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# taz.de -- Unterbundene Buchdiskussion in Israel: Gedankenpolizei am Werk
> Die umstrittene Buchdiskussion in Tel Aviv ist abgesagt worden – nach
> staatlicher Intervention. Das ist der eigentliche Skandal.
Bild: Palästinenser:innen auf der Flucht Richtung Libanon 1948 nach der Staats…
Die [1][Buchdiskussion, die das Goethe-Institut und die
Rosa-Luxemburg-Stiftung in Israel geplant hatten], ist bis auf Weiteres
abgesagt. Man muss sich das vor Augen führen: Hier wird – nach staatlicher
Intervention seitens der israelischen Regierung und anderer Akteure in
Deutschland – gezielt eine Diskussion über ein kritisches Buch unterbunden.
Dies ist der eigentliche Skandal. Denn niemand dürfte wirklich wie
behauptet im Sinn gehabt haben, auf der Veranstaltung den Holocaust mit der
Nakba, also der Flucht und Vertreibung von Araber*innen aus Palästina,
zu vergleichen oder gar gleichzusetzen.
Das Buch der Autorin Charlotte Wiedemann ist keine Hetzschrift, sondern der
Versuch, eine differenzierte Debatte über Erinnerungskultur zu führen.
Dabei macht sie sich – übrigens eher am Rande – auch Gedanken über den
Nahostkonflikt und die Position von Deutsch-Palästinenser*innen in einer
Gedenkkultur, in der der nationalsozialistische Judenmord zu Recht eine
zentrale Stellung einnimmt.
Doch die Frage, wie sich Gedenkkulturen Erfahrungen von Menschen öffnen
können, die in ihrem Gepäck das Erbe kolonialer Gräueltaten oder auch das
der Vertreibung aus Palästina tragen, hat Kräfte auf den Plan gerufen, die
eben jenen Stimmen keinen Platz einräumen wollen. Wessen Großeltern einst
aus Haifa, Jaffa oder Deir Jassin vertrieben wurden, möge weiter schweigen!
Der ursprüngliche Termin der Podiumsdiskussion, der Jahrestag der
Novemberpogrome, war unklug gewählt. Allerdings gilt auch hier: Es sollte
um das komplexe Thema Erinnerungskulturen gehen. An keiner Stelle sollte
die Nakba mit dem Holocaust gleichgesetzt werden. Wer das behauptet,
verkürzt die Debatte bewusst, um andere zum Schweigen zu bringen. Es ist
kein Zufall, dass die [2][Bild-Zeitung eine angebliche
„Holocaust-Verharmlosung“ skandalisierte], aber den Gegenstand der Debatte,
das Buch, mit nicht einem einzigen Wort erwähnte.
Festzuhalten bleibt: Es ging um den Inhalt, nicht um das Datum. Gemeinsam
haben israelische Regierung, Bild-Zeitung, die Deutsch-Israelische
Gesellschaft und einzelne Politiker*innen wie der FDP-Abgeordnete
Frank Müller-Rosentritt wichtige Stimmen in den Debatten über deutsche
Erinnerungskultur und den Israel-Palästina-Konflikt unterdrückt. Das ist
besorgniserregend.
11 Nov 2022
## LINKS
[1] /Protest-von-israelischer-Regierung/!5894515
[2] https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/israel-botschafter-wirf…
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
Erinnerungskultur
Holocaust
Nakba
Deutscher Kolonialismus
Kolonialismus
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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Israel
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Holocaust
Antisemitismus
Nakba
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