# taz.de -- Großer Durchbruch des Frauenfußballs: Immer gleicher und niemals … | |
> Der Frauenfußball hat dieses Jahr eine stille Revolution erstritten. Er | |
> steht vor einer Zeitenwende. | |
Bild: Alexandra Popp, Kapitänin der Fußball-Nationalmannschaft, Star bei der … | |
Am Ende des Jahres gab es noch einmal eine dieser Meldungen. Da wurde Alex | |
Popp vom Kicker zur Persönlichkeit des Jahres erkoren, als erste Frau | |
überhaupt. Es ist ja erst 2022. Aber ganz ernsthaft gilt: Der Fußball der | |
Frauen hat in diesem Jahr den lange erwarteten, lange angezweifelten großen | |
Sprung geschafft. [1][Er ist jetzt ein bisschen Mainstream]. Die deutsche | |
Bundesliga adaptierte verspätet das Konzept der Highlight-Spiele und | |
versammelte so etwa 23.000 Fans zum Eröffnungsspiel Bayern gegen Frankfurt, | |
20.000 zu Bremen gegen Freiburg und immer noch 14.000 zu Wolfsburg gegen | |
Frankfurt. | |
Die [2][Arenen der Männer zu erobern], hatte etwas Subversives. Vom Boykott | |
vieler Ultras gegen die Katar-WM profitierten vor allem die Frauen. Derweil | |
haben Italien und Spanien [3][seit dieser Saison erstmals eine Profiliga]. | |
In England wurde die EM zum großen Katalysator. Kaum ernsthaft gesät, ist | |
die Saat förmlich aus dem Boden geschossen. Keine andere Sportsendung hatte | |
im deutschen TV so gute Einschaltquoten wie das EM-Finale – mehr als das | |
Männer-Nationalteam, mehr als das WM-Finale mit Lionel Messi. Vor einigen | |
Jahren unvorstellbar. Und mit der WM in Australien und Neuseeland steht | |
2023 ein Turnier vor der Tür, das in ein relativ egalitären Sportländern | |
[4][ohne Männerfußball-Hegemonie] stattfindet und erneut Rekorde purzeln | |
lassen könnte. | |
Das ist eine stille Revolution. All die, die über Jahrzehnte behaupteten, | |
Frauenfußball-Desinteresse liege quasi in der menschlichen DNA, haben sich | |
nun offiziell geirrt. Fußballliebe ist natürlich ein Gesellschaftsprodukt, | |
Fußball-Ausschluss nicht weniger. Aber wie es so ist mit marktkonformen | |
Revolutionen: Oft sind sie befreiend und fesselnd zugleich. Die | |
[5][Champions League der Frauen] kann nun Vollzug vermelden: Endlich | |
spielen auch hier dieselben reichen Superklubs weniger westeuropäischer | |
Staaten. Endlich auch hier aufgeblähte, sportlich sinnlose Gruppenphasen. | |
Der FC Barcelona holte Keira Walsh für eine Rekordablöse von einer halben | |
Million Euro. Und bei Viktoria Berlin sind Investorinnen nach US-Vorbild | |
bei den deutschen Frauen angekommen. | |
## Vor einer Zeitenwende | |
Der Frauenfußball steht vor einer Zeitenwende: Weg aus den biederen Jahren, | |
als alte Männer à la Siggi Dietrich und [6][Bernd Schröder] ein | |
verkrustetes Geschäft formten und vor allem alte Männer und Kita-Publikum | |
im Stadion saßen. Hin zu einzelnen liberalfeministischen Frauengruppen im | |
Stile des Angel City FC und Viktoria, mehr Ultras, jüngerem und | |
weiblicherem Publikum. Und Strategien aus den Chefetagen der Männerklubs. | |
Es ändert sich viel – und doch vieles nicht. Denn wer sitzt in den | |
Spitzenpositionen der Großklubs? Wer berät die Spielerinnen? Wer hat genug | |
Geld, um in Klubs zu investieren? Wer steht den Sponsoren-Unternehmen vor | |
und wer den Sportredaktionen der TV-Anstalten? Ja, Sie haben es erraten. | |
Fußball bleibt Männerfußball. | |
Das belegen nicht nur [7][die Altherren-Taskforce des DFB] und die im | |
Normalbetrieb gleichbleibend dürftigen Besuchszahlen der Bundesliga. | |
Wollten die Männerverbände Frauenfußball wirklich gleichwertig machen, | |
würden sie etwa egalitäre Spielpläne gestalten – und Frauen und Männer je | |
ein Wochenende abwechselnd spielen lassen. Oder mixed. Fußball der Frauen | |
ist kein gleichwertiges Produkt, sondern lediglich eine Erweiterung der | |
Palette. Das Interesse endet da, wo er das Geldverdienen der Männer stört. | |
Frauen sind zum großen Fußball gekommen wie die DDR zur BRD. Debatten über | |
einen dritten Weg, klügeren Fußball haben die Frauen nie interessiert. | |
[8][Die Dominanz des VfL Wolfsburg] in der Bundesliga lässt Ungutes | |
erwarten. Das große Erwachen von den prallgefüllten Schaufenstern des | |
Männerfußballs steht noch aus. Und trotz Revolution die Erkenntnis, dass | |
man in diesem Fußball gleicher werden kann, aber niemals gleich. | |
30 Dec 2022 | |
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[7] /Analyse-zum-WM-Aus-des-DFB-Teams/!5899867 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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