# taz.de -- Arzneimittelmangel bei Kindern: Monopole gefährden die Gesundheit | |
> Leere Apothekenregale? Was wie ein deutsches Problem wirkt, hat eine | |
> tiefer liegende Ursache: ein globales Gesundheitssystem mit wenigen | |
> mächtigen Herstellern. | |
Bild: Neue Erfahrung in Deutschland: Nicht alle Medikamente sind verfügbar | |
Wenn die Regierung die aktuellen Lieferschwierigkeiten von Arzneimitteln | |
angeht, sollte sie über die deutschen Apothekenregale hinausdenken. Denn | |
weltweit haben viele Menschen nur begrenzten Zugang zu Medikamenten – und | |
das liegt nicht nur an der dortigen Armut. Der Fehler liegt im globalen | |
Gesundheitssystem. | |
In Deutschland [1][sind die aktuellen Lieferengpässe von beispielsweise | |
fiebersenkenden Mitteln] für Kinder unüblich. Die Menschen hier haben sich | |
daran gewöhnt, dass immer alles verfügbar ist – eigentlich sofort. Warum | |
auch nicht? Erst Krisen holen uns zurück in die harte Realität: Strom kommt | |
nicht aus der Steckdose und der Fiebersaft eben nicht aus der Apotheke. | |
Stattdessen sind dafür international wenige Hersteller verantwortlich. Bei | |
Paracetamol oder Ibuprofen ist Europa zum Großteil von China oder Indien | |
abhängig, wo die Produktion günstiger ist. In Deutschland zwingt das | |
bisherige Vergaberecht die Krankenkassen dazu, Medikamente möglichst billig | |
einzukaufen. Aber wenn dort bei der Produktion etwas schiefgeht, wird es | |
hier schwierig. | |
Allein in diesem Jahr kam es schon mehrfach zu Versorgungsengpässen. | |
SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat deshalb eine | |
Gesetzesänderung angekündigt: Neben dem Preis soll bei der Vergabe die | |
Liefersicherheit berücksichtigt werden. Ist das Problem damit langfristig | |
gelöst? Nein. Denn abhängig ist die Welt immer noch von einigen wenigen | |
Produzenten. [2][Mehr Produzenten hieße, man wäre unabhängiger von China] – | |
auch bei einem eskalierenden Konflikt mit Taiwan. | |
## Zu hohe Preise für den Globalen Süden | |
Eine Diversifizierung des Arzneimittelmarkts würde nicht nur Europa guttun. | |
Ärmere Länder des Globalen Südens könnten davon profitieren. Die Menschen | |
dort sind bisher eher schlecht mit Medikamenten versorgt. Das liegt zum | |
einen an Herstellern, die Monopolstellung genießen, was willkürlich hohe | |
Preise mit sich bringt. Selbst beim eigentlich günstigen Insulin | |
kontrollieren aktuell genau drei Hersteller den Markt. Rund 50 Prozent der | |
Menschen, die Insulin bräuchten, haben bisher keinen Zugang. | |
Zum anderen sind viele Medikamente nicht richtig auf die Zielgruppen in | |
ärmeren Ländern angepasst. Doch für die großen Hersteller ist der Markt | |
offenbar nicht lukrativ genug. Mehrere kleinere Hersteller könnten hingegen | |
sehr wohl ein Interesse an kleineren Märkten haben. | |
Wenn es nur wenige Hersteller in den wirtschaftsstarken Ländern gibt, dann | |
ist das global gesehen schädlich. Viren und Bakterien interessieren sich | |
nicht für nationale Grenzen. Die Bundesregierung sollte sich in der EU | |
dafür einsetzen, international an einer Lösung zu arbeiten, die auch den | |
ärmeren Ländern nützt. | |
15 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Lieferschwierigkeiten-bei-Medikamenten/!5902873 | |
[2] /Folgen-des-Corona-Virus/!5664447 | |
## AUTOREN | |
David Muschenich | |
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