# taz.de -- Biathlon im Klimawandel: Suche nach dem echten Schnee | |
> Die Skijäger haben sich eine klimaneutrale Saison zum Ziel gesetzt. Doch | |
> der Abschied von niedrig gelegenen Skistadien wird erst mal nicht | |
> vollzogen. | |
Bild: Skijagd auf dem weißen Band: Ein Biathlonrennen im wenig winterlichen Ho… | |
Der Saisonauftakt im Weltcup hat Benedikt Doll nach Kontiolahti geführt. Im | |
ersten Staffelrennen der Saison fuhr der 32-Jährige mit seinen deutschen | |
Kollegen hinter Norwegen auf Rang auf zwei. Nach Sprint- und | |
Verfolgungsrennen in Finnlands leicht verschneiten Wäldern stand für den | |
Biathlontross die Weiterreise nach Hochfilzen an, zum zweiten Treffpunkt | |
der internationalen Skijäger-Elite in diesem Winter. | |
Dort in Tirol hatte sich der mittlerweile älteste DSV-Biathlet 2017 zum | |
Weltmeister im Sprint gekürt. Doch die knapp 1.000 Meter über dem | |
Meeresspiegel gelegene Anlage im Pillerseetal hat für ihn vor allem auch | |
mit Blick auf die Zukunft eine spezielle Bedeutung. | |
Denn Doll, im August zum ersten Mal Vater geworden, liegt [1][der Kampf | |
gegen den Klimawandel] gerade wegen seines reiseintensiven Jobs am Herzen. | |
„Für mich war es schon ein Dilemma, nach dem Trainingslager in Vuokatti | |
noch mal heim zu Frau und Kind zu fliegen, um danach zum Weltcupstart | |
wieder zurück nach Finnland zu fliegen“, meint Doll im Gespräch mit der | |
wochentaz. | |
Zur innerlichen Wiedergutmachung verzichtet er dafür zum Beispiel auf die | |
in der Branche sehr beliebten Interkontinentalflüge in den Urlaub. | |
Stattdessen denkt er darüber nach, welchen Beitrag der Biathlonsport in | |
Sachen Umweltschutz leisten kann – und landet mit seinen Überlegungen dabei | |
unter anderem in Hochfilzen. | |
## „Mega Naturschneemengen“ | |
Zwar lief die internationale Biathlon-Elite dort in der Vergangenheit auch | |
schon mal auf einem schmalen Schneeband und umgeben von grünen Wiesen um | |
Weltcuppunkte. Prinzipiell betont Doll jedoch: „Hochfilzen hat einfach | |
Niederschlag und Schnee.“ Im Vergleich nennt er das 600 Meter höher | |
gelegene Stadion in Antholz, wo es zwar „immer recht kalt“ sei, für das | |
allerdings gelte: „Dort gibt es nicht immer die mega Naturschneemengen. | |
Antholz liegt zwar schon sehr hoch, aber vielleicht passt dann das Klima | |
nicht.“ | |
Die zentrale Forderung des Skijägers aus Kirchzarten lautet daher: „Man | |
muss sich Gedanken machen, welche Anlagen Biathlon auf naturverträgliche | |
Weise erlauben. Auch was die Reisewege und Ähnliches angeht. Vielleicht“, | |
so Doll weiter, „ist es eine Option zu sagen: Okay, wir schauen, dass wir | |
Anlagen in einer Höhe bauen, wo für die nächsten 30 Jahre oder so noch eine | |
gewisse Schneesicherheit existiert.“ | |
Es geht also um [2][die Suche nach Orten, wo am wenigsten Kunstschnee | |
produziert werden muss]. Die Internationale Biathlon-Union (IBU), die sich | |
zuletzt verstärkt bemühte, der biathletischen Sommervariante auf Roller-Ski | |
einen Schub zu verleihen, gibt sich in Sachen Umweltschutz dabei durchaus | |
rege: Im Februar legte sie einen ersten Nachhaltigkeitsreport vor. Der | |
enthält – wie es heutzutage üblich ist – die Selbstverpflichtung, bis 2030 | |
klimaneutral zu sein. | |
„Ich denke schon, dass die IBU in dieser Frage definitiv eine | |
Vorreiterrolle einnimmt“, sagt Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick dazu. | |
Ihre Mitstreiterin Franziska Preuß sieht das ähnlich, die 28-jährige | |
Oberbayerin relativiert aber auch: „Es ist nicht einfach, vieles von jetzt | |
auf gleich zu ändern. Das merkt man ja selbst oft in vielen Bereichen.“ | |
## Begrenzte Veränderungsbereitschaft | |
So musste die IBU das geplante Komplettverbot des umweltschädlichen | |
Fluorwachses vor knapp vier Monaten auf die Saison 2023/2024 verschieben – | |
um das Prüfverfahren weiter zu verfeinern. Um Energie zu sparen, könnte man | |
auf Rennen unter Flutlicht – wie sie beim Weltcup in Kontiolahti gerade zum | |
Teil stattfinden – verzichten, regt DSV-Skijäger Johannes Kühn an. Und der | |
Norweger [3][Sverre Olsbu Røiseland] findet: „Es wäre gut, den Saisonstart | |
um ein, zwei Wochen nach hinten zu verschieben.“ | |
Damit könnte man, argumentiert der neue Co-Trainer der deutschen | |
Biathletinnen, die alljährliche intensive Reiserei auf der Suche nach einem | |
Fleckchen echtem Schnee im November etwas eindämmen. „Wir dürfen uns | |
gegenüber Einsparpotenzialen in keinem Fall verschließen“, erklärt auch | |
Røiselands Kollege Mark Kirchner. | |
Der Männer-Bundestrainer meint aber auch: „Im Vergleich zu vielen anderen | |
sind wir nur ein kleines Licht. Solange man es immer nur dort macht, wo es | |
relativ einfach zu bewerkstelligen ist und die Auswirkungen im Vergleich zu | |
anderen Bereichen, in denen es einfach immer so weitergeht wie bisher, aber | |
relativ klein sind, bin ich nur bedingt bereit, Abstriche zu machen.“ | |
3 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Morbach | |
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