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# taz.de -- Anhörung zur Wahlrechtsreform: Mit dem Grundgesetz vereinbar
> Die Ampel will den Bundestag verkleinern. Bei der Anhörung im Ausschuss
> zeigt sich: Die meisten Sachverständigen haben keine Bedenken.
Bild: Der Bundestag soll kleiner werden: Blick in den Plenarsaal
Berlin taz | Bei der Anhörung [1][zur Wahlrechtsreform], die der
Innenausschuss des Bundestags am Montagmittag durchgeführt hat, hielt die
Mehrheit der Sachverständigen den Gesetzentwurf der Ampel für mit dem
Grundgesetz vereinbar.
Allein die beiden Expert*innen, die auf Vorschlag der Union Stellung
nahmen, formulierten verfassungsrechtliche Bedenken. Ihr Hauptproblem: dass
die Wahlkreisstimme, mit der die Direktkandidat*innen im Wahlkreis
gewählt werden, an Bedeutung verliere. Die Wahlkreisstimme werde zu Beiwerk
degradiert, sagte etwa die Jura-Professorin Stefanie Schmahl von der
Universität Würzburg. Das verletze die Unmittelbarkeit der Wahl und sei
verfassungsmäßig problematisch.
Mit dem Gesetzentwurf, den die Ampelkoalition in den Bundestag eingebracht
hat, soll das Parlament auf seine Richtgröße von 598 Abgeordneten begrenzt
werden, derzeit sind es 736. Dafür sollen Überhang- und Ausgleichsmandate
wegfallen. Diese entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr
Direktmandate holt, als sie nach dem Zweitstimmenergebnis bekommen würde.
Nach den Berechnungen der Ampel wären [2][von der Reform alle im Bundestag]
vertretenen Fraktionen gleichermaßen betroffen.
Schafft man die Überhang- und Ausgleichsmandate ab, kann es passieren, dass
jemand, der einen Wahlkreis gewonnen hat, nicht in den Bundestag einzieht.
Hier setzt die Kritik der Union und der von ihr geladenen Expert*innen
an. Die anderen acht Sachverständigen kritisierten dies nicht. Bei drei von
ihnen ist das nicht überraschend, sie haben an dem Gesetzentwurf der Ampel
mitgearbeitet. Sophie Schönberger von der Universität Düsseldorf, die auf
Vorschlag der SPD geladen war, hat das aber nicht. In der Anhörung betonte
sie sogar, dass sie ein anderes Konzept bevorzugt hätte. Sie sagte aber
auch, dass der Vorschlag der Ampel „einen gordischen Knoten“ durchschlage.
Er sichere die vorgesehene Größe des Bundestags und die Proportionen des
Wählerwillens. Beides sei jahrzehntelang nicht der Fall gewesen.
## Gesetzentwurf soll bis Ostern verabschiedet werden
Auch Uwe Volkmann von der Uni Frankfurt, der auf Vorschlag der Grünen dabei
war, sprach von einer „großen politischen Leistung“, die viele dem
politischen System nicht zugetraut hätten. Beide betonten, dass aus ihrer
Sicht der [3][Gesetzentwurf grundgesetzkonform] sei. Schönberger machte
klar, dass das deutsche Wahlrecht im Kern ein Verhältniswahlrecht sei und
der Gesetzgeber deshalb regeln könne, wie genau die von den Parteien
errungenen Sitze besetzt werden.
Besonders deutlich machte dies Jelena von Achenbach von der Universität
Gießen, die an dem Entwurf mitgearbeitet hat. „Es gibt keinen Anspruch auf
ein Wahlkreismandat“, so die Juristin. Entscheidend seien die gesetzlichen
Bestimmungen. Das jetzige Wahlrecht dürfe nicht zum Maßstab der
Verfassungsmäßigkeit gemacht werden. Tarik Tabbara, Professor aus Bremen
und von den Linken geladen, argumentierte für ein Ausländerwahlrecht, was
im Entwurf der Ampel nicht vorgesehen ist. Einen von der AfD
vorgeschlagenen Sachverständigen gab es nicht. Der Gesetzentwurf wird nun
parlamentarisch weiter beraten, die Ampel will ihn bis Ostern
verabschieden. Das ist mit einfacher Mehrheit möglich. Die CSU will dann
klagen.
6 Feb 2023
## LINKS
[1] /Bundestag-debattiert-Wahlrechtsreform/!5911743
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[3] /Geplante-Wahlrechtsreform/!5906372
## AUTOREN
Sabine am Orde
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