Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ampel plant Wahlrechtsreform: CSU wittert „Wahlfälschung“
> Nach dem Willen der Ampel soll künftig alleine die Zweitstimme
> entscheidend für die Anzahl der Sitze im Bundestag sein. Die Union empört
> das.
Bild: Wieviele dieser blauen Sitze bleiben nach der Reform im Bundestag?
Berlin taz | Ob in der CSU bereits ein Sturm des Berliner Reichstags
geplant wird? Mit äußerst heftigen Worten hat jedenfalls der
Generalsekretär der bayrischen Regionalpartei, Martin Huber, auf die Pläne
der Ampelkoalition zur [1][Reform des Bundestagswahlrechts] reagiert. Mit
ihrem Vorschlag betrieben SPD, Grüne und FDP „[2][organisierte
Wahlfälschung“], wetterte Huber am Montag in München. „Das kennen wir son…
nur aus Schurkenstaaten.“
Der Grund für Hubers Zorn ist ein jetzt von den drei Regierungsparteien
vorgelegter Gesetzentwurf, mit dem der Bundestag wieder auf seine
Regelgröße von 598 Abgeordneten verkleinert werden soll. Derzeit sitzen 736
Abgeordnete im Parlament – dank Überhang- und Ausgleichsmandaten. Solche
Überhangmandate entstehen, wenn die eine oder andere Partei in einem oder
mehreren Bundesländern mehr Direktmandate holt, als ihr nach dem
Zweitstimmenergebnis an Parlamentssitzen zustehen würde. Nach einem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts müssen diese zusätzlichen Mandate weitgehend
für die anderen Parteien proportional zu ihrem Zweitstimmenanteil
ausgeglichen werden.
Derzeit hat der Bundestag 34 Überhangmandate, 12 davon gehen auf das Konto
der CDU, 11 auf das der CSU. 10 Überhangmandate gewann die SPD und eines
die AfD. Die meisten der 104 Ausgleichsmandate erhielt die SPD (26),
gefolgt von den Grünen (24). Auf die CDU entfielen 18, auf die FDP 16, auf
die AfD 13 und auf die Linkspartei 7.
## CSU hat Grund zur Sorge
Nach dem [3][Willen der Ampelparteien] sollen Überhang- und
Ausgleichsmandate künftig vollständig wegfallen. Entscheidend für die
Mandatszahl einer Partei wäre demnach ausschließlich die Zweitstimme, die
deswegen auch in „Hauptstimme“ umbenannt werden soll. Verbunden damit ist,
dass nicht mehr zwangsläufig aus jedem Wahlkreis ein Abgeordneter in den
Bundestag gewählt würde.
Das dürfte vor allem auf Kosten bislang direkt gewählter CSU-Abgeordneter
gehen. Denn die CSU hat bei der vergangenen Bundestagswahl zwar – bis auf
eine grüne Ausnahme – sämtliche Wahlkreise in Bayern direkt gewonnen, kam
landesweit jedoch nur auf knapp ein Drittel der Stimmen. Entsprechend groß
ist ihre Empörung. Die Ampel stelle sich über den Wählerwillen der
Bürger:innen und lege „damit die Axt an unser demokratisches Fundament“,
sagte Huber. „Das ist verfassungswidrig und das werden wir nicht
akzeptieren.“
Bei der Schwesterpartei CDU wird das ähnlich gesehen. Aus Gewinner:innen
könnten plötzlich Verlierer:innen werden, „weil jemand, der eigentlich
einen Wahlkreis gewonnen hat, dann nicht in den Bundestag einzieht“,
kritisierte der CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling, Obmann der Union in der
Kommission zur Reform des Wahlrechts. Und er drohte mit dem Gang nach
Karlsruhe: „Wer auf verfassungsrechtlichem Sand baut, muss damit rechnen,
dass das Verfassungsgericht angerufen wird“, sagte Heveling dem
Fachinformationsdienst Table.Media.
Entspannter reagierte die linke Parlamentsopposition. So kritisierte zwar
der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, es sei
„weder klug noch respektvoll“, dass die Ampelkoalition nicht den
Abschlussbericht der Wahlrechtskommission abgewartet habe. Aber inhaltlich
gehe der Gesetzentwurf „in weiten Teilen sicher in die richtige Richtung“,
sagte er der taz.
Wenn man den Bundestag verkleinern wolle, „müssen Überhang- und
Ausgleichsmandate wegfallen und alle Parteien entsprechend Mandate
verlieren“. Sinnvoll sei ebenfalls, dass die Grundmandatsklausel erhalten
bleibe und Einzelbewerber:innen auch weiter kandidieren können.
Bedauerlich sei hingegen, „dass die Ampel nicht den Mut aufbringt, das
Thema Parität anzugehen“, sagte Korte. „Wir werden den Gesetzentwurf jetzt
jedenfalls genau prüfen und beraten.“
16 Jan 2023
## LINKS
[1] /Entwurf-fuer-Wahlrechtsreform/!5908800
[2] /Reform-des-Wahlrechts/!5908808
[3] /Ampel-einigt-sich-auf-Wahlrechtsreform/!5866126
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Ampel-Koalition
Bundestag
Wahlrecht
Mandat
Ampel-Koalition
Ampel-Koalition
Bundestag
Wahlrecht
Ampel-Koalition
Ampel-Koalition
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bundestag debattiert Wahlrechtsreform: „Wir machen das jetzt“
Alle Fraktionen wollen, dass der Bundestag verkleinert wird. Die Debatte
aber zeigt: Einen gemeinsamen Weg dahin wird es kaum geben.
Was will die Wahlrechtsreform?: 598 Sitze müssen reichen
Der Bundestag ist nach dem chinesischen Volkskongress das zweitgrößte
Parlament der Welt. Eine Wahlrechtsreform der Ampelkoalition soll das
ändern.
Geplante Wahlrechtsreform: Unschön, aber wohl legal
Die CSU übertreibt mit ihren Vorwürfen gegen die geplante Wahlrechtsreform
der Ampel. Eine Debatte über die Nachteile der Pläne aber lohnt.
Reform des Wahlrechts: Union sieht Verfassungswidrigkeit
Die Ampelkoalition hat sich auf einen Gesetzentwurf für ein neues
Bundestagswahlrecht verständigt. Die Union äußert Kritik.
Entwurf für Wahlrechtsreform: Weg vom XXL-Bundestag
Das Parlament soll wieder auf sein Normalmaß schrumpfen. Ein Gesetzentwurf
von Rot-Grün-Gelb sieht künftig 598 statt der derzeit 736 Abgeordneten vor.
Ampel einigt sich auf Wahlrechtsreform: Der Bundestag soll kleiner werden
Die Ampel hat sich auf Eckpunkte einer Wahlrechtsreform verständigt,
Überhang- und Ausgleichsmandate sollen wegfallen. Die Union will dagegen
klagen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.