# taz.de -- Geplante Wahlrechtsreform: Unschön, aber wohl legal | |
> Die CSU übertreibt mit ihren Vorwürfen gegen die geplante | |
> Wahlrechtsreform der Ampel. Eine Debatte über die Nachteile der Pläne | |
> aber lohnt. | |
Bild: Der Bundestag soll verkleinert werden, nur wie? | |
Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Das gilt auch für die von der | |
Ampelkoalition geplante Verkleinerung des Bundestags. Wenn es künftig keine | |
Überhang- und Ausgleichsmandate mehr gibt, könnte es dazu kommen, dass | |
einige Wahlkreise am Ende keinen direkt gewählten Abgeordneten mehr haben. | |
[1][Die CDU/CSU hält das für verfassungswidrig]. | |
Doch vermutlich hat die Union damit unrecht. Das Grundgesetz gibt kein | |
konkretes Wahlsystem vor. Im Grundgesetz steht nicht, dass jeder Wahlkreis | |
am Ende einen eigenen Abgeordneten haben muss. Der Bundestag hat vielmehr | |
relativ große Gestaltungsfreiheit, solange er das gewählte System gerecht | |
ausgestaltet. | |
Der CSU-Abgeordnete Volker Ulrich sprach vom Bruch mit einer | |
„Wahlrechtstradition“. Da hat er recht. Bisher war es üblich, dass es in | |
jedem Wahlkreis mindestens einen Abgeordneten gibt. Aber Traditionen sind | |
Brauchtum und nicht rechtlich einklagbar, nicht einmal in Bayern. | |
Die starken Worte aus der CSU – Generalsekretär Martin Huber verstieg sich | |
sogar zum Vorwurf einer „organisierten Wahlfälschung“ – sind wohl vor al… | |
ein Vorgeschmack auf den bayerischen Landtagswahlkampf. Dort mögen Angriffe | |
gegen neumodische Gesetze aus der Berliner Hauptstadt gut ankommen. Für die | |
Akzeptanz der Demokratie sind solche dummdreisten Betrugsunterstellungen | |
allerdings höchst unerfreulich. Wahlkampf auf Trump-Niveau nützt vor allem | |
den Feind:innen der Demokratie. | |
Dennoch lohnt sich eine offene Debatte [2][über das Modell der | |
Ampelkoalition]. Denn es führt dazu, dass es gerade in besonders umkämpften | |
Wahlkreisen am Ende keinen örtlichen Abgeordneten geben wird, weil der | |
Stimmenanteil der Gewinner:in zu niedrig ist. | |
Wo SPD, Union und Grüne Kopf an Kopf liegen, kann man einen Wahlkreis schon | |
mit 20 bis 25 Prozent der Stimmen gewinnen. Da ist die Legitimation zwar | |
nicht besonders hoch, aber dafür ist der Wahlkampf ums Direktmandat | |
besonders spannend. Dass aber gerade die spannendsten Wahlkämpfe am Ende | |
irrelevant sein sollen, ist auch unschön. | |
18 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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