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# taz.de -- „Netzwerk der Wärme“ in Berlin: „Jeder soll sich wohlfühlen…
> Als Teil des „Netzwerks der Wärme“ öffnet die Heinrich-Böll-Bibliothek…
> Pankow auch an den Wochenenden. Leiter Tim Schumann erklärt, wie das
> geht.
Bild: Am 23. Dezember in der Stadtbibliothek Pankow. Tim Schumann (rechts im Bi…
taz: Herr Schumann, die Heinrich-Böll-Bibliothek am S-Bahnhof Greifswalder
Straße beteiligt sich seit Anfang November an dem vom Senat organisierten
„[1][Netzwerk der Wärme“.] Wie sieht das aus?
Tim Schumann: Unsere Bibliothek schließt am Samstag nicht mehr wie früher
um 13 Uhr, sondern hat bis 19 Uhr auf. Sonntags hatten wir immer zu, jetzt
haben wir von 10 bis 19 Uhr auf. Das heißt, der Raum ist für die Menschen
deutlich länger da.
Von den 60 öffentlichen Bibliotheken, die am Netzwerk teilnehmen,
beteiligen 19 so wie Ihre an den verlängerten Öffnungszeiten. Wie gut wird
das Angebot in Pankow angenommen?
Die Statistik zeigt, dass die Benutzung hoch ist. Der Samstag ist
inzwischen unser stärkster Tag in der Woche mit 350 bis 400 Besucherinnen
und Besuchern. Der Sonntag muss sich noch entwickeln, viele Menschen wissen
noch nichts von dem Angebot, das es erst seit Anfang November gibt. Wer
kommt, können wir nur ganz schwer sagen. Wir müssten die Leute dazu direkt
fragen, das haben wir bisher aber nicht gemacht. Wir als Fachpersonal sind
am Wochenende ja nicht vor Ort, wir verlassen am Samstag um 13 Uhr die
Bibliothek. Studentische Hilfskräfte und ein Sicherheitsdienst sorgen dann
dafür, das der Betrieb weiterläuft.
Die Forderung, die Bibliotheken am Wochenende aufzumachen, ist alt. Nur die
Zentral- und Landesbibliothek ist in Berlin am Sonntag mit Hilfe von
Kooperationspartnern geöffnet. Warum ist das so schwierig?
Die Sonntagsöffnungszeit scheitert an der aktuellen Gesetzgebung. Das
Fachpersonal darf da nicht in der Bibliothek arbeiten. Nordrhein-Westfalen
ist hier weiter als Berlin. Dort gibt es ein Pilotprojekt, der gesetzliche
Rahmen wurde geändert. Das ist so ein Erfolg, dass dort immer mehr
Bibliotheken sonntags öffnen.
Das heißt, es bedarf dringend einer Gesetzesänderung?
Unser Wunsch als Stadtbibliothek Pankow wäre es, den Raum für die Menschen
und den Kiez auf Dauer an Wochenenden zugänglich zu machen. Ob wir immer
als Fachpersonal vor Ort sein müssen, ist eine gesonderte Frage. Zumindest,
was den Samstag betrifft, werden wir versuchen, die Zeiten im nächsten Jahr
ein bisschen anzupassen. Bisher scheiterte das vor allem an der personellen
Ausstattung.
[2][Das Ziel des „Netzwerks der Wärme“] ist, mittellose Leute anzusprechen,
auch Obdachlose. Inwieweit gelingt Ihnen das?
Wir können nur auf die Statistik gucken und sagen: Die Menschen nehmen das
Angebot an. Wir fragen die Leute nicht, bist du obdachlos oder bist du
hier, weil du zu Hause nicht heizen kannst? Manche Leute ziehen sich extra
gut an, um nicht in dieses Klischee zu fallen, das ist ja schambesetzt.
Aber das ist bei uns mittlerweile ohnehin total normal, dass die Leute in
die Bücherei kommen, um sich hier aufzuhalten. Wir gestalten unsere Räume
ja auch dementsprechend.
Wie verhalten sich Ihre Angestellten, wenn Menschen kommen, die angetrunken
sind, möglicherweise auch nicht so gut riechen, weil sie keine feste Bleibe
haben?
Es gibt bei uns eine Hausordnung. Dazu gehört ein definitives
Alkoholverbot. Wir hatten früher immer wieder Probleme, dass wir Menschen
des Raumes verweisen mussten, die schon stark betrunken waren und sich
aufwärmen wollten. Das passiert aber außerhalb des Netzwerks von Wärme
sowieso in öffentlichen Bibliotheken. Bei uns ist das in letzter Zeit
zurückgegangen, darüber bin ich froh. Beim Körpergeruch eine Grenze zu
ziehen, ist schwieriger, aber auch da gibt es Trennlinien.
Wie sehen die aus?
Bei uns kam das bisher noch nicht vor. Aus anderen Bibliotheken kenne ich
es das. Da wird wirklich gesagt: Tut mir leid, Sie müssen jetzt den Raum
verlassen, kommen Sie wieder, wenn Sie Ihre Wäsche gewaschen haben, wenn
Sie sich gewaschen haben. Das passiert aber zum Glück nur selten. Im
Netzwerk der Wärme ist das nie passiert, ich habe nachgefragt bei den
Studenten und bei den Sicherheitsleuten, die bei uns am Wochenende in den
letzten sieben Wochen gearbeitet haben.
Die Toilettenbenutzung ist für alle zugänglich, auch ohne einen
Bibliotheksausweis zu haben?
Unser Auftrag geht weit über die Nutzung der Toilette hinaus. Alle Menschen
sind willkommen, den Raum zu nutzen, die Infrastruktur zu nutzen, ob sie
einen Ausweis haben oder nicht. Erst wenn es um Ausleihe von Büchern geht,
wird die Bibliothekskarte wichtig. Die Bücher hier lesen kann man auch so.
Gibt es bei Ihnen Interessenskonflikte zwischen den unterschiedlichen
Nutzergruppen? Es gibt ja auch nur eine begrenzte Fläche.
Na klar gibt es die Konflikte, weil sich der Raum „Öffentliche Bibliothek“
auch in seiner Nutzung total ändert. Zu uns kommen immer mehr Familien, und
dann ist es natürlich nicht leise. Wir entfernen uns immer mehr von dem
alten Image, dass wir Orte der totalen Ruhe sind. Das sind
Uni-Bibliotheken. Zu uns kommen natürlich auch Studierende. Wir empfehlen
ihnen immer, nehmt euch Kopfhörer mit und hört Musik oder Radio. Die Leute
sollen sich hier aufhalten können und wohlfühlen. Und wohlfühlen ist für
jede Person etwas ganz anderes.
Wie lange geht das jetzt mit den verlängerten Öffnungszeiten?
Solange wir die Unterstützung vom Land Berlin kriegen für das Netzwerk
Wärme. [3][Mein letzter Stand ist, dass das Ganze bis März laufen soll].
Wie sieht es zu Weihnachten aus – haben Sie auch die Feiertage über auf?
Weihnachten ist komplett zu. Soweit ich weiß, gilt die Schließungszeit
während der Feiertage für alle Bibliotheken in Berlin. Aber zwischen den
Jahren sind wir wieder da. Und dann machen wir am 2.Januar wieder auf.
23 Dec 2022
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## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
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