Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Energiewende in Gefahr: Der nächste Stromstau im Norden
> Verteilnetzbetreiber SH Netz warnt, dass der viele Sonnenstrom, der im
> nördlichsten Bundesland erzeugt werden soll, womöglich abgeriegelt werden
> muss.
Bild: Bei Neubau fast immer umstritten:- aber nötig für die Energiewende: Str…
Die ehrgeizigen Ziele der schleswig-holsteinischen Landesregierung beim
Ausbau erneuerbarer Energien könnten am Stromnetz scheitern. „Wir werden
wieder in solche Situationen kommen, in denen Strom nicht eingespeist
werden kann“, warnte Matthias Boxberger, Aufsichtsratschef der
Schleswig-Holstein Netz AG (SH Netz) dem Schleswig-Holsteinischen
Zeitungsverlag (SHZ). [1][Ebenso wie bisher schon bei der Windkraft drohten
in Zukunft Photovoltaikanlagen abgeriegelt zu werden, wenn sie zu viel
Strom produzierten].
Das Problem besteht darin, dass Schleswig-Holstein schon seit 2016 mehr
erneuerbaren Strom erzeugt, als es verbrauchen kann – vor allem aus Wind.
2020 konnte sich das Land rechnerisch zu 160 Prozent selbst versorgen –
vier Fünftel davon aus Windkraft. Um den Überschuss abzutransportieren,
sollen Übertragungsleitungen innerhalb Schleswig-Holsteins sowie nach
Süddeutschland verlegt werden. [2][Eine Leitung nach Norwegen steht schon].
Mitte November hat SH Netz-Vorstand Benjamin Merkt skizziert, was auf sein
Unternehmen im Zuge der Energiewende an installierter Leistung zukommt:
„Als Verteilnetzbetreiber, der zehntausende EEG-Anlagen unmittelbar an sein
Stromnetz anschließt, erwarten wir bei der Windkraft in den nächsten Jahren
eine Verdopplung von 6.600 Megawatt auf 15.000 MW und bei der Photovoltaik
fast eine Verzehnfachung von 1.600 MW ebenfalls auf 15.000 MW.“ [3][Statt
24 Terawattstunden wie in 2020] will das Land 2030 im Wesentlichen damit
rund 40 bis 45 Terawattstunden erneuerbarer Energie erzeugen.
Aufsichtsratschef Boxberger machte nun darauf aufmerksam, dass es Stand
heute schwierig werden könne, den Sonnenstrom auch abzuschöpfen. Dabei geht
es vor allem um große Photovoltaikanlagen auf Brachflächen und Feldern. Sie
könnten binnen zwei oder drei Jahren gebaut werden, die Leitungen zum
Stromtransport jedoch nicht.
Schleswig-Holstein habe mit seinem Landesentwicklungsplan und den darin
ausgewiesenen Windvorrangflächen eine gute Planungsgrundlage für die
Windenergie. „Wo wir aber planerisch Niemandsland haben, ist die
Photovoltaik“, sagte Boxberger dem SHZ. Für die 5.000 Megawatt Windenergie
könne SH Netz heute schon planen. Für die Photovoltaik sei das nicht
möglich, weil niemand wisse, wo die Anlagen gebaut würden.
## Netzaufbau hinkt hinterher
„Es ist ein Flickenteppich, der schwer einzuschätzen ist“, bestätigt Marc
Timmer von der SPD-Landtagsfraktion. Er erkennt an, dass der Ausbau der
großflächigen Photovoltaik schwierig zu steuern ist. Denn die
Planungshoheit dafür liege bei den Kommunen.
Die schwarz-grüne Landesregierung hat zwar im Herbst 2021 einen
[4][Beratungserlass „zur Planung von großflächigen Solar-Freiflächenanlagen
im Außenbereich“] veröffentlicht. Darin werden Standorte vorgeschlagen, die
sich nach Ansicht der Landesregierung besonders für Freiflächenanlagen
eignen, wie etwa bereits versiegelte Grundstücke, ehemalige Kasernen oder
Fabriken oder auch Geländestreifen entlang von Autobahnen oder Bahnlinien.
An solchen Orten gebe es in der Regel bereits einen Netzanschluss, um den
Sonnenstrom abzuführen, sagt Ulrike Täck von der Landtagsfraktion der
Grünen.
