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# taz.de -- Alternativen zur Fußball-WM: Boßeln lernen
> Für Katar-Boykotteur:innen probiert die taz Alternativen aus. Dieses Mal:
> Spazierengehen mit Kugel in Berlin-Schöneberg.
Bild: Boßeln im Berliner Hans-Baluschek-Park
Gleich drei Mal erkennen freundliche Passanten, was wir da machen. „Oh, Sie
boßeln!“, „Ist das nicht Boßeln?“ oder berlinerisch: „Boßeln, wa?“…
dürfte viel sein für einen Novembervormittag in Berlin-Schöneberg. Die
„Kleine Enzyklopädie Körperkultur und Sport“ (Leipzig 1979) behauptet,
[1][Boßeln] sei so etwas Ähnliches wie Eisstockschießen. Fragt man
Wikipedia (Internet 2001ff.), steht da, es werde manchmal auch
Klootschießen genannt. All dies ist nach meinen – selbstverständlich: sehr
gründlichen – Recherchen nicht so richtig richtig.
In Wirklichkeit ist es das: Eine Kugel muss möglichst weit einen Weg
entlang geworfen werden. Je weniger Würfe ich brauche, um die vereinbarte
Ziellinie zu erreichen, desto besser. Boßeln ist also wie Golf, nur ohne
Schläger und ohne Löcher. Aber auch wie Kegeln, ohne was umzustoßen. Oder,
noch so ein Erklärversuch, Boßeln ist wie Spazierengehen, [2][nur mit
Kugel], die immer wieder weggeworfen wird.
Eingeladen zum Boßeln hat mich Barbara, die der taz-Chefinnenredaktion mit
allerlei Zahlenwerk zuarbeitet. Sie war schon mehrmals in Friesland, und
sie besitzt richtige Boßelkugeln. Wir bilden zwei Zweierteams, und mehr als
zwei Mannschaften sollten es auch nie sein. Besteht ein Team aus vielen
Leuten, bin ich halt seltener dran mit Werfen und kann mehr schwätzen. Das
ist auch schön, aber es verführt dazu, den Sport nicht gebührend ernst zu
nehmen. Schon als ich im [3][Hans-Baluschek-Park] zum Treffpunkt geradelt
bin, habe ich mir gedacht: Hier ist ja nur glatter Asphalt, gerade Strecke,
paar Würfe und wir sind durch.
Sind wir natürlich nicht. Selbst Weltklasseboßler schaffen maximal hundert
Meter. Und wir haben entsprechend unendlich viele Würfe für unsere Strecke
gebraucht, die vielleicht anderthalb oder zwei Kilometer lang ist.
Ordentlich zu zählen haben wir schon recht bald vergessen.
Egal wie gut und gerade ich werfe, irgendwann dreht die Kugel auf eine
Seite und hoppelt ins Gras. Versuche ich stattdessen, ein bisschen seitlich
zu werfen, dann rollt das blöde Ding halt auf der anderen Seite raus. Wirft
man aber so richtig gut und weit, also anders und besser als ich, weiß man
gar nicht, wo genau sich die Kugel verabschiedet hat. Dann suchen wir, aber
zum Glück sind original friesische Boßelkugeln ja orange. Das ist alles
ganz anders als beim Eisstockschießen oder Kegeln. Oder beim
Spazierengehen.
Zum Schluss noch ein paar Angaben zur körperlichen Belastung bei diesem
Probetraining: Erhöhte Laktatwerte sind deswegen nicht nachzuweisen, weil
ich sie nicht gemessen habe. Immerhin, einen Muskelkater habe ich nicht.
Und die Gartenwirtschaft „Alte Ziegenweide“, wo der Abschlussschnaps
getrunken werden sollte, ist geschlossen. Das ist schade, weil wir sonst
noch häufiger aufs Boßeln angesprochen würden.
24 Nov 2022
## LINKS
[1] /Bosseln-in-Niedersachen/!5283004
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[3] /Berliner-Sommerausflug-4/!5063013
## AUTOREN
Martin Krauss
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Schwerpunkt Boykott Katar
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Kolumne Alles, nur kein Fußball
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