8,5 Tonnen mit einem Wert von 496 Millionen
US-Dollar, was fast den kompletten Goldexporten Ugandas entsprach. Alle
Goetz-Firmen kamen auf die schwarze Liste der EU: Agor DMCC und Gold LLC in
[3][Dubai], AGR International auf den Seychellen und die vier belgischen
Unternehmen Alaky, CG-Vastgoed Invest, Oroflino und WWG Diamonds.
## Der Belgier wird aus seinem eigenen Land ausgesperrt
Die EU-Sanktionen folgten auf US-Sanktionen im März 2022. Damals sagte
Brian Nelson vom US-Finanzministerium: „Das Goetz-Netzwerk liefert [4][Gold
aus Kongo], Kenia, Südsudan und Tansania. Seine Firmen erhalten illegales
Gold aus Minen in Teilen Kongos unter Kontrolle bewaffneter Gruppen.“
Wie alle Menschen auf der EU-Sanktionsliste darf nun auch Alain Goetz nicht
mehr in die EU einreisen und seine Guthaben dort sind eingefroren. Es ist
das erste Mal, dass ein europäischer Unternehmer solchen Strafen
unterworfen wird. Der Belgier wird aus seinem eigenen Land ausgesperrt.
Gegenüber der taz kündigt Goetz durch seine Anwältin Fleur van der Hoeven
Rechtsmittel an: Laut EU-Recht ist ein Staat nicht dazu verpflichtet, die
Einreise der eigenen Staatsbürger zu verhindern, wenn diese unter
Sanktionen stehen. Mehrere belgische Juristen sagen auf taz-Anfrage, Goetz
könne vor Gericht gute Chancen haben, da das Einreiseverbot gegen ihn seine
Grundrechte verletze. „Niemandem darf das Recht entzogen werden, in das
Hoheitsgebiet des Staates einzureisen, dessen Angehöriger er ist“, lautet
Artikel 3 des Protokolls Nr. 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention
von 1963.
Goetz sei seit Februar 2018 nicht mehr Aktionär von AGR in Uganda und seit
November 2018 auch nicht mehr ihr Direktor, so van der Hoeven, sondern nur
noch „Berater“. Kongo habe er seit zwanzig Jahren nicht mehr betreten. AGR
habe sich verpflichtet, Gold nur rechtmäßig zu erwerben und alle
internationalen Regelwerke einzuhalten.
Berichte wie der der US-Rechercheorganisation The Sentry 2018, die schwere
Vorwürfe gegen AGR enthalten, basierten auf unvollständigen Recherchen und
stützten sich auf die Aussagen von Schmugglern, ohne diese zu überprüfen.
Diese „Diffamierungen“ seien auch die einzige Grundlage der US-Sanktionen,
auf denen die EU-Sanktionen basieren, die ohne individuelle Begründung und
ohne juristische Prüfung der Vorwürfe ausgesprochen worden seien. Goetz sei
nie von einem EU-Organ oder einer belgischen Instanz angehört worden.
## An den Minen bereichern sich Militärangehörige
Auf der UN-Sanktionsliste steht der Belgier nicht. Und es ist fraglich, ob
Sanktionen die Kommerzialisierung von Gold aus irregulären kongolesischen
Minen wirklich erschweren. Viele Minen [5][Ostkongos werden zwar nicht von
bewaffneten Gruppen kontrolliert], aber kongolesische Militärangehörige
bereichern sich daran. Es gibt in Uganda auch indische Unternehmen, die
Gold aus Kongo kaufen. Und die bestehenden Zertifizierungsprogramme für
Tantal, Zinn und Wolfram aus Ostkongo haben die Sicherheitslage in der
Region keineswegs verbessert – die Konflikte dort sind heute so intensiv
wie lange nicht.
All dies zu ändern, wäre Sache von Kongos Regierung. Am 13. Januar wurde
auf einer Zeremonie in Anwesenheit von Präsident Félix Tshisekedi erstmals
eine symbolische Übergabe von „konfliktfreiem“ Gold aus Kongo vollzogen: 28
Kilo Gold aus Südkivu wurden der Firma Primera Gold übergeben, ein Joint
Venture zwischen dem kongolesischen Staat und der Primera-Gruppe aus den
Vereinigten Arabischen Emiraten.
Die 28 Kilo sind mehr als die 26 Kilo Schürfergold, die die Demokratische
Republik Kongo im gesamten Jahr 2021 offiziell exportiert haben will – die
reale Förderung lag eher bei 20 Tonnen. Primera Gold hat nach eigenen
Angaben 30.000 Goldschürfer identifiziert, die als Lieferanten infrage
kommen und dafür bezahlt und versorgt werden sollen. Eine weitere Firma,
Primera Metals, soll auf die gleiche Weise Zinn, Wolfram und Tantal
vermarkten und damit laut Kongos Präsidentschaft „den Schmuggel und die
illegale Ausbeutung stoppen“.
Tshisekedi hatte 2021 Abu Dhabi besucht. Am 18. September 2022 vereinbarte
Kongos Premierminister Jean-Michel Sama Lukonde mit Primera Investitionen
von einer Milliarde US-Dollar in Bergbau, Landwirtschaft und Erneuerbare
Energien im Kongo. Es bleibt zu zeigen, ob der Goldschmuggel in die
Emirate, bisher der wichtigste Schmuggelweg für kongolesisches Gold, damit
nun endet.
2 Feb 2023
## LINKS
[1] /Schmuggel-im-Kongo/!5144977
[2] /Illegaler-Goldhandel-in-der-Coronakrise/!5702622
[3] https://www.nzz.ch/international/dubai-das-neue-mekka-fuer-schmuggelgold-au…
[4] /Umstrittene-Geschaefte-in-Zentralafrika/!5693175
[5] https://www.dw.com/en/drc-investigating-the-human-cost-of-conflict-gold/a-6…
## AUTOREN
François Misser
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