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# taz.de -- Lützerath und die Grünen: Ideale verraten
> Wer von einer besseren Welt träumt, muss auf die Forderungen der
> Klimabewegung eingehen. Auf die Grünen kann man dabei nicht zählen.
Bild: Kampf der Bilder: Die Klimaaktivistin Greta Thunberg am Rand des Tagebaus…
[1][Greta Thunberg lächelt], als drei Polizist*innen sie letzte Woche
bei dem Protest gegen die Abbaggerung des Dorfes Lützerath zur Förderung
von Kohle für den Energiekonzern RWE wegtragen. Sie wirkt ihnen überlegen,
auch als die Polizist*innen sich einige Meter weiter mit ihr
fotografieren lassen. Die Staatsgewalt in voller Montur, die Hände so auf
Gretas Körper platziert, dass die Aktivistin nicht abhauen kann. Das ist
laut Polizei nicht inszeniert, wirkt aber dennoch so, als wollte sie ihren
„Fang“ präsentieren.
Als ausführende Gewalt kommt die Polizei ihrem Auftrag nach, den Zugang zur
Braunkohle freizuräumen. Ohne die Klimabewegung einzubeziehen, hatten
Wirtschaftsminister Robert Habeck und NRW-Klimaschutzministerin Mona
Neubaur [2][einen Deal mit RWE ausgehandelt], und die Grünen haben diesem
im Rahmen des Braunkohleausstiegs einstimmig im Bundestag zugestimmt.
Dagegen ist die Verzögerungstaktik der Klimabewegung in Lützerath harmlos.
Denn es steht nichts weniger auf dem Spiel, als die Einhaltung des Pariser
Klimaabkommens und die verdammte Energiewende, mit der die Politik nicht
hinterherkommt.
Deutschland zählt nach wie vor zu den Ländern, die am meisten Kohle
produzieren und CO2 ausstoßen. Ein zügiger Ausbau erneuerbarer Energien ist
nicht in Sicht. Einige Grünenanhänger*innen nehmen an, das würde sich
ändern, wenn die Grünen alleinige Regierende wären. Doch das ist ein
Trugschluss. So wie es die Aufgabe der Polizei ist, die Interessen des
Staates durchzusetzen, ist es das Anliegen des Staates, die Interessen der
Wirtschaft nach Profit zu wahren. Dieses Prinzip stellt Profite vor das
Wohl von Mensch und Natur, und Parteien können das Prinzip nicht aufheben.
Die Grünen haben schon genug Ideale verraten, damit sie regierend bleiben.
Selbst wenn die Ökonomie einen grünen Anstrich erhält, wie es die
Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang im Spiegel verficht, ändert das
nichts daran, dass Menschen zugunsten von Gewinnen ausgebeutet werden und
Konzerne über unsere Ressourcen entscheiden und nicht wir selbst.
## Selbstlos für eine bessere Welt
In Bezug auf die Proteste in Lützerath wird von einigen Medien und
Politiker*innen angeprangert, Aktivist*innen hätten Steine und
Molotowcocktails auf die Polizei geworfen. Dabei ist es heuchlerisch
gegenüber den Anliegen der Bewegung auszusparen, dass sich zwei
ungleichwertige Gegner*innen gegenüberstehen. Nicht nur ist die Polizei
besser geschützt und mit Waffen ausgerüstet, die sie auch eingesetzt hat.
Sie steht auch für die Macht des Staates und schützt die der Konzerne. Wer
keine Steinwürfe und Sitzblockaden möchte, muss die Politik dazu drängen,
den Anliegen der Bewegung endlich entgegenzukommen.
Die Klimabewegung ist in Deutschland die einzige Massenbewegung, die teils
selbstlos für eine bessere Welt für uns alle kämpft. Wie die von der
Polizei abgeführte lächelnde Greta kann sie sich sicher sein, dass sie auf
der richtigen Seite der Geschichte steht.
25 Jan 2023
## LINKS
[1] /Festnahme-bei-Protest-nahe-Luetzerath/!5909806
[2] /Braunkohleabbau-am-Niederrhein/!5903524
## AUTOREN
Amina Aziz
## TAGS
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