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# taz.de -- Abrissreife Schule in Berlin: Im besten Fall eine Blaupause
> Die Anna-Lindh-Schule kann wohl nicht mehr saniert werden. Trotz
> Schulbauoffensive könnte das kein Einzelfall bleiben. Wie kann das sein?
Bild: Kein Stein soll hier auf dem anderen bleiben: Die Anna-Lindh-Schule im We…
Sie hoffe, erklärte Mittes [1][Schulstadträtin Maja Lasić (SPD]) diese
Woche vor Journalist*innen, dass sich „ein zweiter Fall Anna Lindh nie
wiederholen möge“. Die Weddinger Grundschule soll nach dem Willen des
Bezirksamt komplett abgerissen werden, eine Sanierung sei angesichts des
massiven Schimmelbefalls nicht mehr möglich.
Hoffnung ist an der Stelle wohl tatsächlich das einzige, was bleibt: Denn
ob die laut Bauamt [2][komplett verschimmelte Weddinger Grundschule]
tatsächlich ein Einzelfall ist oder noch mehr solcher „Großschadensfälle“
als tickende Zeitbomben vor sich hin modern, das weiß auch im fünften Jahr
der Schulbauoffensive in Berlin niemand so richtig.
Besser gesagt: Die Chance, dass es in den kommenden Jahren weitere
Schul-Havarien gibt, ist groß. Zwar steigen, wie der Finanzsenator stets
betont, die Ausgaben für den Schulbau kontinuierlich. Für 2022/23 steht
eine Rekordsumme von über 2 Milliarden Euro zur Verfügung. Kürzlich gab es
für das ebenfalls [3][extrem marode Gymnasium am Europasportpark in Pankow
40 Millionen Euro on top.]
Dennoch kann das viele Geld nur begrenzt helfen, wenn man es nicht ausgeben
kann. In Mitte zum Beispiel sind ein Drittel der Stellen im Facility
Management – dort passiert die Bauplanung – nicht besetzt, wie der
zuständige Stadtrat Ephraim Gothe (SPD) bei der Pressekonferenz zur
Anna-Lindh-Schule sagte. Und angesichts einer nicht vorhandenen
Bewerber*innenlage sei auch nicht absehbar, dass diese besetzt werden
könnten.
Wenn Stellen für Bauplanung nur auf dem Papier vorhanden sind, ist es auch
kein Wunder, dass bei Schulen wie dem Gymnasium am Europasportpark solange
gar nichts voran geht, bis es irgendwann – eben mangels erfolgter
Vorplanungen – auch kein Geld mehr in der Investitionsplanung für die
tatsächliche Sanierung gibt. Kein Plan, kein Geld – macht ja auch Sinn.
Bloß den Schulen ist damit nicht geholfen. Das Gymnasium am Europasportpark
muss, wie die Anna-Lindh-Schule, ebenfalls ausgelagert werden.
Immerhin: Die Anna-Lindh-Schule kann als Blaupause dienen, damit künftig
auch solche Prozesse vor allem für die Schüler*innen und Lehrkräfte
besser ablaufen. Zum Beispiel der Streit mit dem Landesdenkmalamt, den der
Bezirk Mitte gerade ausficht. Die Denkmalschützer wollen die Schule aus den
50er-Jahren gerne sanieren – selbst wenn das Bauamt sagt, dass der Keller
niemals ganz trocken zu legen sein wird, die Schimmelproblematik also
vermutlich bleiben wird.
## Denkmalschutz blockiert Abriss
Voraussichtlich wird [4][Klaus Lederer (Linke), der als Kultursenator] der
Oberen Denkmalschutzbehörde vorsteht, demnächst ein Machtwort sprechen
müssen. Wie hier im Abwägungsprozess Öffentliches Interesse an einer nicht
verschimmelten Schule versus Denkmalschutz entschieden wird, kann auch für
künftige Positionieren des Landesdenkmalamts ein Exempel sein.
Oder das Thema Schulbus-Shuttle: Das Bezirksamt Mitte kämpft gerade mit der
Senatsbildungsverwaltung darum, dass auch die Shuttle-Kosten für die 5.-
und 6.-Klässler*innen übernommen werden. Das Schulgesetz sieht nur eine
Kostenübernahme für die Klassen 1 bis 4 vor. Würde das geändert, hätten in
Zukunft andere Schulen unter Umständen schneller Rechtssicherheit bei den
Ausschreibungen für den Bus-Shuttle.
Die Anna-Lindh-Auslagerung in ein ehemaliges Bürogebäude hat auch klar
gemacht, was den Kindern und Lehrkräften – Notfallstandort hin oder her –
nicht fehlen darf: Ein Pausenhof, zum Beispiel. Ein Gelände für
Sportunterricht, Lehrmaterialien. Lehrkräfte schrieben im Oktober einen
empörten Brandbrief: „Wir sind erschöpft“. Jetzt soll baulich nachgebesse…
werden im ehemaligen Air-Berlin-Bürogebäude, verspricht Stadträtin Lasić.
Bleibt zu hoffen, dass die ab 2024 in ein ehemaliges Vattenfall-Umspannwerk
nach Wilhelmsruh ausgelagerte Europasportpark-Schule gleich bessere
Bedingungen vorfindet.
Lasić sagte am Donnerstag noch, sie habe in ihrem Bezirk weitere
Schul-Sanierungsfälle, wo klar sei: „Das schaffen wir nicht alleine.“
Zugleich ist die landeseigene Howoge, die sich um die sogenannten
„Großschadensfälle“ der Schulbauoffensive kümmert, bereits voll
ausgelastet. Der Vorschlag der SPD, mit der Berlinovo eine zweite
Wohnungsbaugesellschaft in die Schulbauoffensive zu ziehen, verlief bisher
im Sande. Insofern kannt man wohl wirklich nur hoffen, dass sich „ein
zweites Anna Lindh“ nicht so schnell wiederholt. Doch man ahnt: Genug ist
das nicht.
17 Dec 2022
## LINKS
[1] /Stadtraetin-Lasic-ueber-Schulruinen/!5891032
[2] /Schulbau-in-Berlin/!5899326
[3] /40-Millionen-fuer-Pankower-Gymnasium/!5894600
[4] /Kultursenator-Lederer-ueber-Wahlkampf/!5895090
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Schulbau
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Berlin-Mitte
Maja Lasic
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