| # taz.de -- Weihnachten für umme (17): Nur wer hat, kriegt noch geschenkt | |
| > taz-Adventskalender: Im Kapitalismus mangelt es an Menschlichkeit, aber | |
| > nicht an Glühwein und Weihnachtsnippes. Problem ist die ungerechte | |
| > Verteilung. | |
| Bild: Also in diesem Außenpool wäre noch jede Menge Platz … Um Pools geht e… | |
| Die taz Berlin sucht in Zeiten von Inflation und Energiekrise nach | |
| Auswegen, wie es ganz ohne Geld etwas werden könnte mit dem ach so | |
| besinnlichen Fest. | |
| Dass der Kapitalismus auch an Weihnachten nicht innehält, hatte schon Erich | |
| Kästner verstanden: „Morgen, Kinder, wird’s nichts geben, nur wer hat, | |
| kriegt noch geschenkt“, heißt es in seinem Gedicht [1][„Weihnachtslied, | |
| chemisch gereinigt“]. | |
| In gutbürgerlichen Kreisen mag man während der Festtage mal das Scheckbuch | |
| zücken, für die Kinder in Afrika oder sowas, vielleicht mit dem | |
| Hintergedanken, dass die dann nicht nach Europa kommen. Die Ungleichheit | |
| wird deshalb nicht aufhören. Wer zum Beispiel täglich 5,19 Euro zum Essen | |
| hat, weil der Staat will, dass Menschen ohne Arbeit an der Hungergrenze | |
| kratzen, kann nicht mal eben auf den Weihnachtsmarkt. Glühwein und | |
| gebrannte Mandeln kosten bekanntlich Geld. | |
| Dabei mangelt es im Kapitalismus zwar an Menschlichkeit, aber ja nicht an | |
| [2][Glühwein], Mandeln oder den meisten anderen Dingen. Das Problem ist die | |
| ungerechte Verteilung. Für alle, denen etwas fehlt, ist es deshalb ein | |
| naheliegender Gedanke, es sich einfach dort zu nehmen, wo es so viel von | |
| allem gibt: Dem [3][Villenviertel im Grunewald] zum Beispiel. Sollen doch | |
| die Reichen mal was abdrücken, einen Glühwein vielleicht, oder was von dem | |
| vielen Bargeld? | |
| ## Könnte dann nicht jede:r kommen? | |
| Nur verstehen Reiche bekanntlich wenig Spaß. Klar, mal einen Tausi | |
| abzudrücken, würde ihnen kaum wehtun. Aber da geht es ihnen ums Prinzip – | |
| und zack, haben sie die 110 gewählt. Dann kann man erleben, wie schnell es | |
| die bewaffneten Beschützer des Status quo in den Grunewald schaffen! | |
| Irgendwie sind die Ängste der Grunewalder ja dann aber auch verständlich. | |
| Öffnen sie einmal ihre Tore für den Pöbel, könnte dann nicht jede:r | |
| kommen? | |
| Doch – warum eigentlich nicht? Alleine um Almosen zu bitten kann sich | |
| erniedrigend anfühlen. Wer aber mit Freunden oder gleich der ganzen | |
| Nachbarschaft auftaucht, der bettelt nicht, sondern betreibt Umverteilung. | |
| Warum sich nicht mal selbst was schenken, durch die temporäre Enteignung | |
| eines beheizten Außenpool zum Beispiel? | |
| Auch mittelfristig kann der Protest Rendite abwerfen, wenn der Staat | |
| endlich beginnt, den Reichtum umzuverteilen. Das muss aber erkämpft werden | |
| – zum Beispiel durch Spontandemos im Grunewald. Schon [4][Rio Reiser] | |
| wusste, was es braucht: „Alles, was uns fehlt, ist die Solidarität!“ | |
| 16 Dec 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachtslied,_chemisch_gereinigt | |
| [2] /Oekobilanz-von-Weihnachtsgetraenken/!5895273 | |
| [3] /Umverteilungs-Guerilla-im-Villenviertel/!5888906 | |
| [4] /Umbenennung-in-Berlin-Kreuzberg/!5872155 | |
| ## AUTOREN | |
| Timm Kühn | |
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