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# taz.de -- Neues Album von Sängerin Stella Sommer: Im Dunkeln ist gut Schunke…
> Das neue Soloalbum „Silence Wore A Silver Coat“ der Sängerin Stella
> Sommer ist facettenreich. So sehr, dass es Mixtape-Charakter hat.
Bild: Stella Sommer
Hörer:innen in ihre dunkle Stimme hüllend, dabei aber unnahbar bleibend,
kühl – und mit distanziertem Blick, auch auf die eigenen Abgründe: So
präsentierte sich die Hamburger Künstlerin Stella Sommer, seit 2012 das
Debütalbum ihrer (mit reichlich Sinn für Ironie benannten) Band Die
Heiterkeit erschien; Sommer ist Sängerin, Songwriterin und einziges festes
Mitglied. 2018, inzwischen in Berlin vor Anker, veröffentlichte sie dann
mit „13 Kinds of Happiness“ ihr Solodebüt unter eigenem Namen.
Ihren sakralen Düsterfolkpop schrieb sie damit fort, allerdings nun mit
(überwiegend) englischen Songtexten. Jedes neue Werk – [1][mittlerweile
blickt sie auf ein halbes Dutzend Alben zurück] – festigte Sommers Status
als Kritiker:innenliebling. Trotzdem sollte es dauern, bis die 34-Jährige
wirklich für ihre Eigenständigkeit gefeiert wurde. Denn obwohl Sommer,
aufgewachsen an der Nordseeküste in Sankt Peter-Ording – eigentlich immer
schon unverwechselbar nach sich selbst klingt, brachte ihre tiefe Tonlage
Vergleiche mit Nico oder Hildegard Knef ein, die arg überstrapaziert
wurden.
Nun ist mit „Silence Wore a Silver Coat“ ein neues Soloalbum erschienen,
das Sommers Eigenständigkeit weiter unterstreicht – paradoxerweise durch
einen frisch gewonnenen Facettenreichtum. Sommers klangliches Spektrum ist
breiter geworden, ihre Stimme klingt wandlungsfähiger, verspielter und
luftiger; bisweilen strahlt sie regelrecht Wärme aus.
Wie schon der Titel „Silence Wore a Silver Coat“ andeutet, blitzt auf dem
Album so manch helle Reflexion durch: Sommer verwandelt nicht mehr nur
monochromes Grau-in-Grau in Songperlen; zwischendurch funkelt es auch mal
silbern. Zudem steckt Humor in den Texten, ein surreal-doppelbödiger
Schalk, wie ihn Fans auch in ihrem Nebenprojekt Die Mausis (zusammen mit
Max Gruber alias Drangsal) entdecken konnten.
## Gemütliche Unbehaustheit
Etwa wenn sie sich von der titelgebenden Stille zum Essen ausführen lässt:
„Silence wore a silver coat and took me out for dinner“ singt ihre
flirrende Stimme über einem einprägsamen, sparsam instrumentierten und doch
schwelgerischen Gerüst. Das Verstummen, das Einigeln erscheint hier nicht
als Weltflucht – eher wie ein Ankommen bei sich selbst. Die Dinge als das
zu akzeptieren, was sie sind, ebnet eben vielleicht auch den Weg aus der
Traurigkeit. Sommer singt von Unbehaustheit, in der man sich es sich
durchaus auch gemütlich machen kann. Ganz ohne Hygge-Kitsch.
Und hält sich damit angenehm fern von der Gefühligkeit und Innerlichkeit,
die gerade in kammerfolkigen Gefilden verbreitet ist. Lieber konstatiert
sie im ätherisch schwebenden „The Sky Was Empty“ nüchtern: „I found a
window / To my soul/ I knocked but there was no one there“.
Derart pointierte Sentenzen haben bei ihrem Songwriting in der
Vergangenheit nicht selten als Nussknacker für die Songs fungiert; bei
aller Sanftheit wirkten die oft doch spröde und hermetisch. Das neue,
vergleichsweise quecksilbrigere Album ist auch klanglich zugänglicher:
elegisch-hymnisch etwa bei „Frozen Air“, während „A Body of Strange Beau…
geradezu schunkelnd daherkommt, fast zum Mitsingen animiert.
Aus 60 Songs hat Sommer nun 24 für ihr Doppelalbum ausgewählt. Und auch
wenn nicht jede Nummer so zwingend erscheint wie ein paar offensichtliche
Ohrwürmer – „In My Darkness“ etwa oder auch der Titelsong –, hat dieses
Album durchaus die Anmutung eines Mixtapes. Als eine in sich geschlossene
Sammlung – die bitte schön von vorne bis hinten durchzuhören ist, wie man
das in analogen Zeiten eben tat – trägt Sommer das Album auch den
Hörer:innen an.
Ihre neuen Songs hat sie übrigens nicht auf den gängigen
Streamingplattformen veröffentlicht – mit Ausnahme der Singles. Eine so
sympathisches wie konsequentes Statement. Stephanie Grimm
29 Dec 2022
## LINKS
[1] /Soloalbum-Northern-Dancer-von-Stella-Sommer/!5731461
## AUTOREN
Stephanie Grimm
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Die Heiterkeit
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