| # taz.de -- Entwurf für Wahlrechtsreform: Weg vom XXL-Bundestag | |
| > Das Parlament soll wieder auf sein Normalmaß schrumpfen. Ein | |
| > Gesetzentwurf von Rot-Grün-Gelb sieht künftig 598 statt der derzeit 736 | |
| > Abgeordneten vor. | |
| Bild: Mega-Parlament soll schrumpfen | |
| Berlin dpa | Die Ampel-Fraktionen haben einen Gesetzentwurf für eine | |
| Wahlrechtsreform vorgelegt, der den Bundestag wieder auf seine Regelgröße | |
| von 598 Abgeordneten verkleinern würde. Durch Überhang- und | |
| Ausgleichsmandate war das Parlament immer weiter gewachsen – auf zuletzt | |
| 736 Abgeordnete. Ursprünglich sollte der Gesetzentwurf [1][bereits im | |
| September vorliegen]. | |
| Der Gesetzentwurf von SPD, Grünen und FDP sieht nun vor, dass es künftig | |
| keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr geben soll. Dies kann zur Folge | |
| haben, dass in einem Wahlkreis direkt gewählte Abgeordnete keinen Sitz im | |
| Bundestag erhalten werden. | |
| Die Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen im Bundestag schickten den | |
| Gesetzentwurf am Sonntag an CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU). In | |
| einem Schreiben boten sie Gespräche darüber an. „Die Fraktionen der | |
| demokratischen Mitte eint, eine massive Vergrößerung des Bundestages über | |
| seine gesetzliche Regelgröße für zukünftige Bundestagswahlen vermeiden zu | |
| wollen“, heißt es darin. „Deshalb möchten wir für die nächste | |
| Bundestagswahl eine Lösung finden, die breit getragen werden kann.“ Brief | |
| und Gesetzentwurf liegen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor. | |
| Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über die Erststimmen mehr | |
| Mandate erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Diese | |
| zusätzlichen Mandate darf die Partei behalten. Die anderen Parteien | |
| erhalten dafür Ausgleichsmandate. | |
| [2][Aktuell ist der Bundestag eines der größten Parlamente der Welt.] Nach | |
| dem Gesetzentwurf bleibt es bei der bisherigen Einteilung in 299 Wahlkreise | |
| und bei zwei Stimmen, die jede Wählerin und jeder Wähler vergeben kann. Für | |
| die Sitzverteilung im Bundestag sollen künftig allein die Zweitstimmen | |
| ausschlaggebend sein. Sie werden im Entwurf „Hauptstimmen“ genannt, die | |
| Erststimmen heißen „Wahlkreisstimmen“. | |
| Über das Hauptstimmenergebnis wird berechnet, wie viele der 598 Mandate | |
| jeder Partei bundesweit zustehen und wie sich diese auf die einzelnen | |
| Landeslisten verteilen. Gewinnt eine Partei weniger Wahlkreise direkt, als | |
| ihr Mandate zustehen, werden die restlichen Mandate über die Liste | |
| verteilt. | |
| Gewinnt sie aber mehr Wahlkreise direkt, als Sitze nach dem | |
| Hauptstimmenergebnis auf sie entfallen, gehen die Kandidatinnen und | |
| Kandidaten mit dem schlechtesten Wahlkreisstimmenergebnis leer aus. „Die | |
| erfolgreiche Kandidatur im Wahlkreis setzt also künftig neben der relativen | |
| Mehrheit eine Deckung durch Hauptstimmen voraus“, heißt es dazu im | |
| Gesetzentwurf. | |
| Der Verzicht auf Überhang- und Ausgleichsmandate würde alle Parteien | |
| treffen. Bei der Bundestagswahl 2021 gab es davon 138. Davon entfielen auf | |
| die Union 41, auf die SPD 36, auf die Grünen 24, auf die FDP 16, auf die | |
| AfD 14 und auf die Linke 7. | |
| Der Gesetzentwurf soll in dieser Woche von den Fraktionen beraten werden. | |
| Er dürfte auch in den Reihen der Ampel nicht auf ungeteilte Zustimmung | |
| stoßen, weil sich Abgeordnete ausrechnen können, dass sie mit den neuen | |
| Regeln bei der nächsten Wahl ihr Mandat verlieren werden. | |
| Noch größer dürfte der Widerstand bei der Union werden. CDU und vor allem | |
| CSU haben in den vergangenen beiden Legislaturperioden eine wirksame | |
| Wahlrechtsreform verhindert, weil sie von den geltenden Regelungen am | |
| meisten profitierten. Sie ließen sogar Reformversuche der | |
| Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und Wolfgang Schäuble (beide CDU) ins | |
| Leere laufen. | |
| „Die Zeit der Ausreden für eine echte Wahlrechtsreform muss vorbei sein. | |
| Der Deutsche Bundestag muss kleiner werden“, sagte am Sonntag Konstantin | |
| Kuhle, der Obmann der FDP in der Bundestags-Kommission zur Reform des | |
| Wahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit. Die | |
| Ampel-Fraktionen zeigten hierfür jetzt einen Weg auf und machten der Union | |
| ein konkretes Gesprächsangebot. „Wir wollen, dass eine Reform des | |
| Bundestagswahlrechts von einer breiten Mehrheit des Parlaments beschlossen | |
| wird, um die Akzeptanz des neuen Wahlrechts sicher zu stellen“, betonte | |
| Kuhle. | |
| 15 Jan 2023 | |
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