# taz.de -- Keine Wahl von AfD-Stadtratsposten: Kandidat fällt immer wieder du… | |
> In drei Bezirken fallen die AfD-Stadtratskandidaten in den Wahlen | |
> wiederholt durch. Nun will die AfD klagen. Andere Parteien sehen das | |
> gelassen. | |
Bild: Die AfD ist nicht überall beliebt. Ein Schnappschuss aus BerlinKreuzberg | |
BERLIN taz | Wohl im Februar wird [1][in Berlin wieder gewählt]. Allerdings | |
ist in drei Bezirken seit der Wahl vom September 2021 das Bezirksamt noch | |
nicht einmal komplett besetzt. Das liegt daran, dass in Spandau, | |
Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf die Kandidaten der [2][AfD] keine | |
Mehrheit fanden. In diesen Bezirken hat das Bezirksamt darum nur fünf statt | |
sechs Mitglieder, einzelne Stadträte verwalten nun größere Ressorts. In | |
allen drei Bezirken haben die Rechtspopulisten zwar keine strammen Nazis | |
nominiert. Doch die Verordneten der anderen Fraktionen haben Zweifel an der | |
fachlichen Eignung der AfD-Bewerber. | |
In Spandau ist der AfD-Kandidat Andreas Otti nach Angaben der Grünen im | |
Bezirk in elf Wahlgängen klar durchgefallen. Der Berufsoffizier soll | |
jeweils nur etwa so viele Stimmen bekommen haben, wie die AfD Mandate hat. | |
„Herr Otti war ja in der vergangenen Legislaturperiode bereits Stadtrat“, | |
sagt Grünen-Fraktionschefin Dara Kossok-Spieß der taz. „Er hat es nicht | |
einmal geschafft, innerhalb seines eigenen Ressorts den Überblick zu | |
bekommen. Das wollen wir uns nicht ein zweites Mal leisten.“ Da sei es das | |
kleinere Übel, dass ein von der SPD nominierter Stadtrat das freie Ressort | |
zusätzlich mitverwalte, sagt die Grüne. | |
In Marzahn nominiert die AfD nahezu jeden Monat den Juristen Michael Adam | |
als Stadtrat. Eine zu Beginn aufgestellte andere Kandidatin hatte ihre | |
Kandidatur zurückgezogen, bevor diese zur Abstimmung kam. Wie in Spandau | |
ist Adam jeweils sehr deutlich durchgefallen. Mal bekam er nicht einmal so | |
viele Stimmen, wie sie die AfD auf sich vereint, mal waren es geringfügig | |
mehr. Die Fraktionsvorsitzende der Tierschutzpartei, Inka Seidel, sagt: „Er | |
hatte noch nie ein vergleichbares Amt inne. Mich hat er von seiner | |
Biografie und seinen Reden her nicht davon überzeugt, dass er dafür | |
geeignet ist.“ | |
Das sieht auch Björn Tielebein, Fraktionschef der Linken, so: „Adam hat bei | |
seiner Vorstellung deutlich gemacht, dass er den Bezirk nicht wirklich | |
kennt. Seine Position zu Minderheitenrechten ist völlig inakzeptabel für | |
jemanden, der Ordnungsstadtrat werden will.“ Adam hatte bei seiner | |
Vorstellung auf der [3][Bezirksverordnetenversammlung] (BVV) letzten | |
Dezember den Eindruck erweckt, er wisse nichts von Anfeindung, | |
Diskriminierung und Übergriffen gegen LGBTIQ-Personen. Adam bezweifle auch, | |
dass die globale Erderwärmung menschengemacht ist. Auf Twitter hatte der | |
Rechtsanwalt am Sinn der Corona-Impfung gezweifelt. | |
## Er fiel immer deutlich durch | |
In Lichtenberg nominierte die AfD den früheren BND-Mitarbeiter Frank | |
Elischewski mehr als ein Dutzend Mal. Er war in der letzten Wahlperiode | |
schon einmal Stadtrat gewesen und von den anderen Parteien mit dem | |
Miniressort „Regionalisierte Ordnungsangelegenheiten“ abgespeist worden. | |
Elischewski fiel immer deutlich durch, kam oft auf geringfügig mehr | |
Stimmen, als seine Fraktion aufbringen kann. | |
