# taz.de -- Kein Schulbesuch für Heimkinder: Riskante Exklusion der Schwächst… | |
> Schleswig-Holstein muss endlich die Schulpflicht für Heimkinder ins | |
> Gesetz schreiben. Statt sich vertrösten zu lassen, sollten Grüne darauf | |
> bestehen. | |
Bild: Ankunft im Klassenzimmer – manche Heimkinder müssen lange darauf warten | |
Die Grünen versprachen mal wieder mehr, als sie einlösen. Beim Thema | |
[1][Schulpflicht für Heimkinder] aus anderen Ländern, bleibt es bei dem | |
umstrittenen „Erlass-Weg“, den CDU-Ministerin Karin Prien schon vor fünf | |
Jahren einschlug. Für diese Kinder [2][gibt es keine Schulpflicht per | |
Gesetz]. Sie „können“ in die Schule, wenn nicht „erzieherische Gründe“ | |
dagegen sprechen. Dann heißt es: Erst mal ab in die Heimschule. Und das | |
offenbar für ziemlich lange Zeit. | |
Sicher gibt es gute Modelle für heiminternen Unterricht, etwa für Kinder, | |
die an Schulphobie leiden und [3][partout nicht in die Schule wollen]. | |
Aber die Qualität und die Dauer solcher Maßnahmen muss staatlich beäugt | |
werden. Und dafür wäre eine Schulpflicht – wie die Grünen sie eigentlich | |
wollten – nur hilfreich. | |
Der Weg, den Schleswig-Holstein geht, ist riskant. Es gilt als | |
„Heimkinder-Importland“ mit einer Häufung von kleinen Heimen in wenigen | |
Kreisen. In solchen Heimen kann es auch zu unguten Situationen kommen – so | |
wie es Familien belastet, wenn Eltern und Kinder rund um die Uhr nur | |
aufeinander hocken. Haben die Kinder die Schule als zweiten Anlaufpunkt und | |
dort Lehrkräfte und andere Kinder als Ansprechpartner, schützt es sie | |
auch. | |
Wenn es in einigen Regionen „räumliche Konzentrationen“ von Heimen gibt, | |
weshalb Bildungsministerin Karin Prien im Bildungsausschuss „doch sehr | |
schwierige Situationen“ kommen sah, dann müssen die Schulen dort eben auch | |
mit Ressourcen für Inklusion ausgestattet werden. Es darf keine Exklusion | |
für Kinder von außerhalb geben. | |
## Das Land hat keinen Überblick | |
Dass es die leider gibt, dafür sprechen die wenigen Daten, die der | |
„Regierungsbericht“ von 2021 hergab. Diese Kinder sind seltener in der | |
Schule und werden häufiger heimintern beschult – wofür praktischerweise die | |
Heimat-Jugendämter der Kinder zahlen. Doch der Bericht zeigt auch: Das Land | |
hat gar keinen Überblick über den Lernort aller Heimkinder. | |
Karin Prien war, bevor sie Ministerin wurde, in Hamburg nicht als | |
Verfechterin der Inklusion bekannt. Zu den Herausforderungen einer | |
schwarz-grünen Regierung gehört die Bildungs- und Sozialpolitik. Und hier | |
hakt es offenbar. Die Zeit, die die Ministerinnen erbaten, um zu sehen, ob | |
ihr Erlass wirkt und es auch ohne Gesetz geht, [4][läuft im Grunde schon | |
seit 2017], als dieser erstmals in die Welt kam. Wie sozial eine Regierung | |
ist, entscheidet sich daran, wie sie mit den Schwächsten umgeht. Und um | |
genau die geht es hier. | |
4 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-Bildung-fuer-Heimkinder/!5909077 | |
[2] /Recht-auf-Bildung/!5572922 | |
[3] /Debatte-um-eine-Zwangsinstitution/!5475654 | |
[4] https://www.landtag.ltsh.de/nachrichten/18_04_schulpflicht/ | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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