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# taz.de -- Schulbau in Berlin: Der ganze Schrott muss weg
> Das Bezirksamt Mitte will die Anna-Lindh-Grundschule abreißen, doch das
> Landesdenkmalamt stellt sich quer. Dabei muss dringend eine Lösung her.
Bild: Mehr Baustelle als Schule: Die Anna-Lindh-Schule im Afrikanischen Viertel…
Berlin taz | Im Fall der [1][stark schimmelbelasteteten Anna-Lindh-Schule
in Wedding] bahnt sich ein Konflikt zwischen dem Bezirksamt Mitte und dem
Landesdenkmalamt an. Landeskonservator Christoph Rauhut will den Schulbau
aus den 1950er-Jahren offenbar gerne sanieren. Das Bezirksamt hingegen
plädiert für Abriss und Neubau. „Wir werden in den kommenden Tagen einen
Abrissantrag stellen“, sagte Schulstadträtin Maja Lasić (SPD) am
Donnerstag. Das Landesdenkmalamt äußerte sich auf taz-Anfrage vorerst nicht
dazu.
Mehrere „um Annäherung bemühte“ Gespräche mit der Denkmalschutzbehörde
seien leider erfolglos geblieben, sagte Lasić. Deshalb wolle man sich nun
mit dem Abrissantrag „klar positionieren“. Bleibt das Landesdenkmalamt
dabei, sanieren zu wollen, landet der Streitfall Anna-Lindh-Schule
letztlich auf dem Tisch von Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Dessen
Haus steht der Oberen Denkmalschutzbehörde vor, dem höchsten
Denkmalschutzgremium des Landes.
Die Anna-Lindh-Grundschule in der Guineastraße ist einer der
[2][prominentesten Sanierungsfälle des Landes]. Seit Jahren hat die Schule
ein massives Schimmelproblem – im Sommer zogen Gesundheits- und Baumamt
schließlich die Reißleine. Bis auf die ersten beiden Klassenstufen wurden
alle Schüler*innen, rund 400 Kinder, in ein ehemaliges Bürogebäude am
Saatwinkler Damm in Charlottenburg-Wilmersdorf notfallmäßig ausgelagert.
## Brandbrief von Lehrkräften
Im Herbst beschwerten sich die [3][Lehrkräfte in einem Brandbrief] über
schlechte Arbeits- und Lernbedingungen an dem behelfsmäßig umfunktionierten
Bürogebäude. Unter anderem fehlten ein vernünftiger Pausenhof und
Unterrichtsmaterialien.
Klar wurde am Donnerstag aber auch: Die Anna-Lindh-Schule ist im
gegenwärtigen Zustand nicht mehr nutzbar. Bei einem virtuellen Rundgang
durchs Schulgebäude präsentierte Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) Fotos von
wucherndem schwarzen Schimmel in den Fensterfugen. Unter abgerückten
Schränken in den Klassenzimmern wachsen weiße Schimmelpilze, bedingt durch
ein feuchtes Kellergewölbe. Der Schimmel sei „tief durch die Fugen
gedrungen. Es ist außer Kontrolle geraten“, sagte Gothe. Der Keller sei
zudem grundsätzlich „nicht sanierbar“. Für eine denkmalgerechte Sanierung
müsse man „im Prinzip jeden Stein einzeln ausbauen und anschauen“.
Der Baustadtrat hat sich deshalb bereits über ein Votum seiner eigenen
Unteren Denkmalschutzbehörde hinweggesetzt. Die will lieber sanieren statt
abzureißen. Unter anderem gehört auch eine architektonisch interessante
Aula zum Gebäudekomplex.
Doch eine Sanierung würde wohl deutlich länger dauern und am Ende teurer
kommen als ein Abriss, betonen Gothe wie auch Lasić. Der Baustadtrat
rechnet mit mindestens acht Jahren für eine denkmalgerechte Sanierung –
einen Neubau sieht er in sechs Jahren realisiert. Tatsächlich ist jedes
Jahr Zeitverzögerung extrem teuer für die Landeskasse: Gothe bezifferte
alleine die Anmietkosten für das Ausweichgebäude am Saatwinkler Damm auf
6,6 Millionen Euro pro Jahr.
Wie hoch genau die Kosten für Sanierung einerseits oder Neubau andererseits
sind, könne man nicht exakt beziffern, weil „die Baukosten gerade
Purzelbäume schlagen“, so Gothe. Für einen Neubau müsse man aber „etwa 60
Millionen Euro“ veranschlagen. Was eine aufwändige Sanierung koste, hänge
auch davon ab, wie lange sich Planungsprozesse ziehen und ob damit
verbundene Nebenkosten wie die Miete am Ausweichstandort zu Buche schlagen.
Ein Problem sind laut Gothe dabei auch unbesetzte Stellen im Facility
Management, das die Bauprozesse plant: „Ein Drittel der Stellen sind nicht
besetzt und mangels Bewerbern auch nicht besetzbar“, sagt Gothe.
## Wer zahlt den Bus?
Streit zwischen Bezirk und Landesebene gibt es um den Bus-Shuttle der
Kinder aus dem Wedding zum Ausweichstandort Saatwinkler Damm. Geht es nach
Schulstadträtin Lasić soll das Land dauerhaft die Kosten dafür übernehmen �…
das Schulgesetz sieht das nur für die ersten vier Jahrgangsstufen vor.
Älteren Schüler*innen wird zugemutet, einen „altersangemessenen
Schulweg“ aus eigener Kraft zu schaffen.
„Aus unserer Sicht ist der Schulweg zum Saatwinkler Damm aber nicht
altersangemessen“, sagt Lasić. Das Gebäude sei relativ weit entfernt, zudem
gebe es gefährliche Passagen wie die Anschlussstelle zur A100. Bis Ende
Januar hoffe man auf eine Entscheidung der Taskforce Schulbau, die bei der
Bildungsverwaltung angesiedelt ist.
Gothe betont, er hoffe, dass noch vor der Wiederholungswahl zum
Abgeordnetenhaus Mitte Februar eine finale Denkmalschutz-Entscheidung
vorliegt. Noch 2023 könne dann die Neubauplanung am Standort beginnen. „Die
[4][Mittel sind in der Investitionsplanung vorhanden]“, sagt Lasić.
Sie sieht noch ein weiteres Argument für Abriss und Neubau: Bei einer
denkmalgerechten Sanierung könnten die Kapazitäten in der Guineastraße
nicht erweitert werden, das lasse die maximal zweistöckige Bauweise der
Schule nicht zu. Bei einem Neubau hingegen könne man mit ein- bis zwei
Klassenzügen mehr planen. Angesichts der jüngsten Bevölkerungsprognose und
bereits schon jetzt extrem vollen Schulen müsse sie das „maximal Mögliche
ausschöpfen“, sagt Lasić.
Im Frühjahr sollen auch die ersten und zweiten Klassen, die derzeit noch in
Containern auf dem Schulgelände untergebracht sind, an den Saatwinkler Damm
ziehen. Bis dahin werde man in dem ehemaligen Bürogebäude noch einige
Umbauarbeiten realisieren, versprach Lasić – mehr Flächen für die
Hofpausen, etwa. Immerhin: „Temperaturregelung, Toiletten, Mensa – diese
Probleme gibt es am Saatwinkler Damm alle nicht.“ Und etwas Besseres muss
eben erst noch gebaut werden.
15 Dec 2022
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## AUTOREN
Anna Klöpper
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