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# taz.de -- Datenschutz in der EU: Zeit für Radikales
> Facebook-Mutter Meta muss ein Millionenbußgeld zahlen – und beim
> Datenschutz nachbessern. Und der Gesetzgeber? Sollte ihm nicht bloß
> zusehen.
Bild: Zuckerberg mal kurz aufgeschreckt. Aber das reicht nicht
[1][390 Millionen Euro Bußgeld sind eine ordentliche Summe]. Zwar rechnet
ein internationaler Konzern wie Meta sonst eher in
Milliarden-Größenordnungen, zumindest, was die Umsätze angeht. Dennoch
schmerzt es die Facebook- und Instagram-Mutter offenbar, dass sie jetzt 390
Millionen zahlen soll für das – nicht einmal sonderlich kreative –
Umschiffen von Datenschutz-Vorschriften. Meta hat nach dem
[2][Bußgeldbescheid der irischen Aufsichtsbehörde] umgehend angekündigt,
dagegen vorzugehen. Das dürfte aber nicht nur am Geld liegen. Denn die
Entscheidung verlangt Meta noch mehr ab: Drei Monate gibt die irische
Behörde dem Konzern nun Zeit, seine Datenverarbeitung rechtskonform zu
gestalten.
Nun kann man Meta dabei zusehen, wie sie das tun. Kann Wetten abschließen,
was sie daraus machen. Doch dabei zeigt sich: Eigentlich muss sich etwas
Grundsätzliches ändern. Denn wie alle wissen – Datenschutz hat ein
Durchsetzungsproblem. Oder gleich ein paar Dutzend.
Denn um die EU-Vorschriften umzusetzen, die Nutzer:innen und ihre
persönlichen Daten schützen sollen, hat jeder EU-Staat seine eigene
Aufsichtsbehörde – [3][einer hat sogar eine ganze Reihe], hallo
Deutschland, genau du darfst dich hier gemeint fühlen. Diese Behörden sind
ressourcenmäßig höchstens mittelgut aufgestellt und verstehen sich
teilweise eher als Behörde für Wirtschaftsförderung denn als
Datenschutzaufsicht.
Datenschutz hat aber auch ein Verständnisproblem. Wenn etwa ausufernde
Debatten da-rüber möglich sind, was nun ein „berechtigtes Interesse“ zum
Datensammeln ist – dann mag das zwar legislativ durchdacht und abgewogen
sein. Aber es ist nicht mehr zeitgemäß in einer Welt, in der Konzerne halbe
Rechtsabteilungen in den Austausch mit Behörden schicken und Verfahren fast
beliebig verzögern können. In einer Welt, in der die Entwicklung von neuen
Diensten und Algorithmen die Gesetzgebung permanent überrundet. Hase und
Igel hatten ein faires Wettrennen dagegen.
## Ein Verbot wäre zeitgemäß
Hilfreich wäre eine klare, radikale Vorgabe: Personalisierte Werbung? Nicht
erlaubt. Dann könnte es zwar weiterhin Online-Werbung geben, nicht aber
beruhend auf Persönlichkeitsprofilen – schließlich geht es bei Fernseh- und
Plakatwerbung auch ohne. Komplett unrealistisch wäre ein
Personalisierungs-Verbot übrigens nicht: [4][Derartiges wurde im Zuge der
jüngsten EU-Plattformregulierungen durchaus diskutiert] – schaffte es aber
nicht ins Gesetz. Warum? Zu viel Widerstand aus der Wirtschaft und von den
ihr nahestehenden Politiker:innen.
Denn klar: Ein solches Verbot ginge an die Substanz des Geschäftsmodells
vieler Unternehmen. Dabei wäre es auch in Sachen Nachhaltigkeit von
Vorteil. Schließlich ist das digitale Datensammeln, der Verkauf, die
Echtzeit-Versteigerung von Werbeplätzen ein Verfahren, [5][das Ressourcen
frisst, Strom und Hardware benötigt]. Und das Menschen zu einem
unökologischen Verhalten bringen soll: mehr zu konsumieren. Dinge, die sie
oft genug nicht brauchen, von denen sie mitunter nicht einmal wussten,
bevor die möglichst passgenaue Werbung vor ihnen aufblinkte. In Zeiten von
Überkonsum, Ressourcenknappheit und Klimakrise ist das anachronistisch.
Der Haken: Auch mit einem Verbot personalisierter Werbung wäre
[6][Tracking] noch nicht völlig aus der Welt. Schließlich ist es auch Basis
etwa für Beiträge, die Nutzer:innen in Online-Netzwerken ausgespielt
bekommen. Hier würde nur ein konsequentes Tracking-Verbot helfen. Gerne
könnten alle Anbieter von Diensten und Webseiten weiterhin Statistiken
führen – und beispielsweise zählen, wie viele Nutzer:innen bei ihnen
vorbeischauen, zu welchen Tageszeiten oder über welche Links sie auf die
Seite kommen. Aber eben nicht mehr, was Person X mag, in welcher
Familiensituation und gesundheitlicher Verfassung sie lebt.
Vielleicht ist ein Tracking-Verbot ja etwas für einen zweiten Schritt. Wenn
alle begriffen haben, dass auch ohne personalisierte Werbung die Welt nicht
zusammenbricht.
5 Jan 2023
## LINKS
[1] /Entscheidung-nach-ueber-vier-Jahren/!5906974
[2] https://www.dataprotection.ie/en/news-media/data-protection-commission-anno…
[3] https://www.bfdi.bund.de/DE/Service/Anschriften/anschriften_table.html
[4] /EU-Abgeordnete-zu-Tracking-im-Internet/!5745038
[5] /Klima-und-Datenspeicherung/!5893181
[6] /Tracking/!t5012841
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Schwerpunkt Meta
Datenschutz
Privatsphäre
Tracking
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Verbraucherschutz
Android
Datenschutzgrundverordnung
Hacking
Schwerpunkt Klimawandel
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