Mit dem Erlass sorge die Landesregierung für eine echte Ausbauperspektive
und Planungssicherheit, teilte der damalige Umweltminister Jan Philipp
Albrecht (Grüne) mit. „Dabei verlieren wir die Interessen der
Landwirtschaft und des Natur- und Artenschutzes nicht aus dem Blick“,
versicherte der Minister. „PV-Anlagen sind auf zahlreichen Flächen im Land
mit Natur- und Artenschutz vereinbar.“
Nicht im Blick hatte er dabei offenbar den Netzausbau. Anders als bei der
Windenergie hat das Land auf das Ausweisen von Vorrangflächen verzichtet –
wobei die beim Wind allerdings in erster Linie mit der Absicht bestimmt
wurden, die Konflikte um die Anlagen zu befrieden.
Auch bei den Photovoltaik-Anlagen brauche es etwas Ähnliches, um eine
effiziente Planung zu ermöglichen, sagt der SPD-Abgeordnete Timmer.
„Letztlich brauchen wir mehr Steuerung durch das Land, damit alle besser
planen können“, findet er. Dazu müssten sich Vertreter des Landes und der
Kommunen in einem „strukturierten Prozess“ an einen Tisch setzen.
In einer aktuellen Stellungnahme versichert das Energiewendeministerium, es
fänden Gespräche mit den Akteuren auf kommunaler Ebene statt, um den
Netzanschluss sicherzustellen. Zudem werde in den nächsten Monaten „eine
Zielnetzplanung für ein Klimaneutralitätsnetz“ erwartet, das den Netzausbau
beschleunigen und dabei auch zukünftige Verbraucher berücksichtigen solle.
Die Grünen-Abgeordnete Täck weist auf Alternativen hin: Um Überschüsse im
großen Stil speichern zu können, [5][fördere die Landesregierung die
Wasserstofftechnologie]. Hierbei wird Wasser mit Hilfe von Strom in
Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Letzterer kann dann wieder zu Wasser
verbrannt werden. Nicht zu vernachlässigen für die Energiewende sei zudem
der dezentral erzeugte Sonnenstrom etwa auf Dächern. Deshalb wolle
Schwarz-Grün Batteriespeicher fördern. Die Projektierung der
Hochspannungsleitungen, die Überschussstrom von Schleswig-Holstein in
andere Bundesländer transportieren sollen, liege im Übrigen im Zeitplan.
2 Jan 2023
## LINKS
[1] /Zu-langsamer-Ausbau-der-Stromnetze/!5902431
[2] /Stromleitung-Nordlink-nimmt-Betrieb-auf/!5770120
[3] https://www.statistik-nord.de/presse-veroeffentlichungen/presseinformatione…
[4] https://www.schleswig-holstein.de/DE/fachinhalte/S/stadtenwicklung-staedteb…
[5] /Labor-fuer-die-Energiewende/!5761058
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Erneuerbare Energien
Energiewende
Windkraft
Photovoltaik
Strom
Stromnetz
Stromversorger
Stromanbieter
Umweltbehörde Hamburg
Energiewende
Erneuerbare Energien
Schwerpunkt Klimawandel
Wasserstoff
## ARTIKEL ZUM THEMA
Energieversorgung der Zukunft: Viel Platz in der Sonne
Hamburg könnte etwa zwei Drittel seines Strombedarfs mit Solarenergie
erzeugen, vor allem auf Dächern von Privathäusern. Das hat eine Studie
ergeben.
Ausbau der Erneuerbaren Energien: Zu wenig neue Windräder
Die Erneuerbaren-Branche warnt: Für das nötige Tempo beim Windkraft-Ausbau
muss es mehr und schnellere Genehmigungen für Windräder geben.
Gebote für Erneuerbare: Ausschreibung verbessert
Die Bundesnetzagentur hebt die Höchstwerte für die Förderung von Wind- und
Solaranlagen an. Bau und Betrieb sollen so wieder attraktiver werden.
Bericht der Energieagentur IEA: Stromkrise bringt Erneuerbare voran
Der Ausbau von erneuerbaren Energien geht schneller voran als gedacht. In
fünf Jahren könnten sie Kohle als größte Stromerzeugungsquelle ablösen.
Energiekooperation mit Namibia: Wasserstoff aus der Wüste
Deutschland will in grünen Wasserstoff aus Namibia investieren. Minister
Habeck ist dafür nach Windhoek gereist. Eine Chance für das afrikanische
Land?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.