# taz.de -- Neuer deutscher Biathlon-Trainer: Jetzt Gegner seiner Frau | |
> Die deutschen Biathletinnen werden vom Gatten der norwegischen | |
> Olympiasiegerin Marte Røiseland gecoacht. Sverre Olsbu Røiseland staunt | |
> über manches. | |
Bild: Im März feierte Familie Røiseland noch gemeinsam ihren Weltcup-Sieg | |
Eigentlich war Sverre Olsbu Røiseland recht zufrieden gewesen mit seinem | |
Leben im hohen Norden. Bis zum Ende der letzten Saison hatte er fünf Jahre | |
lang das B-Team der norwegischen Biathletinnen betreut – in Lillehammer, wo | |
er mit seiner Frau Marte, dreifache Olympiasiegerin von Peking, auch | |
wohnte. Ein angenehmes Dasein, über das der 32-Jährige im Gespräch mit der | |
taz sagt: „Ich mochte meinen Job in Norwegen wirklich sehr – und hätte ihn | |
auch weitermachen können.“ Das große Aber war in seinem Fall jedoch ein | |
Anruf von Felix Bitterling. | |
Der Berchtesgadener, zuvor als Sport- und Eventdirektor [1][beim | |
Biathlon-Weltverband (IBU)] beschäftigt, hatte im Frühjahr den Posten des | |
Sportlichen Leiters im DSV von Bernd Eisenbichler übernommen – und machte | |
sich nach der schwachen Ausbeute bei Olympia (zwei Medaillen) Gedanken über | |
Verbesserungsmöglichkeiten. Bitterling suchte nach frischem Personal. So | |
bekam Männer-Bundestrainer Mark Kirchner im Mai den Slowenen Uros Velepec | |
als neuen Assistenten zur Seite gestellt. Und bei den Frauen, gecoacht von | |
Kristian Mehringer, fiel die Wahl auf Røiseland. | |
Der flog auf Bitterlings Co-Trainer-Offerte hin nach Deutschland, um einen | |
Eindruck von der Lage bei den DSV-Frauen zu gewinnen. Sein erstes Gefühl | |
war gut. Zudem wusste er, dass es für seine berufliche Laufbahn wichtig | |
sein würde, das komfortable Leben in Lillehammer für eine gewisse Zeit | |
hinter sich zu lassen und neue Erfahrungen zu sammeln. Durchaus auch in | |
einem anderen Land. „Für mich war es hart“, räumt Røiseland ein. „Aber… | |
bin auch wirklich froh über meine Entscheidung.“ | |
Die Weltmeisterschaft in Oberhof serviert ihm im Februar dabei gleich das | |
spezielle Vergnügen, das deutsche Team in den Duellen gegen die | |
Norwegerinnen und seine Frau anzuleiten. Diese besondere Konstellation sei | |
tatsächlich einer der Gründe gewesen, warum sie sich nach Olympia | |
entschieden habe, weiterzumachen, betont Marte Olsbu Røiseland. | |
Entsprechend gespannt ist die 31-Jährige auf den Tag, an dem sie womöglich | |
Kopf an Kopf mit einer deutschen Konkurrentin um eine WM-Medaille kämpft. | |
## Kulturelle Barrieren | |
Beim ersten Weltcuprennen, dem Einzel am Mittwoch in Kontiolahti, wird | |
Røiseland aufgrund gesundheitlicher Probleme fehlen. Dabei ist dafür ihr | |
Mann – der bislang einen grundsätzlichen kulturellen Unterschied zum | |
bislang Gewohnten ausgemacht hat. „Für mich“, erklärt Sverre Olsbu | |
Røiseland, „sieht das System in Deutschland so aus, dass die Trainer den | |
Athleten sagen, was sie zu tun haben. Und die machen es dann. In Norwegen | |
diskutieren wir viel mehr darüber, was für den jeweiligen Sportler am | |
besten ist. Sie wissen besser, warum sie etwas machen.“ | |
Dieser ausgeprägte Glaube an die Richtigkeit von Trainerworten gelte nicht | |
für alle Athletinnen, fügt der Mehringer-Assistent hinzu. Lust auf | |
persönliche Mitsprache und den Drang, auch mal eigene Wege zu gehen, | |
verspürte in der Vergangenheit vor allem Franziska Preuß (28). Die | |
Vorbereitung auf die letzte Saison absolvierte sie in weiten Teilen unter | |
ihrem Jugendtrainer Tobias Reiter. Der trainiert mittlerweile den | |
männlichen B-Kader des DSV. Und Preuß berichtet: „Ich bin jetzt ganz normal | |
in der Damenmannschaft dabei.“ | |
Dass sich der eigene Verband mal Input von Außen geholt und dabei zu den im | |
Biathlon führenden Norwegern, „geschielt“ habe, hält [2][Denise | |
Herrmann-Wick] für „eine logische Konsequenz“ und für „nicht gerade | |
überraschend“. Die Olympiasiegerin sagt aber auch: „Dass Sverre Olsbu | |
Røiseland gekommen ist, war schon überraschend.“ | |
Anders als [3][ihre Teamkollegin Preuß] („Auf diese neue Herausforderung, | |
zumal mit der Sprachbarriere, hatte ich richtig Bock“) betrachtet | |
Herrmann-Wick das inzwischen dominierende Englisch eher zwiegespalten. | |
„Manchmal macht es das ein bisschen schwieriger – weil man seine Emotionen | |
und das, was einem gerade in den Kopf reinschießt, nicht so ad hoc | |
ausdrücken kann“, erzählt die 33-Jährige. Wobei Sverre Olsbu Røiseland zur | |
möglichen Trainingsarbeit auf Deutsch allerdings schon einmal ankündigt | |
hat: „Das wird für mich ein Ziel für die Zukunft sein.“ | |
30 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Morbach | |
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