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# taz.de -- Braunkohle in Brandenburg: Der Kampf um die Kohle im Osten
> Die Klimabilanz zeigt, der Kohleausstieg muss schneller gehen. In der
> Lausitz stößt das nicht auf Begeisterung.
Bild: Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde in der Lausitz
Berlin taz | Harald Altekrüger ist nicht gut auf Bundeswirtschaftsminister
Robert Habeck (Grüne) zu sprechen. „Nicht mit uns“, empört sich der
CDU-Landrat des Spree-Neiße-Kreises im Südosten Brandenburgs in der ersten
Woche des Jahres. Habeck hatte kurz zuvor bekräftigt, für das Lausitzer
Kohlerevier einen Kohleausstieg im Jahr 2030 vereinbaren zu wollen.
„Die Nutzung von Braunkohle aus Tagebauen in der Bundesrepublik ist
zeitlich bis zum Ende des Jahres 2038 befristet worden“, beruft sich
Altekrüger auf das Kohleausstiegsgesetz. „Sehr überraschend“ seien Habecks
Äußerungen für ihn gekommen.
Im Osten kündigt sich ein harter politischer Kampf um das Vorziehen des
Kohleausstiegs an. So überraschend wie für Altekrüger dürfte die Debatte
für viele allerdings nicht sein. Schließlich hat die Ampel-Regierung die
Pläne schon 2021 in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt: „Schritt für
Schritt beenden wir das fossile Zeitalter, auch, indem wir den
Kohleausstieg idealerweise auf 2030 vorziehen“, heißt es dort.
Dass das politisch kein Selbstläufer wird, ist wohl auch Habeck klar. Sehr
bedacht formulierte er, er wolle den früheren Kohleausstieg im Konsens
beschließen. Wie eine Anordnung von oben soll das Projekt also nicht
daherkommen.
## Klimaziel 2022 verfehlt
Für das Kohlerevier in Nordrhein-Westfalen gibt es schon eine [1][Einigung
mit dem dort tätigen Energiekonzern RWE.] Der hat eingewilligt, sein
letztes Kohlekraftwerk statt 2038 bereits 2030 vom Netz zu nehmen. Der
klimapolitische Nutzen der Einigung ist umstritten: Teil des Deals ist
auch, dass jetzt in der Energiekrise Kohlekraftwerke länger laufen als
ursprünglich geplant. Deshalb soll auch der Ort Lützerath weiter
abgebaggert werden, während einige andere Dörfer gerettet wurden. Habeck
stellte eingangs immerhin einen schmalen Klimanutzen in Aussicht.
Das Beratungsunternehmen Aurora Energy Research aber kommt zu einem anderen
Schluss: Insgesamt werde bei diesen Plänen kaum weniger Kohle verbrannt.
Und entsprechend auch keine CO2-Emissionen eingespart. Das Schlussdatum
2030 steht aber immerhin.
Dass Deutschland seine Emissionen stärker senken muss als bisher, ist klar.
Die offiziellen Angaben des Umweltbundesamts zur Klimabilanz des vorigen
Jahres sind zwar noch nicht da, dafür hat der Thinktank Agora Energiewende
schon einmal nachgerechnet. Demnach hat [2][Deutschland sein Klimaziel für
2022 wohl verfehlt,] die CO2-Emissionen stagnierten, statt zu sinken. Neben
den üblichen Baustellen Verkehr und Heizen gingen die Emissionen auch im
Energiesektor nicht mehr zurück. Im Gegenteil, sie stiegen sogar wieder.
Ursache: der Kohleboom.
Bis 2030 will Deutschland seine Emissionen etwa halbieren, bis 2045
praktisch auf null senken. Die Erde erhitzt sich durch die menschlichen
Treibhausgasemissionen rapide, im Durchschnitt ist sie schon um 1,2 Grad
wärmer als zu Beginn der Industrialisierung. [3][4.500 Hitzetote hatte
Deutschland] im vorigen Jahr nach einer Schätzung des
Robert-Koch-Instituts. [4][Das Jahr 2022] hält in Deutschland zusammen mit
2018 den Rekord der wärmsten Jahre.
## Brief an den Kanzler
Es ist aber nicht nur ein einzelner Landrat, der verhindern will, dass der
Kohleausstieg auch im Osten schneller geht. Die Regierungschefs der
betroffenen Bundesländer Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt wandten
sich direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
In einem Brief, der im Dezember bekannt wurde, beklagten sie sich über
Habeck. Dessen Bundeswirtschaftsministerium übe „in vielfältiger Weise
direkt und indirekt Druck aus, um die ostdeutschen Braunkohleunternehmen zu
einem vorzeitigen Ausstieg zu bewegen“, schrieben Michael Kretschmer (CDU),
Dietmar Woidke (SPD) und Reiner Haseloff (CDU). Die Braunkohle werde
„aktuell und auch absehbar“ gebraucht, meinen die drei Ministerpräsidenten.
Die Kohlekraftwerke im Lausitzer Kohlerevier betreibt der Energiekonzern
Leag. Auch der reagiert nicht erfreut über die Pläne der Bundesregierung.
Leag-Chef Thorsten Kramer mahnt an, die Versorgungssicherheit im Blick zu
behalten.
Die will die Ampel durch eine Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren
sicherstellen. Vier Fünftel des deutschen Stroms sollen 2030 aus
erneuerbaren Quellen kommen.
7 Jan 2023
## LINKS
[1] /Bundeskabinett-zum-Kohleausstieg/!5888960
[2] /Deutschlands-Klimabilanz-2022/!5906863
[3] /Gesundheitliche-Folgen-der-Klimakrise/!5889894
[4] /Deutscher-Wetterdienst-zieht-Bilanz/!5905804
## AUTOREN
Susanne Schwarz
## TAGS
Robert Habeck
Braunkohle
Klimaschutzziele
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Lausitz
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Schwerpunkt Klimawandel
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