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# taz.de -- Bahnausbau in Norddeutschland: Neue, alte Sorgen um Heide-Trasse
> Die Pläne für den Bahnausbau zwischen Hannover, Bremen und Hamburg sorgen
> erneut für Unruhe. Drückt die Bahn einen Neubau durch?
Bild: Die Bahnpläne durchkreuzen Straßen und stoßen vielerorts auf Widerstand
Hannover taz | Am Donnerstag wird es in Hannover so weit sein: Drinnen, im
Congress-Hotel, sitzen ab dem späten Vormittag die zuständigen
Behördenmitarbeiter aus der Region mit ihren Bürgermeistern und lassen sich
vom Projektverantwortlichen der Deutschen Bahn informieren, draußen pfeifen
und brüllen sich die Mitglieder einer Bürgerinitiative Frust und Protest
aus dem Leib.
Es wird nicht das erste und nicht das letzte Mal sein, dass sich diese
Szene abspielt. Um die 25 Bürgerinitiativen soll es entlang der viel
diskutierten Bahn-Ausbaustrecken zwischen Hamburg, Bremen und Hannover
mittlerweile geben: [1][Y-Monster], [2][Raumwiderstand], [3][Trassenwahn]
sind nur ein paar der originellsten Namen.
Zur Zeit tingelt die DB Netz durch die Lande, [4][um mögliche
Trassenverläufe zu diskutieren] – wohlgemerkt unter Ausschluss der Politik
und der Öffentlichkeit, was an sich schon für Unruhe sorgt. Für noch viel
mehr Unmut sorgt allerdings der Umstand, dass sich dabei die Hinweise
verdichten, dass die Bahn von dem mühsam errungenen Kompromiss „Alpha-E“
Abstand nehmen möchte.
Alpha-E ist der Name für die Variante mit dem Ausbau der bestehenden
Bahnstrecken, die ein beispiellos breites Bündnis aus den betroffenen
Landkreisen, Städten und Kommunen, Umweltverbänden und Bürgerinitiativen im
„Dialogforum Schiene-Nord“ [5][schon 2015 erarbeitet hatte] – in zähem
Ringen mit der Deutschen Bahn, moderiert vom niedersächsischen
Wirtschaftsministerium.
## Offiziell ist Neubau nur eine von drei Varianten
So ganz verbindlich war dieser Beschluss allerdings nie und auch nicht bis
ins Detail durchgeplant – und durch genau diese Hintertür kommen nun wieder
Varianten ins Spiel, die der schicken Hochgeschwindigkeits-„Y-Trasse“
verdächtig ähnlich sehen, die von der Bahn aufgrund des massiven lokalen
Widerstandes damals nicht durchgesetzt werden konnte.
Offiziell dient die angedachte Neubautrasse durch die Lüneburger Heide der
Bahn ja nur als eine von drei Grundvarianten, die aktuell geprüft werden.
Ende 2022 sollen die Ergebnisse dem Bundesverkehrsministerium übergeben
werden, schon im Mai soll der Bundestag beraten – dazwischen wird es
möglicherweise auch noch einmal öffentliche Informationsveranstaltungen
geben.
Aus den Äußerungen der Projektverantwortlichen in den kommunalen Gesprächen
glauben aber nun schon viele eine Präferenz für die Neubaustrecke ableiten
zu können. [6][Auch der NDR will so etwas aus nicht näher genannten
„Bahnkreisen“] erfahren haben.
Niedersächsische Spitzenpolitiker fühlten sich daher immer wieder bemüßigt,
zu bekräftigen, dass das Land zum Alpha-E-Kompromiss stehe und gegen einen
Neubau sei. So sagte es der (damals noch) Wirtschafts- und Verkehrsminister
Bernd Althusmann (CDU) im September, Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)
im Oktober und der jetzige Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) im November.
## Verkehrswende sei nur mit Neubau möglich, sagt VCD
Für die Neubauvariante [7][trommeln hingegen der Verkehrsclub Deutschland
(VCD) Niedersachsen], Pro Bahn Niedersachsen und der Deutsche
Bahnkundenverband. Sie argumentieren, dass eine nennenswerte Erhöhung der
Streckenkapazitäten und damit eine echte Verkehrswende nur mit dem Neubau
möglich sei. Auch der Deutschlandtakt mit deutlich schnelleren Verbindungen
zwischen den Metropolen sei mit der 30 Kilometer kürzeren Neubaustrecke
besser zu erreichen. Dadurch, dass diese an der A7 und der B3 entlang
geführt werde, halte sich ja auch die zusätzliche Belastung für Anwohner in
Grenzen.
Überhaupt seien im Dialogforum Schiene-Nord die Bürger überrepräsentiert
gewesen, die sich durch mögliche Baumaßnahmen belastet fühlen, argumentiert
Martin Mützel vom VCD.
Die Interessen von Fahrgästen, Güterkunden und Anwohnern der
Bestandsstrecken seien dagegen nicht hinreichend berücksichtigt worden.
„Dadurch wurde eine Variante mit zu geringer Leistung entwickelt. Leider
ist Physik nun einmal keine demokratische Veranstaltung.“
Gegner der Neubautrasse wie beispielsweise die Bürgerinitiative Y-Monster
in Seevetal argwöhnen allerdings, dass der Deutschlandtakt und die
Interessen der Bahnfahrenden in diesem Zusammenhang nur vorgeschoben
werden. Immerhin beträgt die Zeitersparnis auf der Strecke nur zehn bis
zwanzig Minuten.
In Wirklichkeit ginge es um die Interessen des Hamburger Hafens, der seinen
Güterverkehr schneller auf die Schiene kriegen will, glauben sie – gern
auch auf Kosten der niedersächsischen Häfen sowie der Städte und Kommunen,
die durch den Neubau entweder zerschnitten oder abgehängt werden. Auch von
den übergesetzlichen Lärmschutzmaßnahmen, die mit der Alpha-E-Variante noch
festgeschrieben werden sollten, ist plötzlich nicht mehr die Rede.
30 Nov 2022
## LINKS
[1] https://y-monster.de/
[2] https://www.raumwiderstand-nbs.com/
[3] https://trassenwahnostheide.de/
[4] https://www.hamburg-bremen-hannover.de/home.html
[5] /Dialogforum-zur-Y-Trasse/!5241430
[6] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Deu…
[7] https://niedersachsen.vcd.org/startseite/detail/vcd-fordert-faire-pruefung-…
## AUTOREN
Nadine Conti
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