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# taz.de -- Aussagefähigkeit von Klimamodellen: Es ist heiß in Mordor
> Wissenschaftliche Modelle prognostizieren das Klima. Auch das von
> Mittelerde wurde schon modelliert. Alles hilfreich, aber leider selten
> eindeutig.
Bild: Gewitterwolken über Mittelerde, Texas im Sommer 2022
„Im Grunde sind alle Modelle falsch, aber einige sind nützlich“, sagte der
britische [1][Statistiker George Box] erstmals im Jahr 1978. Seitdem
wiederholte Box seine These immer wieder. Gemeint ist, dass kein Modell der
Realität entspricht, aber einige helfen können, sie verständlicher zu
machen.
Der Aphorismus gilt auch heute noch. Das Modell der Kippelemente im
Erdklimasystem etwa ist mittlerweile auch bei
Nichtwissenschaftler:innen bekannt. Nach diesem Modell hat das
globale Klimasystem unterschiedliche, überregionale Bestandteile, die
kippen können, zum Beispiel das Grönlandeis.
Wenn eine kritische Schwelle erreicht wird, führt das zu unumkehrbaren
Veränderungen im Klimasystem. Klimaaktivist:innen der [2][Letzten
Generation] berufen sich auf die Kippelemente, wenn sie vor einem
unkontrollierbaren Klimawandel warnen. Das Modell der Kippelemente kann
also nützlich sein. Aber ist es – wie Box sagen würde – auch falsch?
Klimamodelle beruhen auf dem aktuellen Kenntnisstand der Physik, Chemie und
Biologie. Diese Kenntnisse werden in Form von mathematischen Gleichungen
geschrieben und in eine Form umgewandelt, die von einem Computer gelöst
werden kann. Da die Modelle selbst aber keine physikalische Realität,
sondern eine menschliche Einordnung davon sind, ist in der Theorie alles
modellierbar.
## Klima Mittelerdes etwa wie das von Westtexas
Um das zu verdeutlichen, simulierten Forscher:innen bereits [3][das
Klima Mittelerdes], also der Welt aus den Herr-der-Ringe-Romanen. Sofern
einige Vermutungen stimmen, wie etwa, das Mittelerde Teil eines
kugelförmigen Planeten ist, wäre der größte Teil von Frodos Heimat von
dichtem Wald bewachsen. Zumindest dort, wo Drachen, Orks und Zauberer die
Landschaft nicht verändert haben. Mordor wiederum wäre eine unwirtliche
Gegend. Das Klima entspräche etwa dem in Westtexas: heiße, schwüle Sommer
und kalte, windige Winter.
Klimamodelle sind im Regelfall nicht nur Computersimulationen wie auf
Mittelerde, sondern werden von detaillierten Beobachtungen gestützt.
Allerdings zeigen verschiedene Modelle unterschiedliche Ergebnisse an. Der
Klimaforscher Thomas Stocker [4][erklärte in der Zeit], dass es beim
Kippelement Grönlandeis sowohl Modelle gäbe, die ein Kippen anzeigen, wie
auch welche, die die Lage als stabil bewerten.
Falsch sind diese Klimamodelle deshalb trotzdem nicht. Vielmehr zeigt sich,
wie sinnvoll es ist, mehrgleisig zu fahren. Denn die Richtung des
Klimawandels bleibt bei den Grönlandeis-Modellen gleich. Nur die
Haltestelle verändert sich. Für Stocker Anlass, eine Verbesserung der
Modelle zu fordern.
Klimamodelle helfen also dabei, sich auf Veränderungen in der Zukunft
einzustellen. Sie beeinflussen politische Entscheidungen. Sogar
Menschenleben können davon abhängen, ob etwa ein Frühwarnsystem robust
konzipiert wurde. Wenn Modelle falsch prognostizieren, wird die Autorität
der Wissenschaft in Frage gestellt. Gerade deshalb ist eine ehrliche
Kommunikation auch über die Grenzen wissenschaftlicher Modelle so
entscheidend.
8 Jan 2023
## LINKS
[1] /Hype-um-Big-Data/!5065427
[2] /Wer-ist-die-Letzte-Generation/!5898641
[3] https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=the+climate+of+mordor
[4] https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2022-11/klimaforscher-thomas-stocker-kipp…
## AUTOREN
Enno Schöningh
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Wissenschaftskritik
Wissenschaft
Zukunft
Schwerpunkt Klimawandel
Hoffnung
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