Dennoch hat die AfD hier wie in den anderen beiden Bezirken niemand anderen | |
nominiert. „Ich kann niemanden aus der Partei wählen, der ein Björn Höcke | |
angehört“, sagt der SPD-Bezirksverordnete und Kreischef von Lichtenberg, | |
Erik Gührs, der taz. „Jeder, der Mitglied dieser Partei ist, macht sich mit | |
diesem gemein.“ Elischewski hätte in der letzten Legislaturperiode als | |
Stadtrat Bezirk und Land zudem Schaden zugefügt. „Er war dafür | |
verantwortlich, dass die Kosten für das Tierheim für die öffentliche Hand | |
gestiegen sind.“ | |
Allerdings wackelt in Lichtenberg das Vorschlagsrecht für die AfD für einen | |
Stadtrat. Der ehemalige linke Bezirksverordnete Roman Grabowski ist seit | |
dem Frühjahr fraktionslos und liebäugelt mit einem Eintritt in die SPD. | |
Sollte er sich dazu noch vor den Neuwahlen im Februar entschließen, geht | |
das Vorschlagsrecht für den freien Stadtratsposten von der AfD an die SPD | |
über. | |
Lediglich in Treptow-Köpenick wurde der von der AfD nominierte Stadtrat | |
auch gewählt. Bernd Geschanowski, der bereits in der letzten | |
Legislaturperiode Gesundheitsstadtrat war und überregional dadurch auffiel, | |
dass er einem schwulen schwarzen Arzt die Ernennung zum Amtsarzt | |
verweigerte, wurde im Februar im vierten Wahlgang zum Ordnungsstadtrat | |
gewählt. | |
Aber nicht etwa, weil der gelernte Schiffsbauer die Verordneten der anderen | |
Fraktionen fachlich besonders überzeugt hätte. Vielmehr hatte sich in den | |
anderen Fraktionen denkbar knapp die Position durchgesetzt, dass die Wahl | |
des AfD-Mannes das kleinere Übel wäre. Als größeres Übel sahen es viele | |
Bezirksverordnete an, die Rechtspopulisten durch Nichtwahl ihres Kandidaten | |
in ihrer Opferrolle zu bestärken. | |
## Klage gelassen entgegen sehen | |
Die AfD sieht in der Nichtwahl der von ihr nominierten Kandidaten in den | |
drei Bezirken eine „ungesetzliche Blockade durch die Vertreter der | |
politischen Mitbewerber“ und hat nach eigenen Angaben eine gerichtliche | |
Klage vorbereitet, die sie wohl am Mittwoch (23. November 2022) vorstellen | |
will. | |
Einer solchen Klage sehen Vertreter anderer Parteien jedoch gelassen | |
entgegen. „Die AfD hat das Recht, einen Kandidaten zu nominieren. Aber für | |
mich als Bezirksverordnete gilt die freie Wahl“, sagt die Grüne Dara | |
Kossok-Spieß aus Spandau. „Hier liegt keine ungesetzliche Blockade der | |
demokratischen Fraktionen vor, sondern ein Führungsmangel des | |
AfD-Kandidaten Otti. Ihm wurde seitens der anderen Fraktionen mehrfach | |
signalisiert, er soll seine eigenen Ambitionen als Stadtrat zurückstellen, | |
damit die AfD jemand anderen aufstellen kann.“ | |
Ähnlich gelassen sehen es der Linke Tielebein aus Marzahn-Hellersdorf und | |
der SPD-Politiker Gührs aus Marzahn-Hellersdorf: „Ich gehe davon aus, dass | |
das Recht eines Bezirksverordneten, seine Entscheidungen frei und geheim zu | |
treffen, durch ein Gericht nicht angetastet wird“, sagt Tielebein. Gührs | |
ergänzt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Gericht anordnet, | |
jemanden zu wählen.“ | |
23 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Wahlwiederholung-in-Berlin/!5896319 | |
[2] /Annullierte-AfD-Mitgliedschaft/!5892501 | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Bezirksverordnetenversammlung | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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