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# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Auf das Machbare beschränkt
> Die Doku „Heimatkunde“ erforscht die individuellen Erinnerungen an die
> Schulzeit in der DDR. „Unsere Herzen, ein Klang“ das gemeinsame Singen.
Bild: Szene aus der Dokumentation „Heimatkunde“ von Christian Bäucker
Singen in Chören, das machen Millionen von Menschen weltweit. Es ist also
beileibe keine elitäre Beschäftigung, der sich Torsten Striegnitz und
Simone Dobmeier in ihrem Dokumentarfilm „Unsere Herzen, ein Klang“ widmen.
Der Film folgt drei Protagonis:innen, die das Chorsingen und -leiten
professionell betreiben: Der Brite Simon Halsey ist einer der
renommiertesten Chordirigenten weltweit, Judith Kamphues arbeitet als
Sängerin und Gesangspädagogin, und die aus Südkorea stammende Hyunju Kwon
gilt als vielversprechende Nachwuchs-Chordirigentin.
Und obwohl sich der Film für die Protagonist:innen und ihre
vielfältigen Aktivitäten entsprechend Zeit nimmt, ist der Ansatz doch viel
breiter gewählt. Denn Striegnitz und Dobmeier geht es letztlich weniger um
ein Musiker:innen-Porträt als vielmehr um die Frage, warum Menschen so gern
im Chor singen.
Hier wird mit Kindern, Laien und Profis gesungen, man erhält Einblicke in
Proben, Unterrichtsituationen und ein Online-Mitsingkonzert. Profis wie
Halsey und Kamphues wissen dabei um die notwendige Mischung aus Ernst und
Humor, die für entspannte Stimmung sorgt; im Mittelpunkt steht stets die
gemeinschaftliche Aktivität und natürlich auch die Interaktivität, der
Austausch beim gemeinsamen Musizieren.
Umso schlimmer traf alle Beteiligten die Covid-Pandemie, die genau das für
eine Weile nicht mehr ermöglichte. Denn Singen per Zoom-Konferenz – das ist
weder besonders melodisch noch menschlich befriedigend (20. 11., 17 Uhr,
[1][Moviemento]).
„In den Parteiveranstaltungen haben wir alle ja gesagt. Im Alltag haben wir
uns dann auf das Machbare beschränkt.“ So formuliert ein ehemaliger
Schulleiter seine Erinnerungen an das Schulsystem der DDR und findet die
Erziehung zu Ehrlichkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit auch heute noch
völlig korrekt.
Andere Ex-Lehrer:innen und -Schüler:innen, die Regisseur Christian Bäucker
in einem ehemaligen Schulgebäude im brandenburgischen Bärenklau vor der
Kamera für seinen Film „Heimatkunde“ erzählen lässt, sehen die damalige
Ausbildung zur sozialistischen Persönlichkeit allerdings deutlich
differenzierter. Ein kluges Forschungsprojekt zur individuellen Erinnerung,
die gleichwohl eine Gesellschaft formt (21. 11., 20.45 Uhr, 23. 11., 17.45
Uhr, [2][Kino Krokodil]).
Auch wenn der 1939 im französischen Exil entstandene „Sans lendemain“ nicht
zu den ganz großen Werken von Max Ophüls gehört, zeigt er doch recht schön,
wie Ophüls seine Filme als Mischung aus Schauspieler:innenkino und
Stimmungsbild anlegte.
Die Story entspringt dabei eher einem melodramatischen Groschenroman: Eine
Prostituierte (Ewige Feuillière) entwirft für einen ehemaligen Geliebten
und Immer-noch-Bewunderer, der von ihren aktuellen Lebensumständen nichts
ahnt, eine bürgerliche Scheinwelt, um ihn dazu zu bewegen, sich um ihren
achtjährigen Sohn zu kümmern und ihm eine gute Zukunft zu bieten. Am Ende
stehen Verzicht und Melancholie.
Die Vorbereitung zum Film habe laut Regisseur darin bestanden, dass er mit
Feullière durch das nächtliche Paris gefahren sei, man habe schweigend in
Cafés gesessen, aus den Fenster gesehen und die Stimmungen in sich
aufgenommen. Zum Film gibt es einen Vortrag von Inga Pollmann („The Image
as Affective Milieu: Mood, Medium and Environmental Aesthetics“), der
Eintritt ist frei (22. 11., 18 Uhr, [3][Kino Arsenal]).
17 Nov 2022
## LINKS
[1] https://www.moviemento.de/
[2] https://kino-krokodil.de/
[3] https://www.arsenal-berlin.de/
## AUTOREN
Lars Penning
## TAGS
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