# taz.de -- Weihnachten für umme (18): Das Gute liegt am Wegesrand | |
> taz-Adventskalender: Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, dem | |
> bietet die Natur vieles zum Einpacken – von Äpfeln über Nüsse bis zu | |
> Schlehen. | |
Bild: Sind speziell, aber gesund: Hagebutten direkt vom Wegesrand | |
Die taz Berlin sucht in Zeiten von Inflation und Energiekrise nach | |
Auswegen, wie es ganz ohne Geld etwas werden könnte mit dem ach so | |
besinnlichen Fest. | |
Uns modernen Menschen liegt das Jagen und Sammeln evolutionär im Blut, | |
daher sicher auch das viele Shoppen und die Glücksgefühle, wenn eine | |
unserer vielen Apps wieder einen Ton von sich gibt (ach ja, Datensammeln | |
ist noch mal eine ganz andere Geschichte). Aber hier geht es um echtes | |
Sammeln, umsonst und draußen in Mutter Natur, für umme also. | |
Das beginnt bei mir im zeitigen Frühjahr los, wenn ich losziehe, um mir | |
Bärlauch im Plänterwald zu besorgen, der dort wild wächst. In rauen Mengen. | |
Ich pflücke aber nur eine Portion, andere wollen ja auch etwas haben. Aus | |
dem Bärlauch lässt sich ein Pesto machen, das man fast für umme hat. | |
Naja, das gute Olivenöl lässt sich nur schwer ersetzen, der Käse sicher | |
auch, der gerieben ins Pesto gehört. Aber statt teurer Pinienkernen lassen | |
sich im letzten Herbst gesammelte Nüsse verwenden: In ganz Berlin stehen | |
hier und da an den Straßen Türkische Nussbäume (sie haben auch dieses Jahr | |
gut getragen), um deren Früchte – außer ein paar Eichhörnchen – sich | |
eigentlich nie jemand gekümmert hat. Bis diesen Krisenherbst. Ich hab nun | |
öfter Leute gesehen, die die kleinen Nüsse, kleiner als die klassische | |
Haselnuss, aufgesammelt haben. | |
Apropos Nuss: Anfang Oktober durfte ich Walnüsse ernten, bei einer Kollegin | |
im Garten. Das machte nicht nur Spaß, sondern schont auch das Budget. | |
Walnüsse sind teuer dieses Jahr. Ich habe jetzt etliche Kilogramm zu Hause, | |
die mich nichts gekostet haben. Und so schmecken, also Danke. | |
Apropos nichts gekostet: Es gab diesen Herbst überall in Brandenburg viele | |
Äpfel, Birnen und Pflaumen. Mein Mann und ich haben kistenweise Äpfel, die | |
niemanden gehören, aufgelesen (was für ein schönes wie altmodisches Wort) | |
oder beim Nachbarn im Garten gepflückt. Jetzt haben wir für den Winter und | |
bis zur nächsten Erntesaison ganz viele Gläser mit eingekochten Birnen und | |
Äpfeln (mal mit, mal ohne Rotwein) und Pflaumenmarmelade, die uns an den in | |
diesem Jahr verstorbenen Gartennachbar erinnern werden. Auf dem Etikett | |
heißt es dann auch „Rudis Pflaumen“. | |
## Haufenweise Äpfel | |
Wir hatten haufenweise Äpfel nach Haus tragen können. Die guten, nicht | |
angeschlagenen haben wir eingelagert. Alles andere haben wir entweder in | |
Scheiben geschnitten getrocknet oder zu Saft gemacht, in mehreren Chargen, | |
es kamen rund 20 Liter zusammen – was eine Menge an Gläsern mit feinstem, | |
weil selbst gemachten Apfelgelee ergibt. Und lecker. Und übrigens verdammt | |
gute Geschenke an Freunde und Familie. | |
Wir pflücken eigentlich auch wilde Brombeeren, aber na ja, dieses Jahr | |
waren es zu wenige außer fürs Naschen – es fehlte Ende August an Wasser. | |
Bei Holunder sah es dieses Jahr nicht besser aus. Der Regen aber kam noch | |
rechtzeitig für die Waldpilze. Hier und da gab es riesige Steinpilze, die | |
man entweder gleich verspeisen oder im getrockneten Zustand fürs | |
Weihnachtsessen verwenden kann. | |
Die letzte Ernte des Jahres allerdings harrt noch der Verarbeitung: Im | |
Tiefkühlfach liegen ein paar Kilogramm schönster Schlehen aus Mecklenburg | |
(die glauben, im Dauerfrost zu hängen, das ist gut wegen der herben | |
Gerbsäure, die sich dann milder gibt). Daraus soll eigentlich Saft | |
entstehen, der dann zu Gelee eingekocht wird. Aber vielleicht mache ich | |
daraus doch wie vor vielen Jahren wieder einmal Likör, das geht ja gar | |
nicht so „schwör“ – damit man was zum genießen und aufwärmen hat in di… | |
Tagen – für umme. | |
18 Dec 2022 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hergeth | |